Leitsatz (amtlich)

1. Wird im Ordnungsmittelverfahren gegen eine juristische Person nach § 890 ZPO Ordnungshaft oder Ersatzordnungshaft festgesetzt, ist der organschaftliche Vertreter der juristischen Person, an dem die Haft vollzogen werden soll, im Ordnungsmittelbeschluss namentlich zu benennen.

2. Die Haft ist an demjenigen organschaftlichen Vertreter zu vollziehen, der zum Zeitpunkt der Zuwiderhandlung amtierte.

3. Endet die Organstellung einer Person nach der Zuwiderhandlung (und ggf. auch vor der Ordnungsmittelfestsetzung), steht dies der Haftvollziehung an dieser Person nicht entgegen. Dem ausgeschiedenen organschaftlichen Vertreter ist allerdings im Ordnungsmittelfestsetzungsverfahren rechtliches Gehör zu gewähren.

 

Normenkette

ZPO § 890

 

Verfahrensgang

LG Bochum (Beschluss vom 15.01.2015; Aktenzeichen 14 O 117/14)

 

Tenor

I. Entscheidung im Beschwerdeverfahren I-4 W 61/15

Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin zu 1) gegen den Ordnungsmittelbeschluss der 14. Zivilkammer - Kammer für Handelssachen - des LG Bochum vom 15.01.2015 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die in dem angefochtenen Beschluss angeordnete Ersatzordnungshaft im Falle der Nichtbeitreibbarkeit des Ordnungsgeldes an dem ehemaligen Geschäftsführer der Schuldnerin zu 1), P, zu vollziehen ist.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Schuldnerin zu 1).

II. Entscheidung im Beschwerdeverfahren I-4 W 17/16

Die sofortige Beschwerde des Schuldners zu 2) gegen den Ordnungsmittelbeschluss der 14. Zivilkammer - Kammer für Handelssachen - des LG Bochum vom 08.10.2015 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Schuldner zu 2).

 

Gründe

A. Das LG verurteilte - jeweils unter Androhung von Ordnungsmitteln - die Schuldnerin zu 1), es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr unter der Bezeichnung "Klinik S" zu werben, ohne durch deutliche Zusätze klarzustellen, dass es sich um ein Belegkrankenhaus handelt, und den Schuldner zu 2), es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für seine ärztlichen Leistungen mit der Aussage zu werben "Es gibt keine hoffnungslosen Fälle", wenn dies geschieht wie in einer auf Seite 3 der Urteilsurschrift bildlich wiedergegebenen Zeitungsanzeige.

I. Mit Beschluss vom 15.01.2015 verhängte das LG gegen die Schuldnerin zu 1) wegen einer Zuwiderhandlung gegen die oben bezeichnete Unterlassungsverpflichtung ein Ordnungsgeld in Höhe von 5.000,00 EUR, ersatzweise für den Fall der Nichtbeitreibbarkeit für jeweils 250,00 EUR Ordnungsgeld einen Tag Ordnungshaft, "zu vollstrecken an dem Geschäftsführer der Schuldnerin zu 1)".

Gegen diesen Beschluss legte Rechtsanwältin I in N mit Schriftsatz vom 23.01.2015 im Namen der Schuldnerin zu 1) sofortige Beschwerde ein.

Das LG half dieser sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 09.04.2015 nicht ab. Dieses Rechtsmittel ist Gegenstand des Beschwerdeverfahrens I-4 W 61/15.

II. Mit Beschluss vom 08.10.2015 verhängte das LG gegen den Schuldner zu 2) wegen einer Zuwiderhandlung gegen die oben bezeichnete Unterlassungsverpflichtung ein Ordnungsgeld in Höhe von 5.000,00 EUR, ersatzweise für den Fall der Nichtbeitreibbarkeit für jeweils 250,00 EUR Ordnungsgeld einen Tag Ordnungshaft.

Gegen diesen Beschluss legte Rechtsanwältin I mit Schriftsatz vom 29.10.2015 im Namen des Schuldners zu 2) sofortige Beschwerde ein.

Das LG half dieser sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 28.01.2016 nicht ab. Dieses Rechtsmittel ist Gegenstand des Beschwerdeverfahrens I-4 W 17/16.

B. I. Beschwerdeverfahren I-4 W 61/15

1. Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden. Auch im Übrigen bestehen keine Bedenken gegen die Zulässigkeit des Rechtsmittels. Insbesondere teilt der Senat die vom LG in seinem Nichtabhilfebeschluss geäußerten Bedenken gegen das Bestehen einer Verfahrensvollmacht der Schuldnerin zu 1) für Rechtsanwältin I nicht. Bestandteil der dem Senat vorliegenden Akten ist eine während des Erkenntnisverfahrens vorgelegte und von dem damaligen Geschäftsführer der Schuldnerin zu 1), dem Schuldner zu 2), unter dem 17.07.2014 sowohl im eigenen Namen als auch im Namen der Schuldnerin zu 1) unterzeichnete (Prozess-)Vollmachtsurkunde (Blatt 43 der Gerichtsakte). Hierin wird Rechtsanwältin I bevollmächtigt, die Schuldnerin zu 1) in der "Zwangsvollstreckung einschließlich der aus ihr erwachsenden besonderen Verfahren" zu vertreten (Ziffer 13. des Vollmachtstextes) sowie Rechtsmittel einzulegen (Ziffer 11. des Vollmachtstextes). Es ist nicht ersichtlich, dass diese Vollmacht nachträglich erloschen ist. Der Geschäftsführerwechsel bei der Schuldnerin zu 1) im Dezember 2014 ließ den Bestand der Vollmacht unberührt. Dem vom Gläubiger vorgelegten Schreiben der (beiden) Schuldner vom 11.12.2014 (Blatt 183-184 der Gerichtsakte) lässt sich auch nichts Gegenteiliges entnehmen.

2. Das Rechtsmittel hat in der Sache allerdings keinen Erfolg.

a) Das LG ist zu Recht von einer schuldhaften Zuwiderhandlung gegen die im Urteil ausgesprochene Unterlassungsverpflichtung ausgegangen. Die...

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