Entscheidungsstichwort (Thema)
Beurkundung der Geburt eines Kindes bei unbekannter Identität seiner Eltern ausländischer Staatsangehörigkeit
Leitsatz (amtlich)
Kann der Standesbeamte die Identität der ausländischen Eltern eines in Deutschland geborenen Kindes nicht feststellen, so können in Anwendung des Annäherungsgrundsatzes in den Geburtseintrag die Namen der Mutter und des Kindes aus der Geburtsanzeige mit einem klarstellenden Zusatz des Inhalts übernommen werden, dass die Vor- und Familiennamen der Mutter und des Kindes nicht festgestellt werden konnten.
Verfahrensgang
LG Arnsberg (Beschluss vom 19.11.2003; Aktenzeichen 6 T 320/03) |
AG Arnsberg (Beschluss vom 29.09.2003; Aktenzeichen 23 III A 67/03) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Auf die sofortige Erstbeschwerde des Beteiligten wird der Beschluss des AG vom 29.9.2003 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Standesbeamte des Standesamtes M. wird angewiesen, die Geburt des Kindes im Geburtenbuch in der Weise zu beurkunden, dass nur die Mutter und das Kind in den Geburtseintrag aufgenommen und dabei die aus der Geburtsanzeige ersichtlichen Vor- und Familiennamen der Mutter und der Vorname des Kindes mit dem klarstellenden Zusatz übernommen werden, dass der Vor- und Familienname der Mutter und des Kindes ebenso wie die ausländische Staatsangehörigkeit der Mutter nicht festgestellt werden konnten.
Gründe
I. Am 22.1.2003 wurde im T. in M. ein Knabe geboren. Die Geburt des Kindes wurde dem Standesbeamten des Standesamtes M. von dem Krankenhaus schriftlich am 28.1.2003 angezeigt. Darin sind als Mutter des Kindes Frau H. und als ihr Ehemann und Vater des Kindes Herr A., beide mit einem Geburtsort in G. und angeblich russischer Staatsangehörigkeit, schließlich der Vorname des Kindes mit X., sein Familienname mit A., verzeichnet. Bei einer Vorsprache bei dem Standesbeamten am 6.2.2003 erklärten die beteiligten Eltern übereinstimmend, am 10.9.1998 in W. (Russland) die Ehe geschlossen zu haben; es handele sich um das dritte aus ihrer Ehe hervorgegangene Kind. Sie seien weder im Besitz von Identitätsnachweisen (Nationalpässen) noch Personenstandsurkunden (Heiratsurkunden, Geburtsurkunden). Mehrere Aufforderungen des Standesbeamten, die erforderlichen Urkunden bei der Botschaft oder dem Konsulat ihres Heimatlandes zu beschaffen, blieben unbeantwortet. Der Standesbeamte hat am 14.8.2003 durch Rücksprache bei der Ausländerbehörde festgestellt, dass die dort geführten Vorgänge keinerlei Nachweise über die Staatsangehörigkeit der beteiligten Eltern bzw. sonst zur Aufklärung ihrer Identität verwertbare Urkunden (Geburtsurkunden o. dgl.) enthielten. Zu diesem Zeitpunkt hielten sich die Beteiligten mit dem Kind bereits seit sechs Wochen nicht mehr in der ihnen zugewiesenen Unterkunft in einem Übergangsheim auf und waren von Amts wegen abgemeldet worden.
Der Standesbeamte hat mit Schreiben vom 26.8.2003 die Sache dem AG zur Entscheidung vorgelegt, weil er Zweifel habe, ob und ggf. mit welchem Inhalt die Geburt des Kindes im Geburtenbuch einzutragen sei. Wegen fehlender Nachweise könnten weder die Angaben über die Mutter, die gewünschte Namensführung des Kindes noch der Vater festgestellt werden. Der Beteiligte hat als Standesamtsaufsichtsbehörde mit Schreiben vom 26.8.2003 die Vorlage an das AG weitergeleitet.
Das AG hat durch Beschluss vom 29.9.2003 den Standesbeamten angewiesen, folgenden Geburtseintrag vorzunehmen:
"Am 22.1.2003 ist um 06 Uhr 47 Minuten in M. ein Knabe geboren worden. Vor- und Familienname des Kindes stehen nicht fest.
Eingetragen auf schriftliche Anzeige des T.-Krankenhauses."
Gegen diesen Beschluss hat der Beteiligte mit Schreiben vom 9.10.2003 sofortige Beschwerde eingelegt. Das LG hat durch Beschluss vom 19.11.2003 in Abänderung der Entscheidung des AG den Standesbeamten angewiesen, "gem. analog § 26 PStG eine Entscheidung der zuständigen Verwaltungsbehörde betreffend Geburtsort, Geburtstag und betreffend die Bestimmung des Vor- und Familiennamens des Kindes einzuholen und die Eintragung so vorzunehmen, wie die Anordnung der Verwaltungsbehörde lautet."
Gegen diese Entscheidung richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten, die er mit Schreiben vom 11.12.2003 bei dem OLG eingelegt hat.
II. Die sofortige weitere Beschwerde ist nach den §§ 49 Abs. 1 S. 1 PStG, 27, 29 FGG statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt. Der Beteiligte ist in seiner Eigenschaft als Standesamtsaufsichtsbehörde gem. § 49 Abs. 2 PStG unabhängig von einer eigenen Beschwer zur Einlegung des Rechtsmittels befugt.
In der Sache ist das Rechtsmittel begründet, weil die Entscheidung des LG auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 27 Abs. 1 S. 1 FGG). Die weitere Beschwerde führt zur Wiederherstellung der vom AG ausgesprochenen Anweisung an den Standesbeamten zur Vornahme eines Geburtseintrags, allerdings in einer inhaltlich geänderten Fassung.
In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das LG zutreffend von einer zulässigen sofortigen Erstbeschwerde des...