Leitsatz (amtlich)

Haben die Ehegatten in einem privatschriftlichen Testament als Schlusserben „die in beigefügter Liste aufgeführten lebenden Verwandten” eingesetzt, so kann bei der Auslegung der letztwilligen Verfügung im Hinblick darauf, welche Personen mit dem gewählten Ausdruck bedacht sein sollen, eine dem Testament beigefügte Liste verwertet werden, auch wenn diese als solche nicht der Testamentsform entspricht.

 

Normenkette

BGB §§ 2084, 2247

 

Verfahrensgang

LG Bielefeld (Aktenzeichen 23 T 16/02)

 

Tenor

Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen. Der Beteiligte zu 1) hat die den Beteiligten zu 2) bis 12) im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Der Gegenstandswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf bis zu 250.000Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

I. Die Erblasserin war mit Herrn J.F. verheiratet, welcher 1993 vorverstorben ist. Der aus der Ehe hervorgegangene gemeinsame Sohn H. verstarb ohne Hinterlassung von Nachkommen noch vor seinem Vater. Der Beteiligte zu 1) ist der einzige Sohn der verstorbenen Schwester der Erblasserin. Die Beteiligten zu 2) bis 8) und die Beteiligten zu 11) und 12) sind Neffen, Nichten bzw. Großneffen und Großnichten aus der Linie der Herrn A.F. Die Beteiligte zu 10) war die Lebensgefährtin des Herrn H.F.

Die Erblasserin und der Ehemann errichteten am 9.3.1993 ein gemeinschaftliches privatschriftliches Testament, durch welches sich die Ehegatten gegenseitig zur Alleinerben eingesetzt haben. Im Weiteren heißt es darin auszugsweise:

„Im Falle unseres gemeinsamen Todes durch Unfall oder sonstige Ereignisse und im Falle des Todes des allein Zurückgebliebenen erben unseren gesamten Nachlass die in beigefügter Liste aufgeführten lebenden Verwandten.”

Zum Zwecke der Testamentseröffnung nach dem Tode ihres Ehemannes übergab die Erblasserin mit dem Testament dem Nachlassgericht eine in Maschinenschrift gefertigte Auflistung der Personalien und Anschriften der Beteiligten zu 1) bis 12), welche mit den Worten „Anlage zum Testament vom 9.3.1993” überschrieben und mit den Worten „gezeichnet I. und J.F.” endet. In der Einleitung heißt es:

„Nach unserem Tode erben unseren gesamten Nachlass die nachstehenden und an unserem Todestag lebenden Erben.”

Daneben überreichte die Erblasserin eine handschriftlich gefertigte Liste, die mit „gesetzliche Erben” in Maschinenschrift gekennzeichnet ist. Die darin bezeichneten Personen sind nicht vollständig mit den in der „Anlage zum Testament vom 9.3.1993” bezeichneten Personen identisch.

Die Erblasserin hinterließ bei ihrem Tod eine weitere privatschriftliche letztwillige Verfügung vom 25.9.1999, mit der sie bestimmte, dass der namentlich genannte Beteiligte zu 1) und dessen Ehefrau, die Beteiligte zu 4) und deren Ehemann, sowie die Beteiligte zu 10) „das am 9.3.93 gemeinschaftlich mit meinem verstorbenen Ehemann verfasste Testament vollstrecken und auch meinen Haushalt auflösen.”

Der Beteiligte zu 1) hat zunächst die Erteilung eines Erbscheins des Inhalts beantragt, wonach die Erblasserin von den in der als „Anlage zum Testament vom 9.3.1993” aufgeführten Personen anteilig beerbt worden sei. Diesen Antrag hat er jedoch zurückgenommen. Er begehrt nunmehr die Erteilung eines Erbscheins, der ihn als alleinigen gesetzlichen Erben nach der Erblasserin ausweisen soll. Er meint, die gewillkürte Erbfolge sei nicht eingetreten, da das Testament vom 9.3.1993 deshalb unwirksam sei, weil die maschinenschriftliche Anlage zu diesem Testament nicht der privatschriftlichen Form genüge, durch diese Anlage selbst aber erst die Bestimmung der Erben erfolge.

Durch Beschluss vom 12.11.2001 hat das AG den Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 1) zurückgewiesen. Hiergegen hat der Beteiligte zu 1) Beschwerde eingelegt, die das LG mit Beschluss vom 8.2.2002 zurückgewiesen hat. Auf Antrag der Beteiligten zu 2) bis 8) und 10) bis 12) hat das AG am 5.3.2002 einen gemeinschaftlichen Erbschein erteilt, der die Beteiligten zu 1) bis 12) als Erben ausweist sowie die Angabe enthält, dass Testamentsvollstreckung angeordnet ist (§ 2364 BGB).

Mit der durch Anwaltsschriftsatz eingelegten weiteren Beschwerde begehrt der Beteiligte zu 1) unter Aufhebung des Beschlusses des LG vom 8.2.2002, den Beschluss des AG vom 12.11.2001 aufzuheben und das AG anzuweisen, ihm einen ihn als Alleinerben ausweisenden Erbschein zu erteilen und den gemeinschaftlichen Erbschein vom 5.3.2002 als unrichtig einzuziehen.

Die Beteiligten zu 2) bis 12) sind durch Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten der weiteren Beschwerde entgegengetreten.

II. Die weitere Beschwerde ist nach den §§ 27, 29 FGG statthaft sowie formgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis des Beteiligten zu 1) folgt bereits daraus, dass seine erste Beschwerde ohne Erfolg geblieben ist.

In der Sache ist das Rechtsmittel unbegründet, weil die Entscheidung des LG nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht, § 27 Abs. 1 S. 1 FGG.

 

Entscheidungsgründe

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das LG zutreffend von ...

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