Leitsatz (amtlich)

Eine Bestrafung wegen vorsätzlichen Vergehens nach § 316 StGB setzt voraus, dass der Fahrzeugführer seine alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit erkennt oder zumindest mit ihr rechnet und sie billigend in Kauf nimmt (vgl. Senat, NZV 1998, 291 m. w. N. ). Die Feststellung der Kenntnis der Fahruntüchtigkeit als innere Tatsache hat der Tatrichter auf der Grundlage des Ergebnisses der Hauptverhandlung unter Heranziehung und Würdigung aller Umstände zu treffen. Bei einem insoweit bestreitenden Angeklagten müssen die für die Überzeugungsbildung des Tatgerichts verwendeten Beweisanzeichen lückenlos zusammengefügt und unter allen für ihre Beurteilung maßgebenden Gesichtspunkten gewürdigt werden.

 

Tenor

Das angefochtene Urteil wird mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Münster - Strafrichter - zurückverwiesen.

 

Gründe

I. Das Amtsgericht Münster hat den Angeklagten durch das angefochtene Urteil wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr zu einer Geldstrafe von 35 Tagessätzen zu je 130, 00 DM verurteilt. Außerdem hat es ihm die Fahrerlaubnis entzogen, seinen Führerschein eingezogen und die Verwaltungsbehörde angewiesen, ihm vor Ablauf von fünf Monaten keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen.

Das Amtsgericht hat festgestellt, dass der Angeklagte in den Abendstunden des 15. März 2000 mit Freunden ein Düsseldorfer Restaurant aufgesucht habe. Der Angeklagte, der zu diesem Treffen mit seinem Pkw Daimler-Chrysler S 320, amtliches Kennzeichen D - PE 5, gefahren sei und der im Rahmen des geselligen Beisammenseins Alkohol konsumiert habe, habe mit seiner Tochter vereinbart, dass diese ihn habe abholen und zu seiner Düsseldorfer Wohnung bringen sollen. Vereinbarungsgemäß habe sich seine Tochter im Laufe des Abends telefonisch gemeldet, und sie hätten vereinbart, dass sich der Angeklagte bei ihr melden werde, wenn er abgeholt werden wolle. Als er den Zeitpunkt des Aufbruchs für gekommen gehalten habe, habe er vergeblich versucht, seine Tochter telefonisch zu erreichen. Deshalb habe der Angeklagte, wie bereits früher in ähnlichen Situationen auch, einen Taxifahrer bestellt, der ihn mit seinem, des Angeklagten Pkw nach Hause gefahren habe. Fest stehe weiter, dass der Angeklagte später in alkoholisiertem Zustand von Düsseldorf aus u. a. die Bundesautobahn A 1 in Fahrtrichtung Bremen befahren und diese Fahrt solange fortgesetzt habe, bis im Tank des Fahrzeugs kein Benzin mehr vorhanden gewesen sei und er in der Nothaltebucht bei BAB-Kilometer 271, 200 in Münster gegen 1. 50 Uhr habe anhalten müssen. Die ihm um 2. 26 Uhr entnommene Blutprobe habe eine Blutalkoholkonzentration von 1, 71 %o aufgewiesen.

Der Angeklagte hat gegen dieses Urteil rechtzeitig zunächst Berufung eingelegt, nach Zustellung des Urteils am 6. Oktober 2000 jedoch mit dem am 27. Oktober 2000 beim Amtsgericht Münster eingegangenen Schriftsatz seines Verteidigers vom 24. Oktober 2000 erklärt, dass das Rechtsmittel als Revision durchgeführt werden solle. Zugleich ist die Rüge der Verletzung materiellen Rechts erhoben worden, die ausführt, die getroffenen Feststellungen trügen eine Verurteilung wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr nicht.

Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt wie erkannt.

II.

Die zulässige (Sprung-)Revision hat auf die erhobene Sachrüge einen zumindest vorläufigen Erfolg. Die getroffenen Feststellungen tragen eine Verurteilung wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr nicht.

Zur Frage des Vorsatzes des Angeklagten bei Tatbegehung hat das Amtsgericht folgende Feststellungen getroffen:

"Die alkoholbedingte absolute Fahruntüchtigkeit hatte auch für den Angeklagten bemerkbar in dessen Fahrverhalten Ausdruck gefunden, da dieser mehrfach in Schlangenlinien fuhr. Bereits in Höhe des Kamener Kreuzes war der Angeklagte aufgrund seiner unkontrollierten Fahrweise von der Fahrbahn abgekommen und in den Grünstreifen geraten, es gelang ihm aber, den PKW wieder auf die Fahrspur zu richten. Obwohl dem Angeklagten dieses auf seine alkoholische Beeinflussung beruhende Lenkmanöver nicht verborgen blieb, setzte er seine Fahrt bis zur späteren Anhaltestelle fort. In Höhe der Bundesautobahnanschlussstelle Münster-Nord fuhr er erneut in Schlangenlinien, was er auch bemerkte. Der Angeklagte hätte seine Fahrt weiter fortgesetzt, wenn er sich nicht durch den Benzinmangel zum Anhalten genötigt gesehen hätte. " (S. 4 U. A. ) . . . "Der Angeklagte wurde dann von den Polizeibeamten G. und H. auf dem Standstreifen haltend angetroffen. Bei Annäherung der Beamten an seinen PKW stieg der Angeklagte aus und kam auf den Zeugen Heckmann zu. Da dieser in der Atemluft des Angeklagten deutlichen Alkoholgeruch wahrnahm, wurde ein Alco-Test durchgeführt, der positiv verlief. Auf Vorhalt seitens des Zeugen Heckmann räumte der Angeklagte den voraufgegangenen Alkoholkonsum ein. Im übrigen verhielt sich der Angeklagte im Gespräch mit dem Zeugen Heckmann ...

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