Leitsatz (amtlich)
Wird die Anerkennung einer ausländischen Entscheidung ausgesprochen, so hat dies die Erstreckung der Wirkungen, die der Entscheidungsstaat der ausländischen Entscheidung beilegt, auf das Inland zur Folge. Es erfolgt keine Aufwertung der ausländischen Entscheidung zu den Wirkungen einer vergleichbaren inländischen, sofern die ausländische Entscheidung geringere Wirkungen erzeugt (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 13.12.2011. Az. OVG 12 B 35.11, FamRZ 2012, 1911).
Soll eine anerkennungsfähige ausländische Entscheidung mit Wirkungen versehen werden, die ihr nach dem durch das ausländische Gericht angewendeten Recht nicht zukommen, bedarf es vielmehr einer erneuten Sachentscheidung.
Normenkette
ESÜ Art. 7; FamFG § 108
Verfahrensgang
AG Bottrop (Beschluss vom 27.01.2014; Aktenzeichen 13 F 258/13) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Bottrop vom 27.1.2014 - unter Zurückweisung der weiter gehenden Beschwerde - abgeändert.
Der Antragstellerin wird Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt O2 in Essen für ihren Antrag bewilligt, die in dem Urteil des AG Kursumlija/Serbien, Az.: P Nr. 30/06 vom 10.2.2006 hinsichtlich der Kinder C T, geb... und C T, geb..., getroffene Sorgerechtsentscheidung anzuerkennen.
Der weiter gehende Verfahrenskostenhilfeantrag bleibt zurückgewiesen.
Im Hinblick auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse werden monatliche Ratenzahlungen i.H.v. 60 EUR ab Mai 2014 angeordnet.
Die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren wird auf die Hälfte ermäßigt. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die Antragstellerin ist die Mutter der beiden beteiligten Kinder. Ihre am... geschlossene Ehe mit dem Kindesvater wurde durch Urteil des AG Kursumlija in Serbien vom... geschieden. Durch dieses Urteil wurde der Kindesmutter nach der vorgelegten Übersetzung des Urteils auch das Sorgerecht für die beiden gemeinsamen Kinder zugesprochen. Die Kindeseltern sind serbische Staatsbürger. Die Kindesmutter ist im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis für die Bundesrepublik Deutschland und hält sich seit April 2006 in Deutschland auf. Der Kindesvater lebt in Serbien. Die beiden beteiligten Kinder, die zuvor in Serbien von der Großmutter betreut worden waren, halten sich seit ihrer Einreise am 15.12.2012 ebenfalls in Deutschland bei der Kindesmutter auf.
Die beiden beteiligten Kinder führen derzeit Verwaltungsgerichtsverfahren gegen die Stadt C mit dem Begehren, ihnen eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen (VG Gelsenkirchen, Az. - 8 K 2186/13 und - 8 K 2187/13). Entsprechende Anträge waren zuvor von der Stadt C zurückgewiesen worden. In beiden Verwaltungsgerichtsverfahren wurden die Anträge der Kläger auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung zurückgewiesen. Den Klägern stehe kein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gem. § 32 Abs. 3 AufenthG zu. Der Kindesmutter stehe nämlich nicht das alleinige Sorgerecht zu. Ein solches setze voraus, dass dem anderen Elternteil keine substantiellen Mitentscheidungsrechte und -pflichten zustehen. Nach dem Urteil des AG Kursumlija vom 10.2.2006 seien die beiden Kinder "auf Pflege, Bewachung, Erziehung und
Unterhaltung der Mutter K anvertraut mit dem Recht des Antragstellers als Vater, die persönlichen Kontakte mit den minderjährigen Kindern zu erhalten". Im Blick auf die hinter dieser Entscheidung stehenden rechtlichen Vorgaben könne es sich nicht um die Übertragung des alleinigen Sorgerechts handeln. Nach dem serbischen Familiengesetz (FamG) handele es sich hier um eine Übertragung des selbständigen Elternrechts durch das Gericht nach Art. 77 Abs. 3 FamG. Danach würden dem anderen Elternteil substantielle Mitentscheidungsrechte nach Art. 78 Abs. 3 und 4 FamG verbleiben, nämlich das Recht und die Pflicht, Unterhalt für das Kind zu leisten, persönliche Beziehungen zu dem Kind zu unterhalten und gemeinsam und einvernehmlich mit dem Elternteil, der das Elternrecht ausübt, über die Fragen, die das Leben des Kindes treffen, zu entscheiden wie z.B. Ausbildung des Kindes, Vornahme größerer medizinischer Eingriffe, Änderung des Wohnortes, Verfügungen über das Kindesvermögen von größerem Wert. Würden dem in Serbien lebenden Vater somit wesentliche Mitentscheidungsrechte verbleiben, sei ein alleiniges Sorgerecht der Mutter i.S.d. § 32 Abs. 3 AufenthG nicht gegeben. Auch könnten sich die Kläger nicht mit Erfolg auf § 32 Abs. 4 AufenthG berufen, denn diese Rechtsgrundlage eröffne nur eine Ermessensentscheidung der Behörde. Hierbei sei zugunsten der Kläger zu berücksichtigen, dass das serbische Recht eine Übertragung des alleinigen Sorgerechts nicht kenne, Bemühungen um eine Änderung der Entscheidung bislang erfolglos geblieben seien und die beabsichtigte Ausübung des Sorgerechts durch die Mutter, wie sie nach Aktenlage erkennbar sei, nach deutschem Recht als Ausübung des alleinigen Sorgerechts zu...