Entscheidungsstichwort (Thema)
Veräußerung eines Erbbaurechts
Leitsatz (amtlich)
1. Der Grundstückseigentümer ist nicht berechtigt, seine nach dem Inhalt des Erbbaurechts erforderliche Zustimmung zur Veräußerung davon abhängig zu machen, dass der Erwerber rechtsgeschäftliche Erklärungen abgibt, die zu einer Veränderung oder Klarstellung des dinglichen oder schuldrechtlichen Rechtsverhältnisses führen sollen.
2. Der Schutzzweck des § 9a Abs. 1 ErbbauVO ist nicht auf die Dauer der Rechtsstellung des jeweiligen Erbbauberechtigten beschränkt. Dem Grundstückseigentümer steht im Falle der Vereinbarung einer grundstückswertbezogenen Erbbauzinsanpassung aus Anlass der Veräußerung des Erbbaurechts keine über § 9a Abs. 1 ErbbauVO hinausgehende Erhöhung des Erbbauzinses zu.
3. Eine spekulative Ausnutzung des Erbbaurechts liegt nicht darin, dass der bisherige Berechtigte das Erbbaurecht zu einem Kaufpreis veräußert, der dem am Immobilienmarkt erzielbaren Betrag entspricht, mag seine Höhe auch durch den im Verhältnis zum Grundstückswert günstigen Erbbauzins beeinflusst sein, der sich durch die Anpassungsbeschränkung gem. § 9a Abs. 1 ErbbauVO ergeben hat.
Normenkette
ErbbauVO §§ 7, 9a
Verfahrensgang
LG Münster (Beschluss vom 14.07.2005; Aktenzeichen 5 T 420/05) |
AG Dülmen (Aktenzeichen 3 II 9/04) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Wertfestsetzung des LG abgeändert wird.
Die Beteiligten zu 2) bis 4) haben die dem Beteiligten zu 1) im Verfahren dritter Instanz entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Der Gegenstandswert des Verfahrens der sofortigen ersten und weiteren Beschwerde wird auf je 14.800 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Beteiligte zu 1) ist im Wege der Erbfolge Erbbauberechtigter des im Grundbuch von Stadt G1 Bl. 42 eingetragenen (Gesamt-) Erbbaurechts, das die Grundstücke G1 5, Flurstücke ..., ..., ..., ..., ... und ... belastet. Eigentümer der belasteten Grundstücke sind die Beteiligten zu 2) bis 4). Das Erbbaurecht ist von dem Rechtsvorgänger der Beteiligten zu 2) bis 4) durch notariellen Vertrag vom 11.12.1965 (UR-Nr. 0/1965 Notar L1 in G1) für die Dauer von 99 Jahren zum Zweck der Errichtung eines Familienheimes bestellt worden. Als dinglicher Inhalt des Erbbaurechts ist in § 5 des Vertrages vereinbart, dass dessen Veräußerung der Zustimmung des Grundstückseigentümers bedarf. Während das Flurstück ... der Errichtung des Wohnhauses dient, sind die weiteren Flurstücke für die Errichtung einer Garage nebst Zufahrt bestimmt, und zwar als Teil einer Garagenanlage für insgesamt 5 benachbarte Erbbaurechte. Bei der späteren Bauausführung wurde die Ausrichtung der Garagen und der Zufahrten um 90° gedreht. Danach werden von dem Berechtigten des hier betroffenen Erbbaurechts tatsächlich die Flurstücke ..., ..., ..., ... und ... als Garage nebst Zufahrt benutzt. Die Änderung der Bauausführung ist dem Rechtsvorgänger der Beteiligten zu 2) bis 4) bereits im Jahre 1969 mitgeteilt worden,
Der anfängliche jährliche Erbbauzins ist in § 7 des Vertrages vom 11.12.1965 mit 661,60 DM auf der Grundlage von 4 % des mit 20 DM/qm angenommenen Grundstückswertes vereinbart. § 8 des Vertrages sieht einen durch Vormerkung zu sichernden Anspruch auf Anpassung des Erbbauzinses in der Weise vor, dass dieser auch während der gesamten Laufzeit des Erbbaurechts 4 % des jeweiligen Grundstückswertes betragen soll. In den folgenden Jahren sind Anpassungen des Erbbauzinses vorgenommen worden, und zwar nach dessen In-Kraft-Treten unter Berücksichtigung des § 9a ErbbauVO. Die letzte Anpassung hat zu einem jährlichen Erbbauzins von 1.385,82 EUR geführt. Bezogen auf den zuletzt mit 295 DM (150,83 EUR)/qm angegebenen Bodenrichtwert und eine Grundstücksfläche von 814 qm ergibt sich ein gegenwärtiges Verhältnis zwischen Grundstückswert und Erbbauzins von gerundet 1,13 %,
Der Beteiligte zu 1) hat mit notariellem Vertrag vom 7.6.2004 (UR-Nr. 00/2004 Notar S1 in G1) das Erbbaurecht mit seinem bezeichneten dinglichen Bestand an Frau Y. zu einem Preis von 148.000 EUR verkauft und aufgelassen. In § 1 des Vertrages heißt es:
"Die Käuferin erkennt ausdrücklich die Bestimmung des Erbbaurechtsvertrages an. Der Erbbaurechtsvertrag ist der Käuferin in beglaubigter Kopie übergeben worden. Die Käuferin tritt in alle - auch schuldrechtlich wirkende - hierdurch für den Erbbauberechtigten des Vertragsgegenstandes begründeten Rechte und Verbindlichkeiten an Stelle des Verkäufers ein."
Auf das Ersuchen des Beteiligten zu 1), die Zustimmung zur Veräußerung des Erbbaurechts zu erteilen, haben die Beteiligten zu 2) bis 4) mit Schreiben vom 9.9.2004 eine Erhöhung des Erbbauzinses auf 3,40 EUR/qm verlangt. Dies hat die Erwerberin mit Schreiben vom 13.9.2004 abgelehnt. Die Beteiligten zu 2) bis 4) haben daraufhin die Zustimmung verweigert.
Dem in dem vorliegenden Verfahren gestellten Antrag des Beteiligten zu 1) auf Ersetzung der Zustimmung zur Veräußerung des Erbbaurechts sind die Beteiligten zu 2) bis 4) im Wesentlichen mit der B...