Leitsatz (amtlich)
1. Eine Entscheidung des Familiengerichts, durch die im Wege einer vorläufigen Anordnung der Mutter eines Kindes gemäß § 1628 BGB die alleinige Entscheidungsbefugnis über die Ausschlagung einer ihm angefallenen Erbschaft übertragen wird, wird mit der Bekanntgabe an die Mutter wirksam.
2. Die Wirksamkeit der Entscheidung wird nicht dadurch berührt, dass später im Hauptsacheverfahren die vorläufige Anordnung aufgehoben und der Antrag der Mutter zurückgewiesen wird.
Normenkette
BGB § 1628; FGG § 16 Abs. 1; ZPO § 621 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
LG Bielefeld (Aktenzeichen 25 T 719/01) |
AG Herford (Aktenzeichen 5 VI 411/01) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird mit Ausnahme der Wertfestsetzung aufgehoben.
Auf die erste Beschwerde der Beteiligten zu 1) vom 24.10.2001 wird der Beschluss des AG vom 18.10.2001 ebenfalls aufgehoben.
Das AG wird angewiesen, der Beteiligten zu 1) einen Erbschein zu erteilen, der sie als alleinige Erbin des Erblassers ausweist.
Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde findet nicht statt.
Der Gegenstandswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 140.000Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligte zu 1) ist die Ehefrau des Erblassers, mit der er im gesetzlichen Güterstand gelebt hat. Aus der Ehe sind vier Kinder hervorgegangen, nämlich S.O., C.N. geb. O., M.O. sowie St.O. Alle Kinder des Erblassers haben durch Erklärungen ggü. dem Nachlassgericht vom 10., 12. und 17.7.2001 die Erbschaft ausgeschlagen. Enkelkinder des Erblassers sind vorhanden aus der Ehe des Herrn M.O. und seiner Ehefrau …, diese haben durch Erklärungen vom 17.7.2001 die Erbschaft auch namens ihrer minderjährigen Kinder ausgeschlagen. Der minderjährige Beteiligte zu 2) ist ein weiterer Enkel des Erblassers. Er stammt aus der Ehe der Frau C.N. und ihres Ehemannes …, die der Senat am Verfahren der weiteren Beschwerde als Eltern des Kindes hinzugezogen hat; die Eheleute leben getrennt.
Frau C.N. hat in ihrer Ausschlagungserklärung vom 12.7.2001 die Erbschaft zugleich auch in Vertretung für den Beteiligten zu 2) ausgeschlagen. Nachdem ihr Ehemann sich geweigert hat, diese Erklärung seinerseits zu genehmigen, hat Frau C.N. bei dem FamG Herford am 20.8.2001 beantragt, ihr die Entscheidungsbefugnis über die Ausschlagung der Erbschaft für den Beteiligten zu 2) allein zu übertragen und wegen des bevorstehenden Ablaufs der Ausschlagungsfrist ihr eine inhaltsgleiche Entscheidungsbefugnis im Wege vorläufiger Anordnung zu übertragen. Das FamG Herford hat durch Beschluss vom 22.8.2001 im Wege der vorläufigen Anordnung die Entscheidungsbefugnis über eine Ausschlagung der Erbschaft durch den Beteiligten zu 2) der Antragstellerin übertragen (14 F 753/01 AG Herford). Dieser Beschluss ist den Verfahrensbevollmächtigten der Kindesmutter per Telefax am 23.8.2001 übermittelt worden. Diese hat daraufhin durch eine bei dem Nachlassgericht am 23.8.2001 eingegangene notariell beglaubigte Erklärung vom selben Tage unter Bezugnahme auf die Entscheidung des FamG in gesetzlicher Vertretung des Beteiligten zu 2) die Erbschaft erneut ausgeschlagen.
Der Beschluss des FamG ist dem Kindesvater am 27.8.2001 förmlich zugestellt worden. Auf dessen Antrag hat das FamG das Verfahren in der Hauptsache fortgeführt. Nach Beweiserhebung über die zwischen den Beteiligten streitige Frage einer Überschuldung des Nachlasses hat das FamG durch Beschluss vom 7.12.2001 die vorläufige Anordnung vom 22.8.2001 aufgehoben und den Antrag der Kindesmutter sachlich zurückgewiesen.
Die Beteiligte zu 1) hat in notarieller Urkunde vom 1.8.2001 die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der sie nach gesetzlicher Erbfolge als Alleinerbin des Erblassers ausweisen soll. Zur Begründung hat sie sich auf ihr gesetzliches Ehegattenerbrecht sowie auf die Ausschlagungserklärungen der Kinder und Enkelkinder bezogen. Der Erblasser sei einziges Kind seiner vorverstorbenen Eltern gewesen; auch seine Großeltern seien vorverstorben.
Das AG hat durch Beschluss der Rechtspflegerin vom 18.10.2001 den Erbscheinsantrag unter Hinweis darauf zurückgewiesen, in dem bei dem FamG noch anhängigen Hauptsacheverfahren sei über eine Aufrechterhaltung der vorläufigen Anordnung noch zu entscheiden.
Gegen diesen Beschluss hat die Beteiligte zu 1) mit Schriftsatz des Urkundsnotars Beschwerde mit der Begründung eingelegt, eine rückwirkende Aufhebung der der Kindesmutter übertragenen vorläufigen Entscheidungsbefugnis komme ohnehin nicht in Betracht. Das LG hat nach Erlass der abschließenden Entscheidung des FamG durch Beschluss vom 17.12.2001 die Beschwerde zurückgewiesen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1), die sie mit Schriftsatz des Urkundsnotars vom 15.1.2002 bei dem LG eingelegt hat.
Die Mutter des Beteiligten zu 2) unterstützt das Rechtsmittel, der Kindesvater beantragt seine Zurückweisung.
II. Die weitere Beschwerde ist nach § 27 Abs. 1 FGG statthaft sowie gem. § 29 Abs. 1 S. 3 FGG formgerecht eingelegt. Die Beschwer...