Leitsatz (amtlich)

In den Fällen, in denen sich kreuzenden Fahrbahnen eine Fußgängerfurt vorgelagert ist, gehört auch diese mit dem Fußgängerüberweg zum geschützten Kreuzungsbereich einer Lichtzeichenanlage .Ein Rotlichtverstoß ist deshalb bereits beim Einfahren in die Fußgängerfurt vollendet. Auf die Frage, ob die Fußgänger im Bereich der Fußgängerfurt zum Zeitpunkt des Einfahrens in diese ebenfalls Rotlicht hatten, kommt es nicht an.

 

Verfahrensgang

AG Gütersloh (Entscheidung vom 06.02.2003)

 

Tenor

  • 1.

    . Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen und die Sache dem Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen (Entscheidung der als Einzelrichterin befassten Richterin am Oberlandesgericht ).

  • 2.

    Die Rechtsbeschwerde wird als unbegründet verworfen.

  • 3.

    Der Betroffene trägt die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht Gütersloh hat den Betroffenen wegen fahrlässiger Begehung einer Ordnungswidrigkeit gemäß §§ 37 Abs. 2, 49 StVO, § 24 StVG zu einer Geldbuße von 125,00 Euro verurteilt.

Dazu hat das Amtsgericht folgende Feststellungen getroffenen:

"Am 15.05.02 befuhr der Betroffene gegen 08:56 Uhr als Führer des Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen XXXXXXX in Gütersloh die Brockhäger Str. L 782 in Fahrtrichtung B 61. Der Verkehr an der Kreuzung zur B 61 ist durch Lichtzeichenanlagen geregelt. Die Fahrbahn der L 782 in Richtung B 61 ist in 4 Fahrspuren, nämlich eine Rechtsabbiegerspur, eine Geradeausfahrspur und zwei Linksabbiegerspuren aufgeteilt.

Für alle Fahrspuren gilt eine einheitliche Haltelinie. Etwa 1 Meter hinter der Haltelinie ist durch eine gestrichelte Linie der Beginneiner Fußgängerfurt abgegrenzt.

Auf der Geradeausfahrspur und den zwei Linksabbiegerspuren sind jeweils 2 Meter hinter der Haltelinie in Fahrtrichtung B 61 gesehen jeweils Induktionsschleifen in die Fahrbahn eingelassen. Auf der Geradeausspur befindet sich 17,6 m hinter der ersten, auf der rechten Linksabbiegerspur 12,8 m hinter der ersten, auf der linken Linksabbiegerspur 8,8 m hinter der ersten jeweils eine zweite Induktionsschleife.

Die Ampelmasten befinden sich auf der rechten Straßenseite 4 Meter, auf der Linken 3,5 Meter von der Haltelinie entfernt. Die Gelbphase dauert für alle Fahrspuren 3 Sekunden.

Der Betroffene befuhr die Geradeausspur. Er passierte mit seinem Fahrzeug die erste Induktionsschleife, als die für ihn geltende Lichtzeichenanlage 45,04 Sekunden Rotlicht zeigte. Die zweite Induktionsschleife überfuhr er jedoch nicht mehr. Er kam vielmehr zu Stehen, als er die die Fußgängerfurt passiert, aber die B 61 noch nicht erreicht hatte.

An der LZA ist eine Rotlichtüberwachungsanlage vom Typ Traffiphot III der Fa. Traffipax eingebaut, die ausweislich der Eichbescheinigung des Eichamtes Düsseldorf vom 22.06.02 am 21.06.02 geeicht worden ist. Das Ende der Eichgültigkeit wurde auf den 31.12.03 bestimmt.

Ausweislich des Standortprotokolls arbeitete die Anlage zum Tatzeitpunkt störungsfrei. Die im Fahrbahnbereich eingefrästen Induktionsschleifen befand sich in einem technisch einwandfreien Zustand. ..."

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, deren Zulassung er beantragt. Er ist unter Hinweis auf die Entscheidungen des OLG Celle vom 08.07.1997 (ZfS 1997, 355) und des Bayerischen Oberlandesgerichts abgedruckt in VRS 103, S. 107 der Auffassung, dass die Nachprüfung des Urteils zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung bzw. zur Fortbildung des Rechts geboten sei. Während das OLG Celle in einer entsprechenden Fallkonstellation einen qualifizierten Rotlichtverstoß abgelehnt und stattdessen lediglich einen Verstoß gegen § 41 Abs. 3 Nr. 2 StVO angenommen habe, stütze sich das angefochtene Urteil zu Unrecht auf die genannte Entscheidung des Bayerischen Oberlandesgerichts, bei dem in einer vergleichbaren Fallkonstellation ein qualifizierter Rotlichtverstoß verwirklicht gesehen worden sei. In der obergerichtlichen und höchstrichterlichen Rechtsprechung sei die gegebene Fallkonstellation nicht hinreichend geklärt. Zu Gunsten des Betroffenen habe das Amtsgericht davon ausgehen müssen, dass der Bereich der Fußgängerfurt nicht durch das für den Betroffenen geltende Rotlicht geschützt sei. Weil die Lichtzeichenanlage für die Fußgängerfurt wegen des Grünlichts für die Linksabbieger Rotlicht gezeigt habe, habe auch keine abstrakte Gefährdung anderer bestanden. Dem Betroffenen sei mithin kein Rotlichtverstoß, sondern lediglich ein Verstoß gegen § 41 Abs. 3 Nr. 2 StVO anzulasten.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, den Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde als unbegründet zu verwerfen.

II.

1. (Entscheidung der Einzelrichterin R'in OLG gemäß § 80 a Abs. 2 Nr. 2 OWiG)

Die Rechtsbeschwerde war zuzulassen, weil es gemäß § 80 Abs. 1 Nr. 1 OWiG geboten ist, das Urteil zur Fortbildung des Rechts nachzuprüfen. Der vorliegende Einzelfall gibt Veranlassung, die Frage des geschützten Verkehrsbereichs vor einer mehrspurigen Straße, deren Verkehr durch unterschiedliche Lichtsignale verschiedener Lichtz...

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