Leitsatz (amtlich)

Setzen sich im Grundbuch eingetragene Miterben in einem gerichtlichen Vergleich durch gegenseitige Zuweisung des Eigentums an einer Immobilie auseinander, so reicht die wechselseitig erklärte Zustimmung zur Löschung ihrer Eintragung nicht aus, um im Grundbucheintragungsverfahren den nach § 20 GBO erforderlichen urkundlichen Nachweis der erfolgten Auflassung führen zu können.

 

Normenkette

BGB § 925 Abs. 1; GBO § 20

 

Verfahrensgang

AG Minden (Beschluss vom 16.02.2015; Aktenzeichen HL-405-8)

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahrens wird auf 32.500 EUR festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Als Eigentümer des oben näher bezeichneten Grundstücks sind der Beteiligte zu 3) zu ½ Anteil und hinsichtlich des weiteren ½ Anteils die Beteiligten zu 1), 2) und 3) in Erbengemeinschaft eingetragen. Die Beteiligten schlossen vor dem LG Bielefeld (8 O 475/10) am 10.8.2012 einen gerichtlichen Vergleich, der nach Ziff. 1 der Auseinandersetzung der zwischen ihnen bestehenden Erbengemeinschaft diente. In Ziff. 1a ist bestimmt, dass der Beteiligte zu 1) eine näher bezeichnete Immobilie in C, der Beteiligte zu 3) den soeben genannten Miteigentumsanteil "erhält". Nach einer Reihe weiterer Vereinbarungen über die Durchführung der Auseinandersetzung heißt es in Ziff. 1l:

"Der Kläger (hier: der Beteiligte zu 1) und Herr G (hier: der Beteiligte zu 2) stimmen der Löschung ihrer Eintragung im Grundbuch von I ... zu."

Spiegelbildlich dazu stimmten in Ziff. 1 m die Beteiligten zu 2) und 3) ihrer Löschung in dem für das Grundstück in C geführten Grundbuch zu.

Mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 18.9.2014 hat der Beteiligte zu 3) beantragt, die Beteiligten zu 1) und 2) als Miteigentümer zu löschen. Zur Begründung hat er angeführt, die Beteiligten zu 1) und 2) hätten ihm in dem von dem LG Bielefeld beurkundeten Vergleich vom 10.8.2012 im Wege der Auflassung das Alleineigentum an dem Grundstück übertragen (8 O 475/10), wie sich aus der beigefügten Ausfertigung des Vergleichs ergebe.

Mit Beschluss vom 16.2.2015 hat das Grundbuchamt den als Antrag auf Eigentumsumschreibung ausgelegten Antrag zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der von dem Beteiligten zu 3) vorgelegte Vergleich enthalte keine Auflassungserklärungen der Beteiligten gem. § 20 GBO, §§ 873, 925 BGB. Diese könnten dem Vergleich auch nicht im Wege der Auslegung nach § 133 BGB mit der für den Grundbuchverkehr erforderlichen Sicherheit entnommen werden.

Der gegen diesen Beschluss gerichteten Beschwerde hat das Grundbuchamt mit Beschluss vom 16.3.2015 nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die zulässige Beschwerde ist in der Sache unbegründet.

Das Grundbuchamt hat den Eintragungsantrag vom 18.9.2014 zutreffend dahin ausgelegt, dass er auf eine rechtsändernde Eintragung des Eigentumswechsels auf den Beteiligten zu 3) gerichtet ist. Dies folgt trotz der Bezeichnung des Vorgangs im Antrag als Löschung der Eintragung der Beteiligten zu 1) und 2) als eingetragene Eigentümer in Erbengemeinschaft aus der Begründung, die maßgeblich darauf aufbaut, der gerichtliche Vergleich enthalte als Ergebnis der gebotenen Auslegung eine Auflassung des Miteigentums (§ 925 Abs. 1 BGB) an den Beteiligten zu 3).

Im Falle der Auflassung eines Grundstücks bzw. eines Miteigentumsanteils muss nach § 20 GBO die erforderliche Einigung (§ 925 BGB) in der Form des § 29 GBO dem Grundbuchamt nachgewiesen werden (materiell-rechtliches Konsenzprinzip). Materiell-rechtlich ist zur Übertragung eines Miteigentumsanteils, der zu einer Gesamthandsgemeinschaft von Miterben gehört, die dingliche Einigung sämtlicher Miterben (§ 2040 Abs. 1 BGB) auf der einen Seite und des Beteiligten zu 3) als Erwerber andererseits erforderlich. Bereits in diesem Ausgangspunkt ist die Darstellung des Beteiligten zu 3) korrekturbedürftig, der von der Erforderlichkeit eines Rechtsgeschäfts lediglich zwischen ihm und den Beteiligten zu 1) und 2) andererseits ausgeht.

Das Grundbuchamt hat zu Recht festgestellt, dass durch den gerichtlichen Vergleich vom 10.8.2012 eine Einigung mit dem so erforderlichen Inhalt grundbuchverfahrensrechtlich nicht hinreichend nachgewiesen ist. Der Wortlaut des Vergleichs enthält, wovon der Beteiligte zu 3) selbst ausgeht, keine Formulierung, die eine Einigung über eine dingliche Übertragung des Miteigentumsanteils von den Beteiligten zu 1) bis 3) als Miterben auf den Beteiligten zu 3) als Alleineigentümer enthält. In diesem Sinn kann der Vergleich auch nicht ausgelegt werden, und zwar unter Berücksichtigung der folgenden Einschränkungen für die Auslegung, die sich aus den Besonderheiten des Grundbuchverfahrensrechts ableiten:

Der Grundbuchverkehr erfordert klare und ausdrückliche Erklärungen, die den Willen des Erklärenden unzweideutig erkennen lassen, ohne dass das Grundbuchamt genötigt wäre, diesen Willen erst aus dem Zusammenhang als möglich zu folgern. Stillschweigende oder schlüssige Wi...

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