Leitsatz (amtlich)
1. Eine Kostenentscheidung gemäß § 494a Abs. 2 Satz 1 ZPO kommt in einem selbständigen Beweisverfahren dann nicht in Betracht, wenn die Hauptsacheklage zwar nicht innerhalb der gemäß § 494a Abs. 1 ZPO gesetzten Frist, aber noch vor Erlass der Kostenentscheidung erhoben wird.
2. Dies gilt auch dann, wenn die Hauptsacheklage erst während des wegen der Kostenentscheidung durchgeführten Beschwerdeverfahrens vor Erlass der Beschwerdeentscheidung erhoben wird. Die Kostenentscheidung ist dann auf die Beschwerde hin aufzuheben und der Kostenantrag zurückzuweisen (Anschluss an OLG Köln, Beschuss vom 04.01.2022 - 11 W 50/21, NJW 2022, 1537 und LG Lübeck, Beschluss vom 31.03.2021 - 7 T 127/21, NZBau 2021, 791).
Verfahrensgang
LG Münster (Aktenzeichen 212 OH 5/21) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragsteller werden der Beschluss der 12. Zivilkammer des Landgerichts Münster vom 29.11.2023 aufgehoben und der Antrag des Antragsgegners zu 1 auf Erlass einer Kostenentscheidung gemäß § 494a Abs. 2 ZPO zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsgegner zu 1.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die Antragsteller wehren sich gegen die Auferlegung von Kosten in einem selbständigen Beweisverfahren zur Feststellung - unter anderem - von dem Antragsgegner zu 1 angeblich verursachter Mängel im Rahmen der vollständigen Sanierung ihrer Eigentumswohnung.
Auf Antrag des Antragsgegners zu 1 wurde den Antragstellern mit Beschluss des Landgerichts vom 21.04.2023 gemäß § 494a Abs. 1 ZPO eine Frist zur Klageerhebung binnen vier Wochen ab Zustellung des Beschlusses, die am 27.04.2023 erfolgte, gesetzt; auf Antrag vom 25.05.2023, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag, wurde diese Frist von dem Landgericht mit Verfügung vom 26.05.2023 um 14 Tage verlängert.
Nachdem eine Hauptsacheklage zunächst nicht erhoben wurde, beantragte der Antragsgegner zu 1 mit Schriftsatz vom 10.10.2023 den Erlass einer Kostenentscheidung gemäß § 494a Abs. 2 Satz 1 ZPO.
Noch vor Erlass der angefochtenen Entscheidung ging die Klageschrift der Antragsteller vom 07.11.2023 am 08.11.2023 bei Gericht - 210 O 71/23 LG Münster - ein. Diese Klageschrift schließt mit der maschinenschriftlich eingefügten Bezeichnung der Sozietät der Prozessvertreter der Antragsteller sowie dem Namen des sachbearbeitenden Rechtsanwalts K., über dessen besonderes elektronisches Anwaltspostfach die Klageschrift auch übermittelt wurde. Die mit der Klageschrift verbundene qualifizierte elektronische Signatur stammt indes von einem anderen Rechtsanwalt der Sozietät, Rechtsanwalt J.. Auf die unter dem 23.11.2023 erfolgte, am 27.11.2023 für die elektronisch geführte Gerichtsakte eingescannte Vorschussrechnung zahlten die Antragsteller den Gerichtskostenvorschuss für das Klageverfahren am 22.12.2023 bei der Gerichtskasse ein. Die Zustellung der Klage an den Antragsgegner zu 1 erfolgte sodann am 04.01.2024.
Aufgrund der zu diesem Zeitpunkt noch vertretenen Rechtsauffassung des Landgerichts, wonach eine nach Ablauf der gemäß § 494a Abs. 1 ZPO gesetzten Frist erhobene Hauptsacheklage eine Kostenentscheidung nach § 494a Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht hindern könne, hat das Landgericht den Antragstellern mit dem angefochtenen Beschluss vom 29.11.2023, den Antragstellern zugestellt am 30.11.2023, die dem Antragsgegner zu 1 in dem selbständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten auferlegt.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragsteller vom 13.12.2023, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag. Zur Begründung vertreten sie die Auffassung, dass die angefochtene Kostenentscheidung nicht hätte erlassen werden dürfen, weil sie - die Antragsteller - vor Erlass der Entscheidung Klage eingereicht hätten und die Kostenentscheidung bereits durch eine anhängige Klage gehindert würde und Rechtshängigkeit derselben nicht zwingend erforderlich sei.
Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
Die zulässige sofortige Beschwerde sei unbegründet. Eine Kostenentscheidung gemäß § 494a Abs. 2 Satz 1 ZPO sei dann nicht mehr zulässig, wenn die Hauptsacheklage zwar nicht innerhalb der Frist gemäß § 494a Abs. 1 ZPO, aber noch vor dem Erlass der Kostenentscheidung erhoben würde. Vorausgesetzt sei insoweit jedoch die Rechtshängigkeit der Hauptsacheklage, wobei gegebenenfalls auch § 167 ZPO Anwendung finden würde. Rechtshängigkeit sei indes auch unter Berücksichtigung von § 167 ZPO erst am 04.01.2024 eingetreten. Die Zustellung sei nämlich nicht mehr demnächst erfolgt, da den Antragstellern im Hinblick auf die vor Zustellung erforderliche Einzahlung des Kostenvorschusses eine Verzögerung von mehr als 14 Tagen anzulasten sei. Insoweit sei, selbst wenn man berücksichtige, dass die Kostenrechnung erst am 27.11.2023 signiert und an die Prozessvertreter der Antragsteller versandt worden sei, davon auszugehen, dass diese jedenfalls bis zum 30.11.2023 an die Antragsteller weitergeleitet worden sei. Der Vor...