Leitsatz (amtlich)
Die Kosten eines Unterbevollmächtigten, der für den am Wohnort bzw. in der Nähe des Wohnortes der Partei ansässigen Rechtsanwalt der Partei Termine beim auswärtigen Prozessgericht wahrnimmt, sind notwendige Kosten der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung i.S.d. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO, soweit diese Kosten abzgl. der mit der Vertretung durch den Unterbevollmächtigten in der Verhandlung verbundenen Verringerung der Terminsgebühr des Hauptbevollmächtigten die ersparten Reisekosten nicht wesentlich übersteigen. Eine geringfügige Überschreitung der ersparten Reisekosten um nicht mehr als 1/10 steht der Erstattung der Kosten des Unterbevollmächtigten nicht entgegen.
Verfahrensgang
LG Hamburg (Beschluss vom 27.10.2005; Aktenzeichen 416 O 99/05) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Hamburg, Kammer 16 für Handelssachen, Geschäfts-Nr. 416 O 99/05, vom 27.10.2005 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten der Beschwerde nach einem Streitwert von 335,90 EUR.
Gründe
I. Auf die wettbewerbsrechtliche Unterlassungsklage der im bayerischen Unterföhring ansässigen Klägerin ist der in Bremen ansässige Beklagte vom LG Hamburg, Kammer 16 für Handelssachen, durch Urteil vom 9.8.2005, Geschäfts-Nr. 416 O 99/05, auf seine Kosten antragsgemäß verurteilt worden. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 14.6.2005 ist für die Klägerin und deren Münchener Prozessbevollmächtigten ein Rechtsanwalt aus Kiel in Untervollmacht aufgetreten.
Die Kosten des Unterbevollmächtigten in Höhe einer 0,65 Verfahrensgebühr nach § 13 RVG, Nr. 3401, 3100 RVG-VV (= 315,90 EUR), einer 1,2-Terminsgebühr nach § 13 RVG, Nr. 3104 RVG-VV (= 583,20 EUR) sowie einer Post- und Telekommunikationspauschale nach Nr. 7002 RVG-VV (= 20 EUR) hat das LG antragsgemäß durch Kostenfestsetzungsbeschluss vom 27.10.2005 festgesetzt.
Gegen diese Kostenfestsetzung wendet sich der Beklagten mit seiner sofortigen Beschwerde vom 15.11.2005. Er meint, dass die zusätzlichen Kosten des Unterbevollmächtigten nicht erstattungsfähig seien, da die Anrufung des LG Hamburg, in dessen Gerichtsbezirk weder die Klägerin selbst noch der Beklagte ansässig sind, nicht erforderlich gewesen sei. Die Klägerin hätte vielmehr das LG in München anrufen können, wo die Kosten des Unterbevollmächtigten nicht angefallen wären.
II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
Das LG Hamburg hat zu Recht die Kosten des für die Klägerin und deren Prozessbevollmächtigten im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem LG Hamburg am 14.6.2005 aufgetretenen unterbevollmächtigten Rechtsanwaltes i.H.v. insgesamt 919,10 EUR festgesetzt. Die Einwendungen des Beklagten greifen nicht durch.
Der Beklagte wendet sich i.E. nur gegen die Festsetzung der mit Beauftragung des Unterbevollmächtigten verbundenen zusätzlichen Kosten für eine 0,65-Verfahrensgebühr nach § 13 RVG, Nr. 3401, 3100 RVG-VV (= 315,90 EUR) sowie eine zusätzliche Post- und Telekommunikationspauschale nach Nr. 7002 RVG-VV (= 20 EUR). Die ebenfalls festgesetzte 1,2-Terminsgebühr nach § 13 RVG, Nr. 3104 RVG-VV (= 583,20 EUR) wäre auch bei einer Terminswahrnehmung durch den Prozessbevollmächtigten der Klägerin und damit unabhängig von der Beauftragung des Unterbevollmächtigten entstanden und wurde auf die außergerichtlichen Kosten der Klägerin für ihren Prozessbevollmächtigten in München angerechnet.
Die Kosten, die einer Partei durch die Beauftragung eines unterbevollmächtigten Rechtsanwalts entstanden sind, können nur ersetzt werden, wenn sie i.S.d. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO notwendig waren. Dabei kommt es darauf an, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei die die Kosten auslösende Maßnahme im Zeitpunkt ihrer Veranlassung als sachdienlich ansehen durfte. Dabei darf die Partei ihr berechtigtes Interesse verfolgen und die zur vollen Wahrnehmung ihrer Belange erforderlichen Schritte ergreifen. Sie ist lediglich gehalten, unter mehreren gleichartigen Maßnahmen die kostengünstigste auszuwählen (BGH v. 16.10.2002 - VIII ZB 30/02, MDR 2003, 233 = BGHReport 2003, 152 m. Anm. Madert = NJW 2003, 898 [899]; v. 11.11.2003 - VI ZB 41/03, MDR 2004, 539 = BGHReport 2004, 345 = NJW-RR 2004, 430; NJW-RR 2004, 1724 - Unterbevollmächtigter II; v. 2.12.2004 - I ZB 4/04 - Unterbevollmächtigter III, MDR 2005, 417 = BGHReport 2005, 472 = GRUR 2005, 271, jeweils m.w.N.). Bei der Prüfung der Notwendigkeit einer bestimmten Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahme ist zudem eine typisierende Betrachtungsweise geboten. Denn der Gerechtigkeitsgewinn, der bei einer übermäßig differenzierenden Betrachtung im Einzelfall zu erzielen ist, steht in keinem Verhältnis zu den sich einstellenden Nachteilen, wenn in nahezu jedem Einzelfall darüber gestritten werden kann, ob die Kosten einer bestimmten Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahme zu erstatten sind oder nicht (BGH v. 12.12.2002 - I ZB 29/02 - Auswärtiger Rechtsanwalt I, BGHReport 2003, 308 = NJW 2003, 901 [902]; v. 2.12.20...