Leitsatz (amtlich)
Der Antrag eines aus einer Publikums-KG ausgeschlossenen Kommanditistin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, mit der er erreichen will, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über seine hiergegen gerichtete Anfechtungsklage von der KG weiterhin als Gesellschafter behandelt zu werden, kann nicht mit Erfolg gegen die KG gerichtet werden, sofern der Gesellschaftsvertrag keine andere Regelung enthält. Passiv legitimiert sind wie in dem Hauptsachverfahren auf Feststellung der Nichtigkeit des Ausschließlungsbeschlusses die Gesellschafter, die nicht in Übereinstimmung mit dem Verfügungskläger von der Unwirksamkeit der Beschlussfassung ausgehen.
Normenkette
ZPO §§ 926, 935, 940
Verfahrensgang
LG Essen (Aktenzeichen 42 O 46/17) |
Tenor
Die Berufung des Verfügungsklägers gegen das am 27.09.2017 verkündete Urteil des Landgerichts Essen wird zurückgewiesen.
Der Verfügungskläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß §§ 540 Abs. 2; 313a Abs. 1 S. 1; 542 Abs. 2 S. 1 ZPO abgesehen.
II. Die zulässige Berufung erweist sich als unbegründet, da das Landgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen hat.
Die Begründetheit des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung setzt das Bestehen eines streitigen Rechtsverhältnisses (Verfügungsanspruch) und die Notwendigkeit einer Sicherung oder Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile (Verfügungsgrund) voraus. Abweichend von der Auffassung des Landgerichts erachtet der Senat vorliegend schon einen Verfügungsanspruch im Verhältnis zur Verfügungsbeklagten als nicht gegeben. Die Verfügungsbeklagte ist hinsichtlich des vom Verfügungskläger verfolgten Begehrens nicht passivlegitimiert.
Der gemäß § 935 ZPO zu sichernde Anspruch kann ein solcher sein, der mittels Leistungs-, Gestaltungs- oder Feststellungsklage zu verfolgen wäre (MüKoZPO/Drescher, 5. Aufl., ZPO § 935 Rn. 6, beck-online). Der Begriff des streitigen Rechtsverhältnisses in § 940 ZPO entspricht demjenigen des § 256 ZPO zur Feststellungsklage. Auch insoweit kann die zu sichernde prozessuale Rechtsstellung sowohl aus einem Anspruch auf Leistung oder auf Gestaltung folgen als auch auf einer im Wege einer Feststellungsklage festzustellenden Rechtsbeziehung beruhen (MüKoZPO/Drescher, 5. Aufl., ZPO § 940 Rn. 5, 8, beck-online).
Vorliegend begehrt der Verfügungskläger sinngemäß, von der Verfügungsbeklagten vorläufig weiterhin als Kommanditist behandelt zu werden, und zwar bis zur endgültigen gerichtlichen Klärung der Wirksamkeit bzw. Unwirksamkeit des Ausschließungsbeschlusses vom 21.07.2017, die Gegenstand des Rechtsstreits vor dem Landgericht Essen (Az.: 41 O 72/17) ist. Hierbei handelt es sich um ein Begehren, welches grundsätzlich im Wege einstweiliger Verfügung verfolgt werden kann. Es ist anerkannt, dass ein Gesellschafter begleitend zu einer als Hauptsache verfolgten Feststellungsklage im Personengesellschaftsrecht mittels einstweiliger Verfügung den Vollzug des angegriffenen Beschlusses bis zur Entscheidung in der Hauptsache unterbinden kann (vgl. MüKoZPO/Drescher, 5. Aufl., ZPO § 935 Rn. 48, beck-online).
Auch eine solche Verfügungsklage ist gegen die Partei bzw. Parteien zu richten, die im zugehörigen Hauptsacheverfahren passivlegitimiert sind. Denn das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes verfolgt keinen Selbstzweck, sondern dient der Sicherung von Rechtspositionen, die der Klärung in einem parallel geführten oder nachfolgenden Hauptsacheverfahren zugänglich sein müssen. Dies kommt insbesondere in der gesetzlichen Regelung nach §§ 936, 926 Abs. 1 ZPO zum Ausdruck, die eine Verselbständigung des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens ausschließen und es dem Schuldner ermöglichen soll, blockierende Wirkungen zeitlich zu limitieren (vgl. MüKoZPO/Drescher, 5. Aufl., ZPO § 926 Rn. 1-2, beck-online).
Anhand des im einstweiligen Verfügungsverfahren verfolgten Begehrens ist zu entscheiden, über welchen Klagegegenstand ein zugehöriges Hauptsacheverfahren zu führen wäre. Begehrt der Verfügungskläger von der Gesellschaft im Wege der einstweiligen Verfügung bestimmte, in ihre Kompetenz fallende Handlungen oder Unterlassungen, wäre als korrespondierendes Hauptsacheverfahren eine entsprechende Leistungsklage gegen die Gesellschaft anzusehen. Anders liegt der Fall jedoch, wenn die Verfügungsklage - wie hier - umfassend darauf abzielt, einen von der Gesellschafterversammlung gefassten Beschluss vorläufig als unwirksam zu behandeln und den Verfügungskläger bis zur endgültigen Klärung der Beschlusswirksamkeit als Gesellschafter zu behandeln. In einem solchen Fall betrifft das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes einen Grundlagenstreitigkeit bezüglich des Gesellschaftsverhältnisses bzw. der Gesellschaftsbeteiligung. Dies wird schon daran deutlich, dass eine solche Verfügungsklage insbesondere auch auf die Wahrnehmung von Rechten abzielt, deren Einräum...