Leitsatz (amtlich)

1. Nach Ende des (gewerblichen) Hauptmietverhältnisses und Eigentümerwechsel auf Vermieterseite tritt der Erwerber in das Untermietverhältnis über Wohnraum gem. § 565; 566 BGB ein, auch wenn die Untervermietung an den Geschäftsführer der Hauptmieterin erfolgte.

2. Es genügt für die Anwendung des § 565 BGB, wenn die Anmietung und Weitervermietung einer Wohnung der Unterstützung der Geschäftsinteressen der Zwischenmieterin oder der Förderung ihres Geschäftsbetriebs dient.

 

Normenkette

BGB §§ 542, 546, 565-566, 580a Abs. 2, §§ 985-986

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 16.01.2023; Aktenzeichen 311 O 101/22)

 

Tenor

1. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 16.01.2023, Az. 311 O 101/22, wird zurückgewiesen.

2. Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die angefochtene Entscheidung ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leisten.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 8.820 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Kläger begehren von den Beklagten die Räumung einer Wohnung.

Die Beklagte zu 1) betreibt in der ...straße ... in Hamburg ein Bistro. Sie mietete mit Vertrag vom 20.02.2017 (Anlage K1) von der damaligen Eigentümerin die über dem Bistro gelegene Wohnung zur ausschließlichen Nutzung durch ihre Mitarbeiter. Die Mitarbeiter sollten namentlich zu benennen sein. Ein Wechsel des Untermieters sollte einer Genehmigung bedürfen. Es war besprochen, dass etwa auch der Beklagte zu 1) als Hauptkoch, Geschäftsführer und alleiniger Gesellschafter der Beklagten zu 2) die Wohnung nutzen könne.

Mit Vertrag vom 28.03.2017 (Anlage B1.1) untervermietete die Beklagte zu 1) die Wohnung zu den Bedingungen des Hauptmietvertrages an den Beklagten zu 2).

Die damalige Eigentümerin kündigte den Mietvertrag mit der Beklagten zu 1) zum 30.11.2021. Die Beklagte zu 1) erklärte nach diesem Termin, hinsichtlich der Wohnung auf einen etwaigen mittelbaren Fremdbesitz zu verzichten.

Die Kläger erwarben das Eigentum an der Wohnung und sind im Wege des gewillkürten Parteiwechsels als Kläger in den Prozess eingetreten.

Das Landgericht hat die Räumungsklage mit dem angefochtenen Urteil, auf das zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen wird, abgewiesen.

Die Kläger hätten keinen Herausgabeanspruch aus § 546 Abs. 2 BGB oder aus § 985 BGB, weil der Beklagte zu 2) gemäß § 565 Abs. 1 Satz 1 BGB Mieter geworden sei und ein Recht zum Besitz habe.

Indem die Beklagte zu 1) die Wohnung zur Nutzung durch ihre Mitarbeiter anmietete, hätten die Parteien eine gewerbliche Weitervermietung vereinbart. Es reiche, dass die Beklagte zu 1) ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen habe fördern wollen. Ein eigener wirtschaftlicher Zweck folge u.a. daraus, dass die Beklagte zu 1) durch die Stellung einer Wohnung Mitarbeiter an sich binden könne und dass laut Mietvertrag Minderungsansprüche aufgrund von Emissionen des Gastronomiebetriebs ausgeschlossen seien.

Der Beklagten zu 1) sei, da nur noch der Beklagte zu 2) Besitzer sei, die Herausgabe der Wohnung unmöglich.

Mit ihrer Berufung verfolgen die Kläger weiterhin ihre Räumungsansprüche. § 565 Abs. 1 Satz 1 BGB finde bei der behaupteten Weitervermietung an den alleinigen Gesellschafter und Geschäftsführer der Hauptmieterin keine Anwendung. Anders als bei einer Weitervermietung an Arbeitnehmer stelle die Weitervermietung an den Alleingesellschafter kein Wettbewerbsvorteil für die Beklagte zu 1) dar. Aufgrund der engen Verflechtung zwischen den Beklagten sei der Beklagten zu 2) nicht "Dritter" i.S.d. § 565 Abs. 1 Satz 1 BGB. Nach der gesetzgeberischen Intention solle in einem solchen Fall nicht der Schutz des sozialen Mietrechts greifen.

Auch der Ausschluss von Minderungsrechten im Hauptmietvertrag spreche nicht für Gewerblichkeit, weil der Ausschluss von Minderungsrechten allenfalls im Interesse der Hauptvermieterin, nicht aber der Beklagten zu 1), liege.

Die Kläger beantragen, unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, die im Hochparterre links des Anwesens ...straße ... in ... Hamburg gelegene, ca. 68 qm große 2,5-Zimmer-Wohnung nebst einem Dachboden zu räumen und zusammen mit sämtlichen Schlüsseln an den Kläger zu 1. und die Klägerin zu 2. herauszugeben.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung der Kläger zurückzuweisen.

Sie tragen vor, die Beklagte zu 1) habe den Hauptmietvertrag in erster Linie abgeschlossen, um angestellte Mitarbeiter, insbesondere einen angestellten Koch, unterzubringen und damit zugleich an jemanden zu vermieten, den der Restaurantbetrieb nicht störe. Sie habe aber keinen Koch zur dauerhaften Anstellung gefunden, so dass weiterhin der Beklagte...

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