Leitsatz (amtlich)
1. Ein Wohnungseigentumsverfahren ist auch bei einem vorausgehenden Mahnverfahren i.S.d. § 62 Abs. 1 S. 1 WEG erst dann anhängig, wenn die Sache bei dem zuständigen Streitgericht eingegangen ist.
2. Lässt sich der Entscheidung des AG in einer Wohngeldsache, die vor dem 1.7.2007 beim Mahngericht, aber erst nach diesem Datum bei dem Streitgericht eingegangen ist, nicht hinreichend deutlich entnehmen, ob das Verfahrensrecht des FGG oder das der ZPO angewandt wurde, so ist in Anwendung des Meistbegünstigungsgrundsatzes sowohl die sofortige Beschwerde gem. § 45 Abs. 1 WEG a.F., als auch die Berufung (§ 511 ZPO) zulässig.
3. Wird in einem solchen Fall die sofortige Beschwerde eingelegt, so ist das Verfahren nicht nach dem FGG durchzuführen, sondern die Sache entsprechend § 17a Abs. 2 GVG an das gem. § 72 Abs. 2 S. 1 GVG zuständige Berufungsgericht zu verweisen.
Normenkette
GVG § 17a; WEG n.F. § 62; WEG a.F. § 46
Verfahrensgang
LG Essen (Beschluss vom 25.11.2008; Aktenzeichen 9 T 29/08) |
AG Gladbeck (Aktenzeichen 21 C 4/07 WEG) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beteiligte zu 2) trägt die Gerichtskosten des Verfahrens vor dem Senat sowie die der Beteiligten zu 1) die insoweit entstandenen außergerichtlichen Kosten.
Der Gegenstandswert für das Verfahren der sofortigen Beschwerde wird auf 2.083 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligte zu 1) hat den Beteiligten zu 2) im April 2007 im Wege des Mahnverfahrens auf Zahlung von Hausgeld in Anspruch genommen. Gegen den am 24.5.2007 erlassenen Mahnbescheid hat der Beteiligte zu 2) im Juni 2007 Widerspruch erhoben. Das Mahngericht hat die Sache daraufhin an das örtlich zuständige AG Gladbeck abgegeben, wo die Akte am 11.7.2007 eingegangen ist.
Beim AG Gladbeck ist die Sache als C-Sache in der Prozessabteilung eingetragen worden. Die zuständige Richterin hat eine mündliche Verhandlung "in dem Rechtsstreit ..." durchgeführt. In einem gesonderten Verkündungstermin hat das AG sodann durch Beschluss dem Antrag stattgegeben, dem Beteiligten zu 2) die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten auferlegt und "das Urteil" gegen Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar erklärt. Im Entwurf der Entscheidung war diese mit Urteil überschrieben. Dies wurde handschriftlich in "Beschluss" abgeändert. In Rubrum und Tenor werden die Beteiligten als Klägerin und Beklagter bezeichnet. Der Entscheidungssatz wird eingeleitet mit der Formel "hat das AG Gladbeck auf die mündliche Verhandlung vom ... für Recht erkannt". Die Gründe der Entscheidung werden in Tatbestand und Entscheidungsgründe aufgeteilt. Die Kostenentscheidung wird begründet mit § 47 WEG i.V.m. § 91 ZPO, diejenige über die Vollstreckbarkeit mit "§ 709 ZPO entsprechend".
Gegen die Entscheidung des AG hat der Beteiligte zu 2) bei demselben sofortige Beschwerde einlegen lassen. Das AG hat die Akte dem LG Essen "zuständigkeitshalber" vorgelegt. Dort ist die Sache zunächst bei der allgemeinen Beschwerdekammer eingetragen, von dort aber formlos an die für Verfahren nach dem WEG a.F. zuständige 9. Zivilkammer abgegeben worden. Diese hat -nach mündlicher Erörterung mit den Beteiligten- das LG Essen für sachlich nicht zuständig erklärt und die Sache an das gem. § 72 Abs. 2 S. 1 GVG zuständige LG Dortmund verwiesen. Hiergegen wendet sich der Beteiligte zu 2) mit seinem als sofortige weitere Beschwerde bezeichneten Rechtsmittel.
II. Das Rechtsmittel des Beteiligten zu 2) ist als sofortige Beschwerde entsprechend § 17a Abs. 4 S. 3 GVG auszulegen und als solche statthaft und auch sonst zulässig erhoben. Nach ganz herrschender Auffassung, der auch der Senat folgt, ist bei Zweifeln, ob die streitige ordentliche Gerichtsbarkeit oder die freiwillige Gerichtsbarkeit gem. § 43 WEG a.F. zuständig ist, entsprechend den Regeln der §§ 46 WEG a.F., 17a Abs. 3 bis 5, 17b GVG zu verfahren und zwar auch dann, wenn die Sache beim Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit anhängig war (BGH NJW NJW 1995, 2851 ff.; Staudinger/Wenzel, WEG, 13. Bearb., § 46 Rz. 3). Eine Entscheidung, die ohne eine Sachentscheidung zu treffen, allein die Verweisung ausspricht, unterliegt danach der sofortigen Beschwerde entsprechend § 17a Abs. 4 S. 3 GVG.
Die Beschwerdebefugnis des Beteiligten zu 2) ergibt sich daraus, dass das LG eine Sachentscheidung über das Rechtsmittel des Beteiligten zu 2), das dieser primär verlangt hat, abgelehnt und die Sache auf den nur hilfsweise gestellten Antrag an das LG Dortmund verwiesen hat.
In der Sache ist die Beschwerde unbegründet.
Das LG ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass es zwar einerseits mit einer zulässigen sofortigen Beschwerde gem. § 45 Abs. 1 WEG a.F. befasst ist, andererseits jedoch keine Bindungswirkung entsprechend § 17a Abs. 5 GVG eingetreten ist. Maßgebend für beide Bewertungen ist, dass es sich bei dem "Beschluss" des AG um eine sog. inkorrekte Entscheidung handelt, die nicht hinreichend klar erkennen lässt, in welcher Verfahrensform das sowohl nach altem wie neuem Rechtszustand zust...