Leitsatz (amtlich)
1. Die Höhe des Schmerzensgeldes hängt primär von dem Maß der Lebensbeeinträchtigung ab, das bei Schluss der mündlichen Verhandlung bereits eingetreten war oder für die Zukunft erkennbar und objektiv vorhersehbar ist. Erst in einem zweiten Schritt bedarf es einer Orientierung an vorhandenen vergleichbaren Gerichtsentscheidungen (im Anschluss an OLG Hamm Urt. v. 5.3.2021 - 9 U 221/19, BeckRS 2021, 5414 Ls. 3).
2. Ein Anspruch auf Schmerzensgeldrente setzt voraus, dass das haftungsbegründende Ereignis zu lebenslangen schweren Dauerschäden führen muss, deren sich die verletzte Person immer wieder neu und schmerzlich bewusst wird. Dazu gehören bspw. schwere Hirnschädigungen mit Verlust der Wahrnehmungs- und Empfindungsfähigkeit, Querschnittslähmung, Verlust eines der fünf Sinne oder schwersten Kopfverletzungen, nicht aber - wie hier - eine Knieverletzung, die möglicherweise später eine Knieprothese bedingt.
3. Die Schmerzensgeldrente ist nicht unabhängig von und zusätzlich zum Schmerzensgeldkapital zu zahlen. Vielmehr muss der monatliche Rentenbetrag so bemessen sein, dass er - kapitalisiert - zusammen mit dem zuerkannten Kapitalbetrag einen Gesamtbetrag ergibt, der in seiner Größenordnung einem ausschließlich in Kapitalform zuerkannten Betrag zumindest annähernd entspricht. Die Berechnungen müssen insofern eine einheitliche Wertvorstellung erkennen lassen.
Verfahrensgang
LG Münster (Aktenzeichen 2 O 161/18) |
Tenor
Die Berufung ist auf den Hinweis zurückgenommen worden.
Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen.
Es wird Gelegenheit gegeben, binnen drei Wochen nach Zugang dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.
Gründe
I. Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Zurecht hat das Landgericht die Klage teilweise abgewiesen.
Die Einwendungen der Klägerin, bezüglich derer zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Berufungsbegründung (GA 306 ff.) verwiesen wird, greifen nicht durch.
1. Das Landgericht hat den Verdienstausfallschaden für den Zeitraum vom Unfall am 21.03.2016 bis zum 31.03.2018 jedenfalls nicht zu Lasten der Klägerin zu gering bemessen.
Ohne Erfolg wendet die Klägerin gegen den Nichtansatz der Einkommensverluste in der Nebentätigkeit ab dem 01.10.2017 durch das Landgericht ein, sie wäre dort ohne den Unfall weiterbeschäftigt worden, wie es ihre Mutter ab dem 01.10.2017 gewesen sei, um ihr die Stelle freizuhalten.
Damit genügt sie weiterhin unentschuldigt nicht ihrer Darlegungslast. Auf diese hat sie bereits das Landgericht unter dem 18.12.2020 (GA 253r) sowie im Urteil (Umdruck Seite 6 f.) hingewiesen.
Denn es ist weder ersichtlich noch vorgetragen (noch unter Beweis gestellt), dass die Klägerin bei ihrem bisherigen Arbeitgeber die befristete Nebentätigkeit länger hätte ausüben können. Insbesondere ist im Hinblick auf § 14 TzBfG nicht dargelegt (und unter Beweis gestellt), dass sie ab dem 01.10.2017 unbefristet beschäftigt worden wäre. Ebenso wenig ist dargelegt (und unter Beweis gestellt), dass sie sonst eine vergleichbare Nebenbeschäftigung hätte aufnehmen können.
Nur am Rande sei darauf hingewiesen, dass auch diesseits - worauf schon die Beklagten in der Klageerwiderung hingewiesen haben - nicht nachvollziehbar dargelegt ist, warum die Klägerin nicht auch von der Bundesknappschaft Verletztengeld bezogen hat oder hätte beziehen können. §§ 3 ff. EntgFG gelten im Übrigen auch im Minijobbereich wie hier.
2. Die Berufung kann auch nicht darauf gestützt werden, das Landgericht habe die unfallbedingte Verkürzung des Elterngeldes nicht berücksichtigt; denn die Klägerin hat diese nie zum Gegenstand der Leistungsklage gemacht. Mit dem Klageantrag zu 1. werden ausschließlich Verdienstausfall, Pferdepflegekosten, Fahrtkosten, Haushaltsführungsschaden und Schmerzensgeld geltend gemacht. Dementsprechend ist das Landgericht im Hinweis vom 18.12.2020 (GA 254, 254r) unwidersprochen davon ausgegangen, dass dieser Schaden dem Feststellungsantrag zuzuordnen sei. Der Senat sieht vor diesem Hintergrund keine Veranlassung, sich mit dieser Schadensposition im vorliegenden Verfahren weiter auseinanderzusetzen.
Lediglich vorsorglich wird daher auf Folgendes hingewiesen: Der erstinstanzlich in den Raum gestellte Schadensbetrag im Hinblick auf die Verkürzung des Elterngeldes belief sich zudem auf 11.683,00 EUR (Schriftsatz vom 01.07.2019, GA 150). Zweitinstanzlich wird nun ein Betrag von 10.626,00 EUR (Berufungsbegründung, GA 309 f.) in den Raum gestellt.
3. Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin darauf, das Landgericht habe ihr zu Unrecht teilweise Kosten für die Versorgung ihres Pferdes abgesprochen. Richtigerweise hat das Landgericht der Klägerin nämlich jedenfalls nicht zu wenig zugesprochen.
Insoweit kann die schwierige und in Rechtsprechung und Literatur uneinheitlich beantwortete Frage, ob, wann und - hier insbesondere - für welche Dauer Tierhaltungskosten in Abgrenzung zum Erwerbsschaden überhaupt als erw...