Leitsatz (amtlich)

1. Der Einzug von Forderungen auf ein debitorisch geführtes Konto führt nicht zu einer Masseschmälerung bei der insolvenzreifen Gesellschaft, wenn diese Forderungen von einer Globalabtretung erfasst werden.

2. Zur Haftung des Aufsichtsrates für verbotswidrige Zahlungen.

 

Gründe

I. Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands wird gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Ergänzend hierzu wird festgestellt:

Der Kläger nimmt die Beklagten als Vorstände und Aufsichtsräte der S. AG (im Folgenden: die Schuldnerin) auf die Erstattung von Einzahlungen auf zwei debitorisch geführte Bankkonten der Schuldnerin in Anspruch, die nach der von ihm behaupteten Insolvenzreife der Schuldnerin dort eingegangen sind.

Die im Bereich des Imports und Handels mit Möbeln und Wohnaccessoires tätige Schuldnerin, die über ein Grundkapital von DM 500.000 verfügt und zuletzt zwölf Mitarbeiter beschäftigte, unterhielt Bankverbindungen mit der Sparkasse H. und der V-Bank. Im Rahmen ihrer Geschäftsverbindung zur V-Bank kam es im Anschluss an entsprechende vorangegangene Vereinbarungen vom 30.7.1993 und vom 13.7.1995 am 26.5.2005 zum Abschluss einer Globalabtretungsvereinbarung (Anlagen B 1+2/3 = B 3.2 = B 1), durch die die Schuldnerin sämtliche gegenwärtigen und künftigen Ansprüche aus dem Geschäftsverkehr an die V-Bank abtrat. Die Beklagten zu 1. und 2. hatten sich nach der Behauptung des Klägers darüber hinaus i.H.v. bis zu EUR 689.000 für die Forderungen der V-Bank gegenüber der Schuldnerin ebenso verbürgt wie deren Ehefrauen, bei denen es sich um die beiden alleinigen Aktionäre der Schuldnerin handelt.

Nach der Behauptung des Klägers erfolgten in der Zeit vom 1.2. bis zum 9.8.2007 auf dem durchgehend debitorisch geführten Konto der Schuldnerin bei der Sparkasse H. Zahlungseingänge i.H.v. insgesamt EUR 346.631,06. Auf dem ebenfalls durchgehend debitorisch geführten Konto der Schuldnerin bei der V-Bank erfolgten nach der Behauptung des Klägers in der Zeit vom 1.2. bis zum 12.9.2007 Zahlungseingänge i.H.v. insgesamt EUR 988.477,99.

Am 10.8.2007 beantragten die Beklagten zu 1. und 2., die Vorstände der Schuldnerin, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über deren Vermögen. Das Insolvenzverfahren wurde nachfolgend am 13.9.2007 unter gleichzeitiger Bestellung des Klägers zum Insolvenzverwalter eröffnet. Mit Beschluss des AG Hamburg vom 13.8.2007 (Anlage B 3 = B 5/9) war der Kläger zuvor zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt worden.

Der Kläger hat gegen die Beklagten zu 1., 2., 4. und 5. am 25.2.2012 und gegen den Beklagten zu 3. am 28.2.2012 Klage erhoben, mit der er die Beklagten i.H.v. insgesamt EUR 1.335.109,05 gesamtschuldnerisch auf die Erstattung der nach seiner Behauptung seit dem 1.2.2007 auf den beiden Konten der Schuldnerin bei der Sparkasse H. und bei der V-Bank eingegangenen Zahlungen in Anspruch nimmt.

Der Kläger hat behauptet, die Schuldnerin sei bereits spätestens seit dem Jahr 2006, jedenfalls aber seit dem 1.2.2007 zahlungsunfähig und überschuldet gewesen. Die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin habe sich nach dem Ergebnis der Auswertung der Insolvenztabelle (Anlage K 1) schon daraus ergeben, dass seit dem 1.1. bzw. seit dem 1.2.2007 Verbindlichkeiten der Schuldnerin i.H.v. EUR 52.929,87 bzw. i.H.v. EUR 63.401,23 fällig gewesen seien, die bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin nicht mehr erfüllt worden seien. Diese Verbindlichkeiten der Schuldnerin seien im Insolvenzverfahren auch bereits, was also solches unstreitig gewesen ist, i.H.v. EUR 44.341,77 festgestellt worden.

Der Kläger hat die von ihm geltend gemachte Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin darüber hinaus auch aus offenen Verbindlichkeiten der Schuldnerin gegenüber deren Vermieterin, der A. KG, aus der Anmietung von Garagencontainern hergeleitet. Hieraus hätten sich ausweislich eines Schreibens der Vermieterin vom 7.2.2007 (Anlage K 2) per 1.2.2007 offene Verbindlichkeiten der Schuldnerin i.H.v. weiteren EUR 25.000 ergeben. Auch wenn davon auszugehen sein sollte, dass die seitens der Schuldnerin insoweit für die Jahre seit 2002 geschuldeten Mietzahlungen von beiden Vertragsparteien schlicht vergessen worden und erst Anfang 2007 wieder in Erinnerung gelangt seien, so sei der Schuldnerin eine Gelegenheit zur ratenweisen Erfüllung dieser Verbindlichkeiten im Februar 2007 doch lediglich deshalb eingeräumt worden, weil sie gegenüber der Vermieterin ausdrücklich erklärt habe, den Rückstand nicht sogleich erfüllen und in dieser Höhe auch nicht binnen drei Wochen Kredit erlangen zu können, was wiederum auf die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin zurückweise.

Die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin ergebe sich zudem aber auch noch daraus, dass ausweislich eines Mahnschreibens der Vermieterin vom 23.5.2007 (Anlage K 2a) die für die Geschäftsräume insoweit geschuldete laufende Miete für April 2007 i.H.v. EUR 11.778,70 bis dahin noch nicht gezahlt worden sei und sich u...

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