Verfahrensgang
AG Herne (Aktenzeichen 17 F 154/16) |
Tenor
I. Der Senat weist darauf hin, dass er beabsichtigt, im Verfahren gem. § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG ohne mündliche Verhandlung sowohl der Beschwerde der Antragstellerin als auch der Anschlussbeschwerde des Antragsgegners jeweils stattzugeben.
II. Für die Beteiligten besteht Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung dieses Hinweisbeschlusses.
Gründe
A. Der Senat beabsichtigt, gem. § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG ohne mündliche Verhandlung über die Beschwerde der Antragstellerin und die Anschlussbeschwerde des Antragsgegners zu entscheiden, da eine solche im ersten Rechtszug bereits erfolgt ist und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind. Die wechselseitigen Rechtsmittel haben bereits nach dem schriftlichen Vorbringen der Beteiligten jeweils voraussichtlich Erfolg.
B. Die Beschwerde der Antragstellerin ist nach den §§ 58 ff., 117 FamFG zulässig, insbesondere statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt worden. Die Anschlussbeschwerde des Antragsgegners ist gem. den §§ 66, 117 Abs. 2 S. 1 FamFG, 524 Abs. 2 S. 2 ZPO statthaft und fristgerecht innerhalb der vom Senat gesetzten Beschwerdeerwiderungsfrist erhoben worden.
C. Beide Rechtsmittel erscheinen nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand als auch in der Sache begründet. Entgegen dem angefochtenen Beschluss dürfte der Antragstellerin gegen den Antragsgegner wegen der Abhebungen von dem gemeinsamen Girokonto in einer Gesamthöhe von 45.000,00 EUR der geltend gemachte Gesamtgläubigerinnenausgleichsanspruch aus § 430 BGB i. H. v. 22.500,00 EUR zustehen, während der von ihr zudem geltend gemachte und vom Familiengericht i. H. v. 4.748,68 EUR zugesprochene Gesamtschuldnerinnenausgleichsanspruch aus § 426 Abs. 1 BGB durch die - allerdings nunmehr erstmals im Beschwerdeverfahren hinreichend bestimmt erklärte - Aufrechnung des Antragsgegners gem. den 387 ff. BGB mit Nutzungsentschädigungsansprüchen aus § 1361b Abs. 3 S. 2 BGB bzw. § 745 Abs. 2 BGB erloschen sein dürfte.
I. Das Familiengericht dürfte den Gesamtgläubigerinnenausgleichsanspruch der Antragstellerin wegen der Abhebungen des Antragsgegners von dem gemeinsamen Girokonto im Ergebnis zu Unrecht mit der Begründung zurückgewiesen haben, dass angesichts der im Jahr 2012 erfolgten Einzahlung von 91.500,00 EUR auf das Girokonto aus dem Verkauf einer seinerzeit im Alleineigentum des Antragsgegners stehenden Eigentumswohnung aus der "Natur der Sache" - d. h. der besonderen Gestaltung des tatsächlichen Geschehens - im Innenverhältnis der Beteiligten eine Abweichung von der Halbteilung geboten sei.
1. Die Regel, dass Gesamtgläubigern gem. § 430 BGB gleiche Anteile zustehen, trifft beim Oder-Konto im Verhältnis zwischen Ehegatten grundsätzlich zu (vgl. BGH, NJW 1990, S. 705; NJW 2000, S. 2347; Palandt-Grüneberg, BGB, 75. Aufl., § 430 Rn. 2). Allerdings ist bei intakter Ehe bzgl. eines Oder-Girokontos, von dem im Wesentlichen die gemeinsamen Lebenshaltungskosten bestritten werden, i. d. R. konkludent durch tatsächliches Handeln eine andere Bestimmung i. S. d. genannten Norm getroffen, dass also keine hälftige Ausgleichspflicht besteht, wobei die andere Bestimmung im Zweifel von demjenigen zu beweisen ist, der sich auf sie beruft (vgl. BGH, NJW-RR 1993, S. 2; BFH, NJW 2008, S. 254; Palandt-Grüneberg, a.a.O., § 430 Rn. 2). Nach der endgültigen Trennung von Ehegatten kann nicht länger von einem stillschweigenden Verzicht auf die hälftige Teilhabe und auf die sich im Falle der Abhebung eines übersteigenden Teils ergebende Ausgleichspflicht ausgegangen werden. Zudem können auch eigenmächtige Abhebungen eines Ehegatten zur Vorbereitung der Trennung eine - im Zweifel hälftige - Ausgleichspflicht gegenüber dem anderen Ehegatten begründen (OLG Köln, NJW-RR 1999, S. 1090 ff.; OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.01.1999, 11 U 67/98, FamRZ 1999, S. 1504 ff., auch juris; Palandt-Grüneberg, a.a.O., § 430 Rn. 2). Dabei kommt es auf die Herkunft der abgehobenen Beträge in diesem Zusammenhang nicht an, denn § 430 BGB gilt unabhängig davon, von wem und aus wessen Mitteln das Kontoguthaben begründet und weiter finanziert worden ist; gerade bei Ehegatten sind hierfür während intakter Ehe vielfältige und für Dritte nicht einsehbare Motive denkbar (vgl. BGH, NJW 1990, S. 705; OLG Düsseldorf, FamRZ 1999, S. 1504, 1505, Rn. 8).
2. An diesem Maßstab gemessen geht der Senat bei vorläufiger Beurteilung von der hälftigen Ausgleichspflicht des Antragsgegners gegenüber der Antragstellerin i. H. v. 22.500,00 EUR aus § 430 BGB aus, denn der Antragsgegner dürfte nicht hinreichend dargelegt und bewiesen haben, dass bzgl. der Abhebungen über insgesamt 45.000,00 EUR eine andere Bestimmung in dem o. g. Sinne greift.
a) Der Senat ist ebenso wie das Familiengericht der Überzeugung, dass es sich bei den drei Abhebungen zu je 15.000,00 EUR - allesamt vom 27.01.2015 - von dem gemeinsamen Oder-Girokonto der Beteiligten (Kontoauszug Bl. 123 d. A.) um von...