Entscheidungsstichwort (Thema)
Feststellung der Nachlasszugehörigkeit von Bankguthaben
Leitsatz (amtlich)
Kann sich das Gericht nicht von der Darstellung der Erben überzeugen, die Erblasserin habe ihnen kurz vor ihrem Tod durch mündliche Erklärung ihre sämtlichen Bankguthaben übertragen, so ist bei der Wertfestsetzung die Zurechnung dieser Guthaben zum Nachlass jedenfalls dann gerechtfertigt, wenn die Erben den ihnen erteilten Erbschein auch dafür verwendet haben, die Bankguthaben erstmals nach dem Erbfall auf sich umschreiben zu lassen.
Normenkette
KostO § 103
Verfahrensgang
AG Dorsten (Entscheidung vom 08.06.2012; Aktenzeichen 10 VI 91/11) |
Tenor
Unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels wird der angefochtene Beschluss wird teilweise abgeändert.
Der Wert des Nachlassverfahrens wird anderweitig auf 244.618,40 € festgesetzt.
Gründe
Die nach § 31 Abs. 3 S. 1 KostO zulässige Beschwerde ist im Ergebnis begründet.
Aufgrund der vom Senat durchgeführten Anhörung der Beteiligten zu 1) und 2) war der Geschäftswert auf 244.618,40 € festzusetzen. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus dem Wert des zum Nachlass zählenden bebauten H-Weg in E, der auch vom Nachlassgericht mit 155.000 € angesetzt worden ist, sowie Kontoguthaben zum Betrag von 95.085,40 € abzüglich der Beerdigungskosten in Höhe von insgesamt 5.467 €.
Das Nachlassgericht hat zutreffend gerügt, dass in nicht nachzuvollziehender Weise in dem Wertfragebogen keine Angaben zu dem Geldvermögen der Erblasserin gemacht worden sind; die entsprechenden Felder sind in dem zuerst versandten 'Fragebogen zur Wertfestsetzung' leer geblieben und in dem am 19.03.2012 eingereichten Fragebogen mit einem / versehen worden. Dies erweckt Zweifel an der Richtigkeit der Angaben, weil es unwahrscheinlich ist, dass eine Erblasserin, die monatlich eine Rente bezogen hat, keinerlei Geldvermögen hinterlassen haben soll. Die Beteiligten zu 1) und 2) haben sich auch aus Sicht des Senats zu Unrecht geweigert, dem Nachlassgericht eine plausible Erklärung für diese Lücke zu geben. Die entsprechende Anforderung des Nachlassgerichts, die aus verständlichen Gründen auf den konkreten Umständen des vorliegenden Falles beruht, geht allgemeinen Hinweisen in dem von den Beteiligten zu 1) und 2) herangezogenen allgemein gehaltenen Merkblatt für die Angaben zum Wert des Nachlasses vor. Der Senat hat sich deshalb im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht (§ 26 FamFG) dazu veranlasst gesehen, die Beteiligten zu 1) und 2) im Termin vom 04.10.2012 persönlich anzuhören und diese zur Vorlage weiterer Unterlagen zu bewegen. Danach hat sich ergeben:
Die Beteiligten haben eine Kopie der Meldung der Sparkasse Vest an das Erbschaftssteuerfinanzamt vorgelegt, aus dem sich mit 95.085,40 Euro der Betrag der Bankguthaben ergibt, die zum Zeitpunkt des Todes unter dem Namen der Erblasserin geführt wurden. Vorgelegt worden ist darüber hinaus ein Nachweis für die Anlage eines Kapitalbetrages bei der E mit der Maßgabe, dass die Beteiligte zu 2) mit dem Todesfall unmittelbar Berechtigte des Guthabens ist, das somit nicht zum Nachlass gehört. Nach den nunmehr vorgelegten Unterlagen kann somit hinreichend zuverlässig ausgeschlossen werden, dass noch weitere Bankguthaben der Erblasserin vorhanden waren.
Für die Geschäftswertfestsetzung ist davon auszugehen, dass die Bankguthaben zum Betrag von 95.085,40 € dem Vermögen der Erblasserin zuzurechnen ist. Allerdings haben die Beteiligten zu 1) und 2) in ihrer mündlichen Anhörung vor dem Senat erläutert, dass ihre Mutter ihnen Weihnachten 2011 angesichts ihrer schweren Erkrankung ihr Geldvermögen im Wege der Schenkung übertragen habe. Es habe sich um mündliche Erklärungen gehandelt, die durch Übergabe von 4 Sparbüchern und der Unterlagen für das Aktiendepot an den Beteiligten zu 1) sowie der Kontokarte für das Girokonto an die Beteiligte zu 2) vollzogen worden sei. Mit der betragsmäßig erheblich höheren Zuwendung an den Beteiligten zu 2) seien gleichzeitig dessen Leistungen für das gemeinsam bewohnte Hausgrundstück ausgeglichen worden. Gegen die rechtliche Wirksamkeit einer formfreien Übertragung der Forderungen der Erblasserin aus ihrer Bankverbindung bestehen zwar nach § 398 BGB keine Bedenken. Der Senat hat sich indessen nach dem Verlauf der persönlichen Anhörung der Beteiligten zu 1) und 2) nicht die volle Überzeugung davon bilden können, dass ihre Darstellung in allen Punkten sachlich zutrifft. Die geschilderte Art und Weise der Übertragung eines erheblichen Geldvermögens ausschließlich durch mündliche Erklärung am weihnachtlichen Wohnzimmertisch begegnet nicht unerheblichen Bedenken. Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass den Beteiligten zu 1) und 2) ohne eine schriftliche Unterschriftsleistung der Erblasserin ein Zugriff auf die Bankguthaben praktisch kaum möglich war, eine schriftliche Abtretungserklärung, die von der Beteiligten zu 2) unschwer hätte formuliert werden können, von der Erblasserin jedoch nicht gezeichnet worden ist.
Der Nachteil, dass eine wirksame ...