Leitsatz (amtlich)
1. Die Ersetzung der Einwilligung des anderen Elternteils in die Einbenennung eines Kindes gem. § 1618 Satz 4 BGB setzt eine umfassende Abwägung der - grundsätzlich gleichrangigen - Kindes- und Elterninteressen voraus. Dabei ist stets zu prüfen, ob die Trennung des Namensbandes aus Gründen des Kindeswohls unabdingbar notwendig ist. Es müssen konkrete Umstände vorliegen, die das Kindeswohl gefährden, so dass die Einbenennung unerlässlich ist, um Schäden von dem Kind abzuwenden (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 24.10.2001 - XII ZB 88/99 - FamRZ 2002, 94; Beschluss vom 30.01.2002 - XII ZB 94/00 - FamRZ 2002, 1331; Beschluss vom 10.03.2005 - XII ZB 153/03 - FamRZ 2005, 889; Abgrenzung zu OLG Frankfurt, Beschluss vom 18.12.2019 - 1 UF 140/19 -, FamRZ 2020, 591).
2. Eine bestehende Namensverschiedenheit trifft grundsätzlich jedes Kind, das aus einer geschiedenen Ehe stammt und bei einem wiederverheirateten Elternteil lebt, der den Namen des neuen Ehepartners angenommen hat. Bloße Unannehmlichkeiten infolge der Namensverschiedenheit und der Notwendigkeit, diese auf Nachfragen zu erklären, vermögen die Erforderlichkeit einer Namensänderung daher ebenso wenig zu begründen wie der bloße Wunsch des Kindes, ausbleibende Kindesunterhaltszahlungen des anderen Elternteils oder der Umstand, dass kein Umgang mit dem anderen Elternteil stattfindet.
3. Die Einbenennung ist als zusätzliches Integrationsmittel ferner dann nicht erforderlich, wenn das Kind bereits unter seinem bisherigen Namen ausreichend in die "Stieffamilie" integriert ist (im Anschluss an OLG Dresden, Beschluss vom 11.04.2014 - 22 UF 833/13 -, FamRZ 2014, 1853)
Normenkette
BGB § 11618
Verfahrensgang
AG Essen-Borbeck (Aktenzeichen 11 F 63/19) |
Tenor
1. Die Beschwerde der Kindesmutter gegen den am 06.11.2019 erlassenen Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Essen-Borbeck (Az. 11 F 63/19) wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
2. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Mit ihrem zu Protokoll der Rechtsantragstelle des Amtsgerichts vom 15.04.2019 erklärten Antrag begehrt die Kindesmutter für das betroffene Kind die Ersetzung der Einwilligung des Kindesvaters zur Namensänderung in den Familiennamen L.
Es liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Kindeseltern haben am 01.06.2007 geheiratet und leben seit dem 22.07.2008 getrennt. Die Kindesmutter ist am 15.02.2009 aus der Ehewohnung ausgezogen. Aus der Ehe der Kindeseltern ist das 18.12.2007 geborene Kind E (nachfolgend: das Kind) hervorgegangen, welches den damaligen Ehenamen der Kindeseltern ("X") trägt. Mit Verbundurteil vom 24.06.2010 hat das Amtsgericht - Familiengericht - Pforzheim (Az. 1 F 109/09) die Ehe der Kindeseltern geschieden und die elterliche Sorge für das Kind der Kindesmutter zur alleinigen Ausübung übertragen. Umgangskontakte zwischen dem heute 12 Jahre alten Kind und dem Kindesvater finden seit März 2018 nicht mehr statt.
Die Kindesmutter hat am 18.01.2019 erneut geheiratet und führt seitdem den Familiennamen L. Aus ihrer Ehe mit Herrn L ist zwischenzeitlich eine im Mai 2019 geborene Tochter hervorgegangen. Vor diesem Hintergrund wünschen die Kindesmutter, ihr Ehemann und das beteiligte Kind, einen gemeinsamen Namen zu tragen.
Zur Begründung hat die Kindesmutter erstinstanzlich im Wesentlichen geltend gemacht, der Kindesvater habe im März 2018 anlässlich der bevorstehenden Hochzeit mit ihrem jetzigen Ehemann ursprünglich zugesagt, der beabsichtigten Einbenennung zustimmen zu wollen, diese Zusage dann aber nicht eingehalten. Er befinde sich aufgrund seiner Drogenabhängigkeit - nach wie vor - in einem Methadonprogramm, wechsele häufig seinen Wohnsitz und wirke nicht mit.
Die Änderung des Familiennamens sei für das Wohl des Kindes erforderlich. Aufgrund der Drogenproblematik des Kindesvaters, welche auch der Grund für die Trennung der Kindeseltern sowie die Übertragung der elterlichen Sorge auf sie allein gewesen sei, habe in der Vergangenheit lediglich begleiteter Umgang in der Weise stattgefunden, dass das Kind ein oder zwei Mal im Jahr jeweils eine Woche bei den Großeltern väterlicherseits verbracht habe. Der Kindesvater habe in dieser Zeit für jeweils etwa zwei Tage ebenfalls seine Eltern besucht und bei dieser Gelegenheit Umgang mit dem Kind gehabt. Es sei vereinbart gewesen, dass der Kindesvater nur in Begleitung der Großeltern Umgang mit dem Kind haben solle. An diese Vereinbarung hätten sich die Großeltern väterlicherseits aber nicht gehalten, sondern unbegleiteten Umgang zugelassen. Der Kindesvater habe diesen Umgang mit dem Kind dann nicht verantwortungsbewusst ausgeübt. Bspw. habe er dem Kind ein Messer gekauft und es mit einem elektrischen Bogen schießen lassen. Einen Nachweis, dass er keine Drogen mehr konsumiere, habe er zu keinem Zeitpunkt erbracht. Dem entsprechend habe die Umgangsregelung nicht mehr aufrechterhalten werden können. Der Kindesvater beanspruche seitdem auch keine Umgangskontakte mehr. Geschenke habe er...