Leitsatz (amtlich)

›1. Der nach § 121 Abs. 4 S. 1 UrhG in Verbindung mit der Mitgliedschaft der ehemaligen UdSSR begründete Urheberrechtsschutz am Werk eines litauischen Komponisten besteht fort. Litauen ist zwar bisher nicht Mitglied des Welturheberrechtsabkommens, mit einem künftigen Beitritt ist aber zu rechnen.

2. Das ursprünglich aufgrund eines mit der der Urheberrechtsorganisation der UdSSR bestehenden Vertrages erworbene Verlagsrecht eines deutschen Musikverlages am Werk des litauischen Komponisten ist rechtswirksam.

3. Das Verlagsrecht besteht fort, obwohl Litauen seine staatliche Selbständigkeit wiedererlangt hat und das Außenhandelsmonopol der UdSSR (wie diese) nicht mehr besteht.

4. Zum Kündigungsrecht des Verlagsvertrages aus wichtigem Grund.‹

 

Tatbestand

Die Parteien sind Musikverleger und GEMA-Mitglieder. Sie streiten um die Berechtigung der Beklagten, die Verlagsrechte an dem Werk "Präludium und Toccata für Streichorchester" (im Folgenden: B.-Werk) des litauischen Komponisten F.B. (GEMA-Werknr.: 2.)

wahrzunehmen.

Die Klägerin schloss mit B. am 29. September 1990 über das B.-Werk den aus der Anlage K 1 ersichtlichen Musikverlagsvertrag. Auf die Anmeldung der Klägerin erfolgte zu ihren Gunsten keine Registrierung bei der GEMA, weil das Werk dort bereits für die Beklagte registriert ist (Anl. K 2 - 5).

Die Beklagte hatte am 24. November 1978 mit der "Allunions-Agentur für Urheberrechte (VAAP)" der staatlichen Urheberrechtsorganisation der damaligen Sowjetunion (UdSSR) einen Generalvertrag geschlossen (Anl. B. 2). Die VAAP nahm unstreitig das sowjetische Außenhandelsmonopol für Urheberrechte wahr; Nutzungsrechte an Musikwerken konnten von ausländischen Unternehmen nur über die VAAP erworben werden.

Unter dem 15. Juni 1989 teilte die Beklagte der VAAP mit, im Rahmen des Generalvertrags übernehme sie das Werk des F.B. "Präludium und Toccata" für - so wörtlich - Kammerorchester. Die VAAP hat die Übernahme am 22. Dezember 1989 unter Ausnahme der Länder Norwegen und Schweden gegengezeichnet (Anl. 13 3). Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass es sich bei der so bezeichneten Komposition um das B.-Werk handelt.

Die Klägerin hat vorgetragen:

Die Beklagte habe niemals wirksam Subverlagsrechte an dem B.-Werk erworben. Die VAAP existiere seit der Auflösung der UdSSR nicht mehr. Die russische Urhebersrechts-Wahrnehmungsgesellschaft RAIS sei nicht Rechtsnachfolgerin der VAAP (Beweisantritt Bl. 4).

Die litauische Niederlassung der ehemaligen VAAP sei durch Gesetz vom 20. März 1991 liquidiert worden und das Vermögen von der litauischen Urheberrechts-Wahrnehmungsgesellschaft LATGA-A übernommen worden. Durch die Vereinbarung zwischen der VAAP und der LATGA-A vom 03. Februar 1992 seien alle Verträge der VAAP mit ausländischen Firmen bezüglich litauischer Komponisten auf die LATGA-A übertragen worden (Anl. K 6 und 7).

Der Komponist B. habe niemals mit der VAAP über das B.-Werk einen Verwertungsvertrag geschlossen (Anl. K 8). Mit dem Wegfall der gesetzlichen Grundlage für das Wirken der VAAP wären die Rechte an die ehemals von ihr vertretenen Autoren zurückgefallen. Nach dem dadurch bedingten Heimfall der Rechte an B. habe dieser wirksam über die Rechte verfügen dürfen.

Nach dem gemäß Art. 28 EGBGB anwendbaren deutschen Recht seien mit dem Wegfall der Berechtigung der VAAP die Auswertungsrechte der Beklagten erloschen. Das alte Urheberrecht der UdSSR existiere nicht mehr, litauische Staatsbürger unterlägen nicht mehr dem sowjetischen Recht.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, die Verlagsrechte an dem Werk "Präludium und Toccata für Streichorchester" des Komponisten F.B., Werknummer der GEMA: 23..., wahrzunehmen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen,

und dazu vorgetragen:

Verträgen stets erfüllt und dazu beigetragen, sowjetische Komponisten im Sie habe ihre Pflichten aus den mit der VAAP geschlossenen Westen bekanntzumachen. Das gelte auch für den Vertrag bezüglich der Subverlagsrechte am B.-Werk (Anl. B. 2, B. 3), die Partitur des Werkes habe sie am 11. Mai 1989 von der VAAP (Filiale Vilnius, Litauen) erhalten, am 12. September 1989 habe während der Berliner Festwochen die deutsche Erstaufführung stattgefunden. Das B.-Werk sei bei der GEMA angemeldet und auch in den Verlagskatalog aufgenommen worden; an den Vertragspartner VAAP sei ordnungsgemäß abgerechnet worden (vgl. dazu noch Anl. K 10).

Die Auflösung der VAAP lasse die erworbenen Rechte am B.-Werk unberührt. Sollte die LATGA-A die Verträge übernommen haben, hätte der Vertrag mit der VAAP seine Gültigkeit nicht verloren. Er sei nicht gekündigt worden, berechtigte Gründe für eine Kündigung seien nicht vorgetragen worden. Die Vereinbarung mit der LATGA-A könne Verträge mit Dritten nicht außer Kraft setzen. Die RAIS sei im Übrigen Rechtsnachfolgerin der VAAP (Anl. B. 5).

Ein Zurückfallen der Rechte an die Autoren würde die Vertragsgrundlage nicht entfallen lassen. Autoren könnten dann nur über Werke, für die es noch keine Ver...

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