Leitsatz (amtlich)

1. Für die Feststellung, der Geschädigte habe in die Beschädigung seines Kraftfahrzeugs eingewilligt, bedarf es einer umfasssenden Bewertung aller Umstände des Einzelfalles.

2. Indiziell gegen eine Einwilligung spricht die Tatsache, dass in der Person des solventen Geschädigten kein Motiv für ein manipuliertes Geschehen erkennbar ist.

3. Dass gilt z.B. dann, wenn das beschädigte Fahrzeug nicht erst unter dem Eindruck des laufenden Prozesses fachgerecht entsprechend dem gerichtlichen Sachverständigengutachten repariert worden ist.

 

Normenkette

StVG §§ 7, 17; BGB § 823

 

Verfahrensgang

LG Essen (Aktenzeichen 2 O 377/12)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 08.03.2016 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des Landgerichts Essen wird zurückgewiesen.

Die Beklagte zu 2) trägt die Kosten des Berufungsverfahrens, in Höhe von 50% allerdings mit dem Beklagten zu 1) als Gesamtschuldner.

Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten dürfen die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Der Kläger macht als Eigentümer eines PKW Q Cabriolet gegen die Beklagten Schadensersatzansprüche aus einem behaupteten Verkehrsunfallereignis vom 14.10.2012 gegen 22:50 h in T auf der Straße T-Straße geltend.

Nach Darstellung des Klägers soll der Beklagte zu 1) zum vorgenannten Zeitpunkt mit einem bei der Fa. E Autovermietung & Carsharing angemieteten und bei der Beklagten zu 2) krafthaftpflichtversicherten N Sprinter das von dem Kläger auf dem Parkstreifen der T-Straße abgestellte Fahrzeug, sowie auch drei unmittelbar dahinter geparkte Fahrzeuge, einen W, einen P und einen weiteren W während der Vorbeifahrt in Fahrtrichtung gestreift haben. Die Beklagte zu 2) hat u.a. eingewandt, der Verkehrsunfall sei abgesprochen gewesen, so dass dem Kläger infolge der erteilten Einwilligung in die Rechtsgutverletzung keine Schadensersatzansprüche zustünden. Sie hat widerklagend die in Bezug auf den N Sprinter aufgewandten und von ihr als Vollkaskoversicherer der Fa. E Autovermietung & Carsharing erstatteten Reparaturkosten, sowie die Kosten der Auskunftserteilung durch eine Wirtschaftsdatenbank und die Kosten eines von ihr zum Nachweis des Vorliegens einer Unfallmanipulation beauftragten Schadensgutachters i.H.v. 20.320,47 EUR (rechnerisch richtig: 20.287,15 EUR) ersetzt verlangt.

Durch das angefochtene Urteil, auf das gem. § 540 ZPO Bezug genommen wird, soweit sich aus dem Nachstehenden nichts anderes ergibt, hat das Landgericht nach Anhörung der Parteien, der Vernehmung von Zeugen und Einholung eines schriftlichen (25.07.2014) und eines mündlich erstatteten (05.02.2015) Sachverständigengutachtens des Sachverständigen Prof. T unter teilweiser Abweisung der Klage dem Kläger 20.283,08 EUR nebst Zinsen und vorgerichtlicher Kosten iHv 859,80 EUR zugesprochen und die gegen ihn gerichtete Widerklage abgewiesen. Die Beklagten hätten nicht den Nachweis der Unfallmanipulation führen können.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten zu 2), zugleich als Streithelferin des Beklagten zu 1), mit der diese unter Teilabänderung des angefochtenen Urteils die vollständige Klageabweisung und Verurteilung des Klägers nach dem erstinstanzlich gestellten Widerklageantrag weiter verfolgt. Sie rügt die Beweiswürdigung des Landgerichts zu den tatsächlichen Feststellungen einer Einwilligung des Klägers in die Beschädigung seines Fahrzeugs als unzureichend.

Die Beklagte zu 2) beantragt,

zugleich für den Beklagten zu 1) als dessen Streithelferin,

das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen,

weiterhin auf die Widerklage hin,

den Kläger gesamtschuldnerisch neben den gesondert in Anspruch genommenen Herrn N (2 O 133/13 LG Essen) und Herrn C (2 O 124/13 LG Essen) zu verurteilen, an sie 20.320,47 EUR nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.03.2013 zu zahlen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil. Er habe nicht in die Beschädigung seines Fahrzeugs eingewilligt, vielmehr sei er zufällig und unbeabsichtigt in das Geschehen hineingezogen worden.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst den damit überreichten Anlagen verwiesen. Die Akten 2 0 124/13 LG Essen und 22 Js 17/13 StA Essen lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Der Senat hat den Kläger gem. § 141 ZPO angehört. Hinsichtlich des Ergebnisses wird auf die hierüber aufgenommenen Berichterstattervermerke vom 22.11.2016 und 01.08.2017 verwiesen.

II. Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagten gem. §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, § 823 Abs. 1 BGB i.Vm. § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG der vom Landgericht zuerkannte Schadensersatzanspruch iHv 20.283,08 EUR nebst Zi...

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