Leitsatz (amtlich)
Ein Ordnungsgeldbeschluss gegen die nicht erschienene Naturpartei ist an deren Prozessbevollmächtigten zuzustellen.
Normenkette
ZPO § 172 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Hamburg (Beschluss vom 05.11.2009) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde gegen den Ordnungsgeldbeschluss des LG Hamburg vom 5.11.2009 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin einer Praxis für Zahnheilkunde. Sie wird in einem erstinstanzlichen Verfahren vor dem LG von einer Patientin wegen einer vermeintlich fehlerhaften zahnärztlichen Behandlung auf Schadensersatz und Schmerzensgeld in Anspruch genommen. Sie hat Widerklage auf Zahlung ausstehenden Honorars erhoben. Die Klage ist am 16.10.2008 beim LG eingegangen und dem Prozessbevollmächtigten der Beschwerdeführerin am 6.11.2008 zugestellt worden. Am 23.4.2009 hat eine erste mündliche Verhandlung stattgefunden. Nach Eingang mehrerer Schriftsätze hat das LG am 6.8.2009 eine weitere mündliche Verhandlung auf den 5.11.2009 anberaumt und das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet. Am 5.11.2009 ist nur die Klägerin erschienen, die Beschwerdeführerin erschien nicht. Für sie ist lediglich ein Rechtsanwalt in Untervollmacht aufgetreten, der mitgeteilt hat, dass die Beschwerdeführerin nicht erscheinen werde und er auch keine Möglichkeit sehe, sie persönlich telefonisch zu erreichen. Daraufhin hat das LG in der mündlichen Verhandlung einen Ordnungsgeldbeschluss i.H.v. 750 EUR gegen die Beschwerdeführerin zu Protokoll erlassen. Sachanträge wurden in der Verhandlung nicht gestellt.
Der Ordnungsgeldbeschluss ist der Beschwerdeführerin persönlich am 25.11.2009 zugestellt worden. Mit Schreiben vom 7.12.2009 hat ihr Prozessbevollmächtigter um Übersendung des Sitzungsprotokolls gebeten, das ihm am 8.12.2009 vom LG per Telefax übermittelt worden ist. Mit Schriftsatz vom 21.12.2009, eingegangen beim LG am selben Tag, hat der Prozessbevollmächtigte der Beschwerdeführerin gegen den Ordnungsgeldbeschluss sofortige Beschwerde erhoben. Das LG hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und den Nichtabhilfebeschluss vom 5.1.2010 damit begründet, dass die Beschwerdefrist bei Eingang der sofortigen Beschwerde abgelaufen gewesen sei, da sie mit der Zustellung des Beschlusses an die Beschwerdeführerin begonnen habe.
Die Beschwerdeführerin beantragt, den Ordnungsgeldbeschluss vom 5.11.2009 aufzuheben.
Hilfsweise beantragt sie, das festgesetzte Ordnungsgeld auf 50 EUR herabzusetzen.
Sie behauptet, sie habe am Termin vom 5.11.2009 wegen akuter und äußerst schmerzhafter Beschwerden nicht teilnehmen können. Sie legt ein Attest des Herrn Dr. ... vom 14.12.2009 vor, in dem es wörtlich heißt: "Frau Dr. ... konnte und kann aus gesundheitlichen Gründen an den gerichtlichen Verhandlungsterminen am 5.11.2009 und 14.12.2009 nicht teilnehmen."
Ihr Prozessbevollmächtigter sei wegen einer extrem eilbedürftigen Angelegenheit ebenfalls an der persönlichen Wahrnehmung des Termins gehindert gewesen und habe den Unterbevollmächtigten gebeten, der Klägervertreterin die Beantragung eines Versäumnisurteils anheimzugeben.
Sie meint, das Ordnungsgeld sei jedenfalls in der Höhe unverhältnismäßig.
Der Senat hat die Beschwerdeführerin am 16.3.2010 auf die unzureichende Darlegung eines Entschuldigungsgrundes hingewiesen. Sie hat daraufhin weitere Unterlagen zur Akte gereicht.
II. Die zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet.
1. Die sofortige Beschwerde ist fristgerecht erhoben worden. Die zweiwöchige Beschwerdefrist des § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO war bei Eingang der sofortigen Beschwerde beim LG am 21.12.2009 noch nicht abgelaufen. Sie begann nicht bereits mit der Zustellung des Ordnungsgeldbeschlusses an die Beschwerdeführerin persönlich, sondern erst mit der Übermittlung des Sitzungsprotokolls vom 5.11.2009 mit dem Ordnungsgeldbeschluss an den Beklagtenvertreter per Telefax. Hierdurch wurde der Mangel der fehlenden Zustellung an den Beklagtenvertreter geheilt (§ 189 ZPO) und die Beschwerdefrist in Gang gesetzt, die folglich am 22.12.2009 und damit nach Eingang der sofortigen Beschwerde ablief.
Der Senat folgt nicht der Auffassung des LG im Nichtabhilfebeschluss vom 5.1.2010, wonach ein Ordnungsgeldbeschluss gegen eine Partei nicht an deren Prozessbevollmächtigten zugestellt werden müsse. Zumindest dann, wenn er sich gegen eine Naturpartei richtet, ist ein Ordnungsgeldbeschluss an deren Prozessbevollmächtigten zuzustellen; eine Zustellung an die Partei ist weder ausreichend noch vorgeschrieben oder erforderlich.
Etwas anderes folgt insb. nicht aus § 141 Abs. 3 Satz 1 ZPO, der auf die für einen im Vernehmungstermin nicht erschienenen Zeugen geltenden Vorschriften verweist (entgegen OLG Köln, Beschl. v. 15.11.2006 - 22 W 65/06, juris, Rz. 6; LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 28.7.2008, 8 Ta 134/08, juris, Rz. 2; LAG Nürnberg, Beschl. v. 10.7.2008, 2 Ta 115/08, juris, Rz. 6; OLG Hamburg OLGReport Hamburg 2003, 50, 51).
§§ 380, 381 ZPO regeln die Zustellung nicht unmittelbar. Es folgt lediglich aus § 380 Abs. 3 ZPO, dass die...