Entscheidungsstichwort (Thema)
Grobe Unbilligkeit des Versorgungsausgleichs unter Berücksichtigung der beiderseitigen Vermögensverhältnisse der Parteien
Leitsatz (redaktionell)
Eine Anwendung des § 1587c Nr. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse kommt nur dann in Betracht, wenn der Berechtigte über ausreichendes anderweitiges Vermögen aus Grundbesitz oder Kapital verfügt, während der Verpflichtete auf seine Versorgung zur Sicherung seines Altersunterhalts angewiesen ist, eine uneingeschränkte Durchführung des Versorgungsausgleichs somit zu einem erheblichen wirtschaftlichen Ungleichgewicht führen würde.
Normenkette
BGB § 1587c Nr. 1
Verfahrensgang
AG Dortmund (Beschluss vom 29.04.2004; Aktenzeichen 170 F 37/91) |
Tenor
Auf die befristete Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Dortmund vom 29. April 2004 abgeändert.
Von dem Rentenversicherungskonto der Antragstellerin bei der Bundesversicherungsanstalt … werden monatliche Rentenanwartschaften in Höhe von 291,49 EUR, bezogen auf den 31.12.1990, übertragen auf das Rentenversicherungskonto des Antragsgegners bei der Bundesversicherungsanstalt …. Die Umrechnung der zu übertragenden Rentenanwartschaften in Entgeltpunkte wird angeordnet.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden bei einem Wert des Beschwerdeverfahrens von 3.497,88 EUR gegeneinander aufgehoben.
Tatbestand
I.
Die Parteien schlossen am 26.9.1975 die Ehe im Güterstand der Gütertrennung. Die am 30.7.1937 geborene Antragstellerin war selbständige Kauffrau, sie betrieb als Gesellschafterin mehrere Textilgeschäfte. Der Antragsgegner war selbständiger Zahnarzt.
Zum Zeitpunkt des Eheschlusses hatte der Antragsgegner Schulden, während die Vermögensbilanz der Antragstellerin einen Aktivsaldo aufwies.
Die Antragstellerin trennte sich am 3.7.1988 von dem Antragsgegner, wobei das am 20.4.1979 geborene Kind … bei ihr blieb und von ihr betreut wurde. Am 13.12.1989 zahlte die Antragstellerin für den Antragsgegner 13.788 DM an das Versorgungswerk der Zahnärztekammer … vor dem Hintergrund, dass wegen rückständiger Beitragszahlungen ein Pfändungsbeschluss gegen den Antragsgegner erwirkt worden war. Zur Sicherheit behielt sie Schmuck des Antragstellers zurück.
Der Scheidungsantrag wurde am 29.1.1991 zugestellt.
Der Antragsgegner erwarb während der Ehezeit eine – nicht dem Versorgungsausgleich unterliegende – Kapitalversorgung bei dem Versorgungswerk der Zahnärztekammer … von 253.522,10 DM (Auskunft des Versorgungswerkes vom 22.4.1991), die aus Pflichtbeiträgen gebildet worden war; weitere Altersversorgungen waren bei ihm nicht zu verzeichnen.
Die Antragstellerin erwarb ehezeitliche Rentenanwartschaften bei der Bundesversicherungsanstalt … von monatlich 582,97 EUR (Auskunft der BfA vom 3.2.2004), wobei sie seit dem 1.8.2002 eine Vollrente wegen Alters von monatlich 1.012,65 EUR bezieht.
Der Antragsgegner gab nach Zustellung des Scheidungsantrages am 31.3.1991 seine Zahnarztpraxis auf, veräußerte sie für 10.000 DM und ließ sich, was aufgrund der Aufgabe der zahnärztlichen Tätigkeit möglich war, seine Kapitalversorgung beim Versorgungswerk der Zahnärztekammer am 3.4.1991 auszahlen.
In der Folgezeit arbeitete er – wenn überhaupt – überwiegend nur noch im Geringverdienerbereich. Seit dem 1.2.2004 bezieht er eine – nicht während der Ehezeit erworbene – Regelaltersrente von der BfA in Höhe von 155,01 EUR monatlich. Auf den seit dem 1.1.1990 für das eheliche Kind … titulierten Kindesunterhalt zahlte der Antragsgegner seit August 1991 nichts mehr; Zwangsvollstreckungen in der Folgezeit brachten keinen Erfolg.
Das Familiengericht hat das den Versorgungsausgleich betreffende Verfahren abgetrennt und die Ehe der Parteien durch Urteil vom 4.5.1993, rechtskräftig seit dem 18.6.1993, geschieden.
Zu der Frage, ob der Versorgungsausgleich auszuschließen sei, hat es ein Sachverständigengutachten über Entwicklung der Vermögensverhältnisse der Parteien eingeholt. Der Sachverständige Dr. … ist zu dem Ergebnis gekommen, dass sich zum Zeitpunkt der Eheschließung am 26.9.1975 der Vermögensstand des Antragsgegners nicht feststellten lasse, während die Antragstellerin über einen Vermögensüberschuss von 361.687,80 EUR verfügt habe.
Zum Zeitpunkt der Trennung am 3.7.1988 habe der Schuldenüberschuss des Antragsgegners 257.473 EUR betragen, während sich der Vermögensüberschuss der Antragstellerin auf 462.084,85 EUR belaufen habe.
Unter Berücksichtigung der ausgezahlten Kapitalversorgung habe der Antragsgegner am 3.4.1991 einen Schuldenüberschuss von 264.388,56 EUR gehabt, während bei der Antragstellerin ein Vermögensüberschuss von 182.135,44 EUR zu verzeichnen sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Sachverständigengutachtens vom 15.10.2003 verwiesen.
Das Familiengericht hat durch den angefochtenen Beschluss den Versorgungsausgleich gem. § 1587 c Nr. 1 BGB ausgeschlossen.
Zur Begründung hat es unter anderem ausgeführt: Es sei willkürlich und mit dem verfassungs...