Verfahrensgang

AG Dülmen (Aktenzeichen 5 VI 104/20)

 

Tenor

Unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde wird der angefochtene Beschluss teilweise abgeändert.

Für den Beteiligten zu 1) wird gegen den Nachlass eine Vergütung von 4.004,52 EUR inkl. Umsatzsteuer sowie Auslagen in Höhe von 101,23 inkl. Umsatzsteuer sowie Portokosten in Höhe von 3,90 EUR festgesetzt.

Der Beteiligte zu 1) wird ermächtigt, die Vergütung dem Nachlass zu entnehmen.

Der weitergehende Festsetzungsantrag wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) ist nach § 58 FamFG statthaft und auch im Übrigen gemäß den §§ 59 ff FamFG zulässig, insbesondere frist- und formgerecht eingelegt.

II. In der Sache ist sie teilweise begründet.

Der Beteiligte zu 1) hat für seine Tätigkeit als Nachlasspfleger in der Zeit vom 16. April 2020 bis zum 22. September 2020 Anspruch auf die Festsetzung einer Vergütung nach den §§ 1960, 1915, 1908 i, 1836 BGB in Höhe von 4.004,78 EUR, für die die Erben mit dem Nachlass haften.

1. Der Vergütungsanspruch des Nachlasspflegers bei berufsmäßig geführter Nachlasspflegschaft ergibt sich aus § 1915 Abs. 1 Satz 1 und 2 i.V.m. § 1836 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB. Ist der Nachlass - wie hier - nicht mittellos, dann bestimmt sich die Höhe des Vergütungsanspruchs gemäß § 1915 Abs. 1. Satz 2 BGB abweichend von § 3 Abs. 1 bis 3 VBVG nach den für die Führung der Pflegschaftsgeschäfte nutzbaren Fachkenntnissen des Pflegers sowie nach dem Umfang und der Schwierigkeit der Pflegschaftsgeschäfte.

Die Vergütungsfestsetzung durch das Nachlassgericht erfolgt daher auf Basis eines nach den oben genannten Kriterien zu bestimmenden Stundensatzes sowie dem für die Führung der Nachlasspflegschaft angefallenen Zeitaufwand in Stunden. Der Nachlasspfleger hat hierzu mit seinem Vergütungsantrag eine Aufstellung über seinen Zeitaufwand vorzulegen, die vom Nachlassgericht auf ihre Plausibilität hin zu überprüfen ist. Erforderlich, aber auch ausreichend für einen ordnungsgemäßen Vergütungsantrag ist dabei, dass die Angaben in der Tätigkeitsaufstellung die Feststellung einer ungefähren Größenordnung des Zeitaufwandes für die entfalteten Tätigkeiten ermöglichen und so zur Grundlage einer Schätzung nach § 287 ZPO gemacht werden können.

Der von dem Beteiligten zu 1) eingereichte Vergütungsantrag enthält eine ausreichend konkrete Aufstellung des von ihm für die Führung der Nachlasspflegschaft getätigten Zeitaufwandes, die eine Plausibilitätsprüfung durch das Nachlassgericht ohne weiteres ermöglicht. Er hat in dem Vergütungsantrag chronologisch dargelegt, an welchem Tag er welche Tätigkeiten für den Nachlass mit welchem Zeitaufwand in Minuten ausgeübt hat. Die im Einzelnen dargelegten Tätigkeiten für den Nachlass sind plausibel und beziehen sich ausschließlich auf den abrechenbaren Zeitraum ab Bestellung des Nachlasspflegers durch die Beschlüsse vom 16. April 2020 und 5. Mai 2020. Der dargelegte Zeitaufwand von insgesamt 49 Stunden 19 Minuten ist damit insgesamt plausibel.

2. Für die Führung der Nachlasspflegschaft durch den berufsmäßig tätigen, nicht anwaltlichen Beteiligten zu 1) hält der Senat im vorliegenden Fall einen Stundenlohn von 70,- EUR für angemessen.

Bei der Bemessung des Stundensatzes ist das Nachlassgericht - in Übereinstimmung mit den Beteiligten - zutreffend davon ausgegangen, dass es sich vorliegend um eine Nachlasspflegschaft von mittlerer Schwierigkeit handelt.

Für die Bemessung des angemessenen Stundensatzes ist zunächst das Kriterium der Schwierigkeit der Pflegschaft durch eine Staffelung von einfacher, mittelschwerer und schwieriger Abwicklung zu berücksichtigen.

Kriterien, die es rechtfertigen, von einer schwierigen Pflegschaft auszugehen, können sein das Auftauchen komplexer Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Abwicklung des Nachlasses bzw. der Erbenermittlung (z.B. Erben im Ausland, schwierige Urkundenlage), größere Haftungsgefahren bei großem, differenziert angelegtem Vermögen, problematische Immobilien, Gesellschaftsanteile, Auslandsvermögen, ausstehende Steuererklärungen, Verbindlichkeiten in erheblichem oder unübersichtlichem Umfang, Wertpapieranlagen, die Verwaltung nicht hinterlegungsfähigen Vermögens (Mietshaus, Handelsgeschäft) oder etwa die Beteiligung des Erblassers an einer Erbengemeinschaft (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 25. August 2020 - 21 W 105/20 -; OLG Jena, Beschluss vom 14. Juni 2013 - 6 W 397/12 -, zitiert jeweils nach juris).

Den Normalfall einer mittelschweren Abwicklung stellt ein Nachlass dar, der sich aus Bargeld, Bankguthaben und beweglichem Vermögen zusammensetzt und nicht in ungewöhnlichem Maße mit Verbindlichkeiten belastet ist (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 25. August 2020 - 21 W 105/20 ; OLG Jena, Beschluss vom 14. Juni 2013 - 6 W 397/12 -, zitiert jeweils nach juris).

Von einer einfachen Pflegschaft kann nur ausnahmsweise ausgegangen werden, etwa wenn nur ein ganz geringer Nachlass vorhanden ist, der Wirkungskreis des Nachlasspflegers deutlich eingeschränkt ist oder der Nachlass vor En...

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