Leitsatz (amtlich)

Eine Befreiung von der Pflicht zur Vorlage eines Ehefähigkeitszeugnisses gem. § 1309 Abs. 2 BGB kommt grundsätzlich erst in Betracht, wenn die Verlobten den ihnen zumutbaren Schritt unternommen haben, die Anerkennung eines deutschen Scheidungsurteils durch das Gericht des Heimatlandes herbeizuführen (wie OLG Köln StAZ 1989, 260).

 

Normenkette

BGB § 1309; EGBGB Art. 13

 

Tenor

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung wird zurückgewiesen.

Der Gechäftswert des Verfahrens wird auf 500 Euro festgesetzt.

Der Antrag des Beteiligten zu 1) auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Der Beteiligte zu 1) ist jugoslawischer Staatsangehöriger aus dem Kosovo. Er beabsichtigt, die am 18.9.1977 in Frankreich geborene deutsche Staatsangehörige aus M. zu heiraten. Diese war in erster Ehe mit dem im Kosovo geborenen jugoslawischen Staatsangehörigen Herrn M. verheiratet. Ihre am 15.8.1997 in Osnabrück geschlossene Ehe ist durch das seit dem 1.7.2002 rechtskräftige Urteil des AG Osnabrück geschieden worden.

Nach Anmeldung der Eheschließung hat der Beteiligte zu 1) am 14.8.2002 zur Niederschrift des Standesbeamten des Standesamtes Münster beantragt, ihm Befreiung von der Beibringung des Ehefähigkeitszeugnisses zu erteilen, da sein Heimatstaat kein Ehefähigkeitszeugnis ausstelle.

Der Beteiligte zu 2) hat mit Verfügung vom 16.8.2002 den Standesbeamten um Mitteilung gebeten, ob der geschiedene Ehegatte der Frau R. noch jugoslawischer Staatsangehöriger sei; in diesem Falle müsste nämlich das Scheidungsurteil des AG Osnabrück durch das zuständige jugoslawische Gericht anerkannt werden, weil andernfalls nach dem für den Beteiligten zu 1) maßgeblichen jugoslawischen Recht das Ehehindernis des Verbots der Doppelehe bestehe. Gegebenenfalls müsse daher eine rechtskräftige Entscheidung des jugoslawischen Gerichts herbeigeführt und nachgereicht werden.

Demgegenüber hat der Beteiligte zu 1) die Auffassung vertreten, durch das rechtskräftige Scheidungsurteil sei das Ehehindernis der Doppelehe nicht mehr gegeben. Auf Grund von Art. 13 Abs. 2 Nr. 3 EGBGB sei deutsches Recht anzuwenden, weil die Versagung der Eheschließung mit der Eheschließungsfreiheit unvereinbar sei und es darauf ankomme, ob die Scheidung im Inland anerkannt werde.

Mit Schreiben vom 10.9.2002 hat der Beteiligte zu 2) darauf hingewiesen, Art. 13 Abs. 2 EGBGB könne nicht angewandt werden, weil die dort genannte Voraussetzung, dass die Verlobten die ihnen zumutbaren Schritte zur Erfüllung der Voraussetzungen der Eheschließung unternehmen müssten, nicht erfüllt seien. Das Betreiben des Anerkennungsverfahrens sei dem Beteiligten zu 1) zumutbar, weil in vergleichbaren Fällen regelmäßig Anerkennungsentscheidungen jugoslawischer Gerichte über deutsche Scheidungsurteile vorgelegt würden. Nachdem der Beteiligte zu 1) daraufhin um die Übersendung eines rechtsmittelfähigen Bescheids gebeten hat, hat der Beteiligte zu 2) mit Verfügung vom 14.10.2002 den Antrag auf Befreiung von der Beibringung eines Ehefähigkeitszeugnisses zurückgewiesen.

Mit Schreiben vom 21.11.2002 hat der Beteiligte zu 1) einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt. Der Beteiligte zu 2) hat hierzu Stellung genommen.

II. Der Antrag des Beteiligten zu 1) auf gerichtliche Entscheidung ist zulässig. Nach § 1309 Abs. 2 BGB kann der PräsOLG, in dessen Bezirk der Standesbeamte, bei dem die Eheschließung angemeldet ist, seinen Sitz hat, Befreiung von dem Erfordernis eines Ehefähigkeitszeugnisses nach Abs. 1 der genannten Vorschrift erteilen. Lehnt er eine Befreiung ab, so ist hiergegen ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung an das OLG nach §§ 23 ff. EGGVG gegeben (Palandt/Brudermüller, BGB, 62. Aufl., § 1309 Rz. 14). Die Frist des § 26 Abs. 1 EGGVG ist gewahrt.

Der Antrag ist jedoch unbegründet.

Da der Beteiligte zu 1) jugoslawischer Staatsangehöriger ist und die Voraussetzungen der Eheschließung für ihn gem. Art. 13 Abs. 1 EGBGB jugoslawischem Recht unterliegen, benötigt er nach § 1309 Abs. 1 BGB für die Eheschließung mit seiner deutschen Verlobten ein Zeugnis seines Heimatstaates, dass der Eheschließung nach jugoslawischem Recht kein Ehehindernis entgegensteht. Dieses Zeugnis kann der Beteiligte zu 1) nicht beibringen, weil die jugoslawischen Behörden ihren aus dem Kosovo stammenden Staatsangehörigen derzeit kein Ehefähigkeitszeugnis ausstellen (vgl. Palandt/Brudermüller, BGB, 62. Aufl., § 1309 Rz. 9). Daher kann der Beteiligte zu 2) dem Beteiligten zu 1) unter den Voraussetzungen des § 1309 Abs. 2 BGB Befreiung von der Beibringung dieses Zeugnisses erteilen. In diesem Rahmen hat er an Stelle der ausländischen Behörde zu prüfen, ob der Verlobte nach seinem Heimatrecht die beabsichtigte Ehe eingehen darf oder ob ihr Ehehindernisse entgegenstehen (vgl. BGHZ 56, 180; OLG Köln StAZ 1989, 260; Palandt/Brudermüller, BGB, 62. Aufl., Rz. 13).

Der Beteiligte zu 2) hat mit zutreffender Begründung ausgeführt, die Voraussetzungen für die Befreiung von der Beibringung eines Ehefähigkeitszeugnisses l...

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