Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattung der Vergleichsgebühr nach Hauptsacheerledigung durch Vergleich
Leitsatz (amtlich)
Schließen die Parteien einen Vergleich über die Hauptsache, erklären sodann den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt und entscheidet das Gericht gem. § 91a ZPO über die Kosten des Rechtsstreits, so erstreckt sich der Beschluss grundsätzlich auch auf die aufgrund des Abschlusses des Vergleichs angefallenen Kosten, es sei denn die Parteien stellen durch eindeutige, zu protokollierende Erklärung klar, dass die Vergleichskosten ausgenommen bleiben sollen.
Normenkette
BRAGO §§ 11, 23 Abs. 1; ZPO §§ 91a, 98
Verfahrensgang
LG Bielefeld (Beschluss vom 25.04.2003; Aktenzeichen 5 O 547/02) |
Tenor
Der von der Verfügungsbeklagten an die Verfügungsklägerin zu erstattende Betrag wird abändernd auf 2.410,48 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit dem 24.2.2003 festgesetzt.
Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Verfügungsklägerin nach einem Gegenstandswert von 29,10 Euro. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Verfügungsbeklagte nach einem Gegenstandswert von 1.018,48 Euro.
Gründe
Die zulässige Beschwerde ist ganz überwiegend begründet.
I. Die von der Verfügungsklägerin nach einem Gegenstandswert von 25.000 Euro angemeldete Vergleichsgebühr gem. §§ 11, 23 Abs. 1 BRAGO von 686 Euro hat der Verfügungsbeklagte zu erstatten, weil entgegen seiner Auffassung zwischen den Parteien ein gerichtlicher Vergleich zustande gekommen ist und eine Kostengrundentscheidung vorliegt, die dem Verfügungsbeklagten auch insoweit die Kosten auferlegt.
Die Parteien haben in der mündlichen Verhandlung vor dem Einzelrichter der 5. Zivilkammer des LG Bielefeld am 11.2.2003 einen als Vollstreckungstitel tauglichen Vergleich nach § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO in der gem. §§ 160 Abs. 3 Nr. 1, 162 Abs. 1 ZPO vorgeschriebenen Form protokollieren lassen. Dies ergibt sich bereits aus dem eindeutigen Wortlaut des Vergleichs, der wie folgt lautet:
1. Der Kläger verpflichtet sich, sämtliche vom Obergerichtsvollzieher … am 19.12.2002 in Besitz genommenen und anschließend an den Kläger ausgehändigten Gegenstände gem. Aufstellung zur Urkundenrolle DR … 02, Bl. … d.A., an den Beklagten herauszugeben.
2. Die Parteien sind sich darüber einig, dass der Kläger befugt ist, Originalunterlagen, welche er zur Vorlage bei anderweitigen Behörden benötigt, durch beglaubigte Kopien zu ersetzen.
3. Die Frist zur Herausgabe der vorgenannten Unterlagen wird nach Erörterung auf den 15.3.2003 festgesetzt.
Unschädlich ist hierbei, dass die Parteien diese Regelung als Vereinbarung und nicht als Vergleich bezeichnet haben. Die prozessbeendigende Wirkung entfällt auch nicht deshalb, weil sich der Vergleich nicht auf die Kosten des Rechtsstreits bezogen hat, die Parteien vielmehr übereinstimmend den Rechtsstreit für erledigt erklärt, widerstreitende Kostenanträge gestellt und Entscheidung der Kammer nach § 91a ZPO beantragt haben.
Denn für die Frage, ob ein Vergleich geschlossen worden ist, kommt es auf den sachlich-rechtlichen Gehalt der Erklärungen der Parteien und nicht auf die äußere Form dieser Erklärungen an. Ein Vergleich kann deshalb auch dann vorliegen, wenn die Parteien nach ihrer Einigung die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt (vgl. Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert, BRAGO, 15. Aufl., § 23 Rz. 6 a.E. m.w.N.) und widerstreitende Kostenanträge gestellt haben.
Die sodann getroffene Entscheidung des LG, nach der der Verfügungsbeklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat, erfasst auch die Vergleichskosten. Die Vorschrift des § 98 S. 2 i.V.m. S. 1 ZPO, nach der die Kosten des durch Vergleichs erledigten Rechtsstreits als gegeneinander aufgehoben anzusehen sind, gilt nicht, weil vorliegend die Parteien „ein anderes vereinbart haben” (vgl. S. 1 des § 98 ZPO).
Eine die Anwendung des § 98 ZPO ausschließende Regelung liegt nämlich auch dann vor, wenn die Parteien darüber einig sind, dass die Kosten des in der Hauptsache durch Vergleich erledigten Rechtsstreits zur Entscheidung des Gerichts nach § 91a ZPO gestellt bleiben sollen (vgl. hierzu auch BGH NJW 1965, 103 f.; OLG München JurBüro 1964, 836; OLG Koblenz JurBüro 1991, 120 f.; a.A. KG JurBüro 1988, 1495 f.). Die Auslegung der keine Einschränkungen enthaltenden Kostenanträge der Parteien führt dazu, dass alle Kosten des Rechtsstreits zur Entscheidung des Gerichts gestellt sein sollen, also auch die zu den Prozesskosten gehörende Vergleichsgebühr nach § 23 Abs. 1 S. 3 BRAGO. Sollen von der nach § 91a ZPO beantragten Entscheidung des Gerichts die Kosten des Vergleichs ausgeschlossen bleiben und gem. § 98 S. 1 ZPO als gegeneinander aufgehoben anzusehen sein, bedarf es eines klarstellenden in das Protokoll aufzunehmenden Hinweises der Parteien. Denn nachdem eine der Bestimmung des § 91a ZPO entspr. Kostenentscheidung durch das Gericht getroffen wurde, die die Vergleichskosten nicht ausklammert, ist es nicht mehr möglich, die Kosten des Verg...