Entscheidungsstichwort (Thema)
Inhalt des Testamentsvollstreckungszeugnisses
Leitsatz (amtlich)
1. Der Zusatz in einem Testamentsvollstreckerzeugnis "Der Erblasser hat angeordnet, dass die Testamentsvollstreckung beschränkt ist auf die Abwicklung des Nachlasses." begründet die Unrichtigkeit des so erteilten Zeugnisses i.S.d. § 2361 Abs. 1 BGB; das Zeugnis muss eingezogen werden.
2. Eine durch Testamentsauslegung festgestellte Befreiung des Testamentsvollstreckers von dem Verbot des § 181 BGB kann nicht als die Erweiterung seiner Verfügungsbefugnis in das Testamentsvollstreckerzeugnis aufgenommen werden.
Verfahrensgang
LG Bochum (Beschluss vom 16.12.2003; Aktenzeichen 7 T 229/03) |
AG Recklinghausen (Aktenzeichen 9a VI 363/03) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Auf die erste Beschwerde der Beteiligten zu 1) wird das AG angewiesen, das unter dem Datum vom 7.8.2003 erteilte Testamentsvollstreckerzeugnis als unrichtig einzuziehen.
Im Übrigen wird die Sache zur erneuten Entscheidung über den Antrag der Beteiligten zu 1) auf Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses an das AG zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert des Verfahrens der ersten und der weiteren Beschwerde wird auf 3.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten sind die Kinder der Erblasserin. Diese errichtete am 16.8.1999 ein privatschriftliches Testament, in dem sie zunächst ihre drei Kinder zu Erben einsetzte. Im Anschluss an Teilungsanordnungen heißt es in dem Testament weiter:
"N soll alles abwickeln, da sie sich am Besten auskennt. ... Zuvor bekommt N für die Aufteilungsarbeit und Haushaltsauflösung 10.000 DM und mein Auto."
Die Beteiligte zu 1) hat am 9.7.2003 zur Niederschrift des Rechtspflegers des AG Essen-Borbeck die Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses beantragt. Der Beteiligte zu 2) hat der Erteilung des Zeugnisses mit der Maßgabe zugestimmt, dass sich die Testamentsvollstreckung auf die Abwicklung des Nachlasses beschränke. Das AG Recklinghausen hat der Beteiligten zu 1) unter dem Datum vom 7.8.2003 ein Testamentsvollstreckerzeugnis erteilt, das nach der Bescheinigung ihrer Ernennung zur Testamentsvollstreckerin den Zusatz enthält: "Der Erblasser hat angeordnet, dass die Testamentsvollstreckung beschränkt ist auf die Abwicklung des Nachlasses."
Gegen die Erteilung des Zeugnisses mit diesem Inhalt hat die Beteiligte zu 1) mit Schreiben vom 13.8.2003 Beschwerde mit dem Ziel der Einziehung des Zeugnisses als unrichtig (§ 2361 BGB) eingelegt. Zur Begründung hat sie geltend gemacht, der zitierte Zusatz in dem Testamentsvollstreckerzeugnis lasse auf eine Beschränkung der Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers schließen, die jedoch nicht der in dem Testament getroffenen Verfügung entspreche, durch die einschränkungslos eine Testamentsvollstreckung entsprechend dem gesetzlichen Regeltypus einer Auseinandersetzungsvollstreckung angeordnet sei. Mit weiterem Schriftsatz vom 4.9.2003 hat die Beteiligte zu 1) zusätzlich beantragt, das AG zur Erteilung eines Zeugnisses anzuweisen, das eine Befreiung des Testamentsvollstreckers von den Beschränkungen des § 181 BGB ausweist.
Das LG hat durch Beschluss vom 16.12.2003 die Beschwerde als unzulässig verworfen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1), die sie mit Schriftsatz ihres Vefahrensbevollmächtigten vom 31.1.2004 bei dem LG eingelegt hat.
II. Die weitere Beschwerde ist nach den §§ 27, 29 FGG statthaft sowie formgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 1) folgt bereits daraus, dass das LG ihre erste Beschwerde als unzulässig verworfen hat.
In der Sache ist das Rechtsmittel begründet, weil das LG die erste Beschwerde der Beteiligten zu 1) zu Unrecht als unzulässig erachtet hat. Die erste Beschwerde ist ausdrücklich auf die Einziehung des erteilten Testamentsvollstreckerzeugnisses als inhaltlich unrichtig gerichtet. Die Beteiligte zu 1) strebt nach ihrem weiteren Schriftsatz vom 4.9.2003 ferner Neuerteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses an, das anstelle des von ihr beanstandeten nunmehr den Zusatz enthalten soll, sie sei im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Die Beurteilung der Zulässigkeit der Erstbeschwerde unterliegt der uneingeschränkten Nachprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht (vgl. Keidel/Meyer-Holz, FG, 15. Aufl., § 27 Rz. 15). Die Kammer hat ihre Entscheidung dahin begründet, der Beteiligten zu 1) fehle die nach § 20 Abs. 1 FGG erforderliche Beschwerdebefugnis, weil sie durch den von ihr beanstandeten Zusatz in dem Testamentsvollstreckerzeugnis in ihren Rechten nicht beeinträchtigt werde. Denn das Zeugnis gebe die Rechtslage in Bezug auf die Rechtsstellung der Beteiligten zu 1) als durch das Testament der Erblasserin vom 16.8.1999 berufene Testamentsvollstreckerin zutreffend wieder.
Der Senat kann dieser Auffassung nicht folgen. Ausgehend von seinem eigenen Rechtsstandpunkt hätte das LG vielmehr die erste Beschwerde der Beteiligten zu 1) als zulässig ...