Leitsatz (amtlich)
Verfahrensgang
LG Bochum (Entscheidung vom 28.01.2003) |
Tenor
Der Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bochum vom 28. Januar 2003 wird aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bochum zurückverwiesen.
Gründe
I.
Durch Urteil des Landgerichts Bochum vom 16. Juni 1998 ist gegen den Untergebrachten die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet worden. Als Anlasstaten hat das Landgericht insgesamt 25 Sachbeschädigungen festgestellt.
Der Untergebrachte, der sich zunächst in Untersuchungshaft befunden hat, war seit dem 11. November 1997 vorläufig gemäß § 126 a StPO untergebracht. Nach Rechtskraft des Urteils vom 16. Juni 1998 befindet er sich in der Unterbringung.
Durch den angefochtenen Beschluss hat die Strafvollstreckungskammer im Verfahren nach § 67 d StGB die Fortdauer der Unterbringung angeordnet; sie hat in Aussicht gestellt, im Juli 2003 die Notwendigkeit der weiteren Unterbringung zum 1. August 2003 zu prüfen. Die Strafvollstreckungskammer hat im Prüfungsverfahren einen Sachverständigen nicht gehört, sondern hat ihre Entscheidung auf eine Stellungnahme des Westfälischen Zentrums für Psychiatrie und Psychotherapie in Bochum gestützt. Der Untergebrachte macht mit seiner sofortigen Beschwerde insbesondere geltend, dass inzwischen der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verletzt sei. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht Bochum, das, da eine endgültige Sachentscheidung noch nicht ergangen ist, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden haben wird.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat ihren Aufhebungsantrag wie folgt begründet:
Die gem. §§ 463 Abs. 3, 454 Abs. 3 StPO, § 67 d Abs. 2 StGB statthafte und rechtzeitig innerhalb der Frist des § 311 Abs. 2 StPO eingelegte sofortige Beschwerde ist zulässig und hat auch in der Sache einen - zumindest vorläufigen - Erfolg.
Die Strafvollstreckungskammer hat die Verfahrensvorschrift des § 454 Abs. 2 StPO nicht eingehalten, die nach § 463 Abs. 3 S. 3 StPO in den Fällen des § 67 d Abs. 2 StGB auch unabhängig von den in § 454 Abs. 2 StPO genannten Straftaten anzuwenden ist. Sie hat es nämlich unterlassen, vor ihrer Entscheidung das Gutachten eines Sachverständigen einzuholen und diesen mündlich anzuhören, obwohl ein entsprechender Verzicht weder durch den Untergebrachten noch durch die Staatsanwaltschaft erklärt worden ist.
Selbst wenn die Strafvollstreckungskammer die Entlassung des Untergebrachten von Anfang an nicht in Betracht gezogen hat, konnte von der Einholung des Sachverständigengutachtens und der mündlichen Anhörung des Sachverständigen nicht abgesehen werden. Dem steht auch der Wortlaut des § 463 Abs. 3 S. 3 i. V. m. § 454 Abs. 2 StPO nicht entgegen, wonach das Gericht ein Gutachten nur einholt, wenn es erwägt, die weitere Vollstreckung der Maßregel zur Bewährung auszusetzen. Ob eine Entlassung in Betracht kommt, kann in den Fällen des § 63 StGB in aller Regel erst aufgrund eines Sachverständigengutachtens beurteilt werden. Die oben genannte Einschränkung rechtfertigt sich allein aus den Vorschriften der §§ 57, 57 a StGB, wonach die vorzeitige Entlassung eines Verurteilten noch von weiteren rechtlichen Voraussetzungen abhängig gemacht wird. Deren Prüfung soll der Frage der Einschaltung eines Sachverständigen vorgeschaltet sein, um zeitraubende und kostspielige Begutachtungen, auf die es aus Rechtsgründen dann gegebenenfalls doch nicht ankommt, zu vermeiden. Bei einer Unterbringung nach § 63 StGB kommt dieser Gesichtspunkt jedoch regelmäßig nicht zum Tragen, weil jeder Untergebrachte im Falle seiner Heilung oder Ungefährlichkeit sofort aus der Unterbringung zu entlassen ist. Die Frage der Heilung oder Ungefährlichkeit eines wegen psychischer Erkrankung Untergebrachten kann jedoch zulässig nur durch einen Sachverständigen beurteilt werden (zu vgl. OLG Koblenz, StV 1999, 496). Daher ist die Strafvollstreckungskammer vor einer Entscheidung über die Aussetzung der weiteren Vollstreckung einer Unterbringung zur Bewährung generell zur Einholung eines Sachverständigengutachtens verpflichtet (zu vgl. OLG Celle, StV 1999, 384, 385).
Die durch die StA Bochum eingeholte Stellungnahme der behandelnden Ärzte des Westfälischen Zentrums für Psychiatrie und Psychotherapie in Bochum vermag das danach erforderliche Gutachten nicht zu ersetzen. Ein Gutachten erfordert eine umfassende und in sich nachvollziehbare Darstellung des Erkenntnis- und Wertungsprozesses des Begutachtenden. Hierzu gehört di...