Leitsatz (amtlich)

Das mit einem Rechtsentscheid in Mietsachen befaßte Oberlandesgericht ist nach Art. III Satz 3 des 3. Mietrechtsänderungsgesetz zur Vorlage an den Bundesgerichtshof nicht verpflichtet, wenn es von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts (über eine Rechtsfrage aus einem Wohnungsmietverhältnis) abweichen will, die nicht in einen Rechtsentscheid-Verfahren ergangen ist; nach Sinn und Zweck des Rechtsentscheides und in Hinblick auf die -praktische- Durchführbarkeit des Verfahrens ist die Vorlagepflicht auf den Fall zu beschränken, daß von dem Rechtsentscheid eines anderen Oberlandesgerichts abgewichen werden soll.

Offen bleibt, ob diese Einschränkung der Vorlagepflicht auch bei Abweichungen von Entscheidungen des Bundesgerichtshofes gilt und ob insoweit ggf. zwischen Entscheidungen der Zivil- und der Strafsenate zu unterscheiden ist.

Offen bleibt ferner, ob die Vorlagepflicht auch dann besteht, wenn von einer zwar im Rechtsentscheidverfahren ergangenen, aber nicht in die Form des Rechtsentscheides gekleideten Entscheidung – insbesondere über reine Verfahrensfragen – abgewichen werden soll.

 

Tenor

1. Eine auf § 564b Abs. 2 BGB gestützte Kündigung – hier wegen geplanten Abbruches des Gebäudes – die nur deshalb unwirksam ist, weil die vom Vermieter angegebenen und dem Mieter mitgeteilten Kündigungsgründe nach richterlicher Beurteilung kein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses ergeben, begründet keinen Schadensersatzanspruch des Mieters gegen den Vermieter, und zwar weder unter dem Gesichtspunkt der Nichterfüllung des Vertrages gemäß § 326 Abs. 1 BGB noch unter dem Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung noch unter dem der unerlaubten Handlung gemäß §§ 323 Abs. 1, 823 Abs. 2 i.V.m. § 564b BGB, solange keine Umstände dafür zutagetreten, daß der Vermieter in unredlicher Weise von dem in § 564b normierten Kündigungsrecht Gebrauch gemacht hat (etwa durch wahrheitswidrige Angabe von nicht oder so nicht vorhandenen Kündigungsgründen).

2. § 564b BGB ist kein Schutzgesetz i.S. des § 823 Abs. 2 BGB dahin, daß der Mieter vor den Nachteilen geschützt werden soll, die ihm dadurch entstehen, daß er einer unwirksamen Kündigung des Vermieters freiwillig Folge leistet und den Besitz an der bis dahin innegehaltenen Mietwohnung aufgibt.

 

Gründe

I.

Dem Rechtsentscheid liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Seit Juni 1979 war die Klägerin Mieterin im Hause … in …. Anfang 1980 erwarb die Beklagte das Hausgrundstück. Mit Schreiben vom 25. März 1981 kündigte die Beklagte der Klägerin das Mietverhältnis zum 31. Juli 1981. Die Kündigung war damit begründet, daß das Gebäude im August des Jahres 1981 vollständig abgerissen und das Grundstück anschließend „im Verbund mit dem Nachbargrundstück mit einer neuen Gesamtbaumaßnahme versehen werden” solle.

Mit Anwaltsschreiben vom 2.6.1981 ließ die Klägerin der Kündigung widersprechen, weil ein wichtiger Grund für die Beendigung des Mietverhältnisses nicht dargelegt worden sei. Daraufhin erhob die Beklagte im August 1981 Räumungsklage gegen die Klägerin (132 C 492/81 AG Dortmund). Am 2.10.1981, also noch im Verlaufe des erstinstanzlichen Räumungsrechtsstreits vor dem Amtsgericht Dortmund, zog die Klägerin (dort Beklagte) aus der Wohnung aus. Bereits im Juni 1981, mithin noch vor Erhebung der Räumungsklage durch die damalige Klägerin, hier Beklagte, hatte die Klägerin mit der Suche nach einer anderen Wohnung begonnen.

Das Amtsgericht Dortmund wies die Räumungsklage der Beklagten (dortige Klägerin) durch Urteil vom 27.11.1981 entgegen der einseitigen Erledigungserklärung der damaligen Klägerin als unbegründet ab, weil das Kündigungsschreiben von 25.3.1981 gemäß § 564b Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 3 BGB unwirksam gewesen sei. Der Kündigungserklärung habe sich, nicht entnehmen lassen, daß die Beklagte (dortige Klägerin) ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses gehabt habe. Auch in der Klageschrift sei ein berechtigtes Interesse der Beklagten i.S. des § 564b BGB nicht hinreichend dargetan worden, insbesondere habe die Beklagte (dortige Klägerin) nicht dargelegt, daß sie durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses mit der Klägerin (damalige Beklagte) an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstückes gehindert sei und dadurch erhebliche Nachteile erleide. Dieses Urteil ist rechtskräftig.

Kurz nach dem Auszug der Klägerin wurde das Wohnhaus … in … – die Mietverhältnisse zu den übrigen beiden Mietparteien hatte die Beklagte ebenfalls per Ende Juli 1981 gelöst – abgebrochen, nachdem die Stadt … der Beklagten zuvor unter dem 3.9.1981 eine Abbruchgenehmigung im Hinblick darauf erteilt hatte, daß die Beklagte beabsichtige, auf dem Grundstück neuen, nicht luxuriösen Wohnraum mit wesentlich größerer Gesamtwohnfläche zu errichten. Das Hausgrundstück ist, soweit bekannt, inzwischen noch nicht wieder bebaut worden.

In dem der Vorlage zugrundeliegenden jetzigen Rechtsstreit verlangt die Klägerin von der Beklagten nunmehr ...

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