Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsanwaltsvergütung: Einigungsgebühr im Versorgungsausgleichsverfahren bei Verständigung der Beteiligten über eine wesentliche Grundlage zur Anrechteberechnung; Bemessung des Gegenstandswerts
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Einigungsgebühr entsteht im Versorgungsausgleichsverfahren nicht nur dann, wenn eine gerichtliche Entscheidung über den Versorgungsausgleich insgesamt entbehrlich wird, sondern bereits dann, wenn sich die Beteiligten über eine wesentlich Grundlage für die Durchführung des Versorgungsausgleichs - hier: Berechnung der Startgutschriften - endgültig einigen.
2. Der Gegenstandswert der Einigungsgebühr richtet sich in diesem Fall nach dem Wert des Teilvergleichs und ist in der Regel niedriger als der Gegenstandswert der Geschäfts- oder Verfahrensgebühr.
Normenkette
RVG-VV Nr. 1000 Abs. 1, Nr. 1003
Verfahrensgang
AG Werl (Beschluss vom 02.05.2012) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Landeskasse vom 14.5.2012 wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Werl vom 2.5.2012 teilweise abgeändert und die der Beteiligten zu 1) aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen auf 934,15 EUR festgesetzt.
Die weiter gehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die Antragstellerin und der Antragsgegner haben am 27.7.1984 in V geheiratet. Seit dem 18.12.2008 lebten sie dauerhaft voneinander getrennt. Durch Schriftsatz vom 23.6.2010 hat die Antragstellerin die Scheidung der Ehe beantragt.
Durch Beschluss des AG vom 27.7.2010 wurde der Antragstellerin Verfahrenskostenhilfe bewilligt und die Beteiligte zu 1) beigeordnet.
Die Antragstellerin hat in der Ehezeit Anwartschaften bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) erworben. Im Termin vor dem AG am 15.12.2010 schlossen die Parteien die folgende Vereinbarung zum Versorgungsausgleich:
"1. Die Eheleute sind sich darüber einig, dass die Rechtsprechung des BGH v. 14.11.2007 - IV ZR 74/06, unberücksichtigt bleibt und der Versorgungsausgleich mit den von der VBL in diesem Verfahren mitgeteilten Werten durchgeführt wird.
2. Die Kosten dieser Vereinbarung folgen der Scheidungssache."
Durch Beschluss vom 15.12.2010 hat das AG die Ehe geschieden und den Versorgungsausgleich durchgeführt. Entsprechend der Auskunft der Versorgungsanstalt vom 26.11.2010 wurde im Wege der internen Teilung ein Anrecht i.H.v. 40,67 Versorgungspunkten auf den Antragsgegner übertragen.
Der Verfahrenswert wurde auf 16.100 EUR festgesetzt (Scheidung 10.770 EUR/Versorgungsausgleich 5.385 EUR). Der Verfahrenswert für die Vereinbarung zum Versorgungsausgleich wurde auf 5.385 EUR festgesetzt. Gleichzeitig wurde festgestellt, dass sich die der Antragstellerin wie auch dem Antragsgegner bewilligte Verfahrenskostenhilfe auch auf den Vergleich zum Versorgungsausgleich erstreckt.
Mit Schriftsatz vom 15.12.2010 hat die Beteiligte zu 1) als Verfahrensbevollmächtigte der antragstellenden Ehefrau beantragt, ihre Gebühren und Auslagen auf 1.100,75 EUR festzusetzen. Unter anderem begehrt sie die Erstattung einer Einigungsgebühr i.H.v. 225 EUR zzgl. Mehrwertsteuer.
Durch Beschluss vom 18.2.2011 hat das AG durch den zunächst zur Entscheidung berufenen Rechtspfleger die der Beteiligten zu 1) zu zahlenden Gebühren und Auslagen auf 833 EUR festgesetzt. Die angemeldete Einigungsgebühr hat der Rechtspfleger unter Hinweis auf die Stellungnahme der Landeskasse abgesetzt mit der Begründung, eine derartige Gebühr falle zum Versorgungsausgleich nur an, wenn die beteiligten Eheleute eine vollumfängliche endgültige Regelung über den gesamten Versorgungsausgleich träfen und dem Gericht somit eine Sachentscheidung ersparten.
Auf die hiergegen eingelegte Erinnerung der Beteiligten zu 1) hat das AG durch den nunmehr zur Entscheidung berufenen Richter mit Beschluss vom 30.4.2012 die der Beteiligten zu 1) aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen abändernd auf 1.100,75 EUR festgesetzt. Eine Einigungsgebühr sei entstanden, da durch die Vereinbarung vom 15.12.2010 eine Rechtsunsicherheit über den Versorgungsausgleich endgültig beseitigt worden sei. Bereits dieser "Zwischenvergleich" löse eine Einigungsgebühr aus, weil ohne diese Einigung eine Entscheidung über den Versorgungsausgleich nicht hätte erfolgen können.
Dagegen wendet sich die Beschwerde der Landeskasse, mit der beantragt wird, die Vergütung der Beteiligten zu 1) unter Absetzung der Einigungsgebühr wieder auf 833 EUR herabzusetzen. Der Beteiligte zu 2) vertritt weiterhin die Ansicht, durch die Vereinbarung vom 15.12.2010 sei eine Gebühr nach Nr. 1000,1003 RVG-VV nicht entstanden, da durch diese Vereinbarung das Rechtsverhältnis "Versorgungsausgleich" nicht in Gänze erledigt worden sei. Die bestehenden Unsicherheiten über den Versorgungsausgleich seien vielmehr vollständig erst durch die Entscheidung des Gerichts beseitigt worden.
Das AG hat der Beschwerde durch Beschluss vom 16.5.2012 nicht abgeholfen und dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.
II. D...