Verfahrensgang
LG Essen (Aktenzeichen 6 O 156/20) |
Tenor
Der Aussetzungsantrag des Klägers wird zurückgewiesen.
Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen.
Es wird dem Kläger Gelegenheit gegeben, binnen drei Wochen nach Zugang dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.
Gründe
I. Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Im Ergebnis zurecht hat das Landgericht die Klage abgewiesen.
Allerdings scheitert die Klage nicht an einer fehlenden Aktivlegitimation, da die Sicherungsabreden zum Darlehensvertrag (Bl. 41 der erstinstanzlichen Papierakte, im Folgenden: GA I-41) deliktische Ansprüche im Hinblick auf den Abschluss des Kaufvertrages nicht umfassen. Ebenso wenig kann mit der gegebenen Begründung die Kausalität im Hinblick auf die vorgenommene Anschlussfinanzierung verneint werden (vgl. BGH Urt. v. 16.12.2021 - VII ZR 389/21, NJW 2022, 1674 Rn. 16-20; BGH Urt. v. 11.4.2022 - VIa ZR 135/21, BeckRS 2022, 8782 Rn. 8); insoweit hätte jedenfalls entsprechend den Beweisangeboten der Parteien Beweis zur Kausalität erhoben werden müssen.
Die übrigen Einwendungen des Klägers insbesondere hinsichtlich der behaupteten unzulässigen (prüfstandsbezogenen) Abschalteinrichtung(en) und der sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung sowie der Schutzgesetzverletzung, bezüglich derer zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Berufungsbegründung (Bl. 106 ff. der zweitinstanzlichen elektronischen Gerichtsakte, im Folgenden: eGA II-106 ff.) verwiesen wird, greifen jedoch nicht durch, so dass die Klage im Ergebnis gleichwohl abzuweisen ist.
1. Es besteht insbesondere kein Anspruch aus § 826 BGB auf den geltend gemachten Minderwert.
a) Der Kläger hat bereits keine objektiv sittenwidrigen Handlung der Beklagten oder ihr zurechenbarer Personen dargelegt.
Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde eine Pflicht verletzt und einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann. Schon zur Feststellung der objektiven Sittenwidrigkeit kann es daher auf Kenntnisse, Absichten und Beweggründe des Handelnden ankommen, die die Bewertung seines Verhaltens als verwerflich rechtfertigen. Die Verwerflichkeit kann sich auch aus einer bewussten Täuschung ergeben. Insbesondere bei mittelbaren Schädigungen kommt es ferner darauf an, dass den Schädiger das Unwerturteil, sittenwidrig gehandelt zu haben, gerade auch in Bezug auf die Schäden desjenigen trifft, der Ansprüche aus § 826 BGB geltend macht (statt aller BGH Beschl. v. 21.3.2022 - VIa ZR 334/21, BeckRS 2022, 10201 Rn. 18 m.w.N.; BGH Beschl. v. 29.9.2021 - VII ZR 126/21, BeckRS 2021, 33038 Rn. 10 m.w.N.).
Nach diesen Grundsätzen kann ein objektiv sittenwidriges Handeln eines Fahrzeugherstellers nicht allein daraus abgeleitet werden, dass in dem vom ihm hergestellten Fahrzeug Einrichtungen vorhanden sind, die die Abgasemissionen beeinflussen und möglicherweise - was unterstellt werden kann - als unzulässige Abschalteinrichtungen im Sinne von Art. 5 Abs. 2 VO (EG) Nr. 715/2007 zu qualifizieren sind. Der darin liegende Gesetzesverstoß ist für sich genommen nicht geeignet, den Einsatz emissionsbeeinflussender Einrichtungen im Verhältnis zum Fahrzeugerwerber als besonders verwerflich erscheinen zu lassen. Hierfür bedarf es vielmehr weiterer Umstände. Die Annahme von Sittenwidrigkeit setzt jedenfalls voraus, dass die verantwortlich handelnden Personen bei der Entwicklung und / oder Verwendung der emissionsbeeinflussenden Einrichtungen in dem Bewusstsein handelten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, und den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf nahmen. Fehlt es hieran, ist bereits der objektive Tatbestand der Sittenwidrigkeit nicht erfüllt (vgl. statt aller BGH Beschl. v. 21.3.2022 - VIa ZR 334/21, BeckRS 2022, 10201 Rn. 19 m.w.N.).
aa) Der Kläger trägt nur mit Blick auf das (unstreitig vorhandene) Thermofenster und die (unstreitig vorhanden gewesene) Reduzierung der AdBlue-Einspritzung ab einer Restreichweite von weniger als 2.400 km hinreichend substantiiert vor, dass der streitgegenständliche Motor EA897Gen2evo im streitgegenständlichen Fahrzeug zum Kaufzeitpunkt mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet war.
Der vorliegend unstreitig in den streitgegenständlichen Pkw01 200 kW (Schadstoffklasse Euro 6) eingebaute Motor EA897Gen2evo verfügt unstreitig nicht über eine Prüfstanderkennung im Sinne der für den Motor EA189 vorgehaltenen Umschaltlogik.
Der Kläger stellt insoweit als unzulässige Abschalteinrichtungen vielmehr konkret in den Raum, dass ein Therm...