Verfahrensgang
LG Münster (Aktenzeichen 11 O 520/13) |
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, an den Beklagten 7.226,39 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit dem 19.05.2014 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden zu 48 % der Klägerin und zu 52 % dem Beklagten auferlegt. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden zu 58 % der Klägerin und zu 42 % dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
(abgekürzt gemäß §§ 540 Abs. 1, Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1, 543, 544 ZPO, § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO)
Die Berufung der Klägerin hat im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg, bleibt im Übrigen aber erfolglos.
I. Die Abweisung der Klage hinsichtlich der erstinstanzlich streitgegenständlichen Klageforderung wird von der Klägerin mit ihrer Berufung nicht angefochten und steht daher nicht zur Überprüfung durch den Senat.
II. Der mit der Berufung im Wege der Klageerweiterung erneut erhobene Feststellungsantrag unterliegt ebenfalls der Abweisung. Einen Anspruch auf Verzinsung von ihr eingezahlter Gerichtskostenvorschüsse hat die Klägerin nicht schlüssig dargelegt.
Ein solcher Anspruch ergibt sich zunächst nicht aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB. Der Beklagte befand sich mit der Erfüllung der Schadensersatzansprüche aus dem Verkehrsunfall nicht in Verzug. Zur Zeit der Klageerhebung waren die berechtigten Ansprüche der Klägerin nach ihrer eigenen Berechnung in der Berufungsbegründung durch die erfolgte Zahlung in Höhe von 20.000,00 EUR bereits vollständig erfüllt. Überdies hat die Klägerin den behaupteten Zinsschaden nicht schlüssig dargelegt. Es hätte dazu weiteren Vortrags bedurft, zu welchem Zinssatz die Klägerin das Geld angelegt hätte, wenn sie den Vorschuss nicht hätte einzahlen müssen, oder zu welchem Zinssatz sie zur Einzahlung des Vorschusses Kredit aufgenommen hat. Der Vortrag des Klägervertreters auf den entsprechenden Hinweis des Landgerichts in der mündlichen Verhandlung am 20.06.2016, dann müsse er vortragen, dass die Klägerin Kredit in entsprechender Höhe in Anspruch nehme (Bl. 262 d.A.), erfolgte ersichtlich ins Blaue hinein.
Ein Anspruch auf Verzinsung des Gerichtskostenvorschusses ergibt sich auch nicht aus §§ 286, 288 BGB. Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass der Beklagte sich mit dem Ausgleich der Gerichtskosten in Verzug befindet. Die Klägerin hat die Zahlung weder angemahnt (§ 286 Abs. 1 S. 1 BGB), noch eine der Mahnung gleichstehende Leistungsklage erhoben (§ 286 Abs. 1 S. 2 BGB), sondern vielmehr eine Feststellungsklage.
III. Hinsichtlich der Widerklage war das erstinstanzliche Urteil der Höhe nach abzuändern. Der mit der Widerklage geltend gemachte Anspruch steht dem Beklagten zwar dem Grunde nach zu, jedoch nur in geringerer Höhe.
1. Nach Art. 10 Abs. 1 Rom II - VO ist auf die Widerklageforderung deutsches Recht anwendbar, da der Anspruch auf Ausgleich ungerechtfertigter Bereicherung sich aus einem zwischen den Parteien aufgrund des Verkehrsunfalls bestehenden Rechtsverhältnis ergibt, auf das nach Art. 4 Abs. 1 Rom II - VO ebenfalls deutsches Recht Anwendung findet.
2. Dem Beklagten steht gegen die Klägerin ein Anspruch auf Zahlung von 7.226,39 EUR aus § 812 Abs. 1 S. 1 1. Fall BGB zu.
a. Die Klägerin hat eine Zahlung in Höhe von 20.000,00 EUR erlangt.
Dies geschah aus Sicht der Klägerin auch durch Leistung des Beklagten. Leistender ist, wer nach der Zweckbestimmung der Beteiligten, hilfsweise nach dem Empfängerhorizont, sei es unmittelbar, sei es mittelbar über einen Dritten, mit seinen Mitteln und auf seine Rechnung etwas zuwendet (Palandt-Sprau, BGB, 76. Aufl., § 812, Rn. 16).
Die Klägerin hat sich vorliegend mit ihrer Schadensersatzforderung an den Beklagten gewandt, der im Rahmen des sogenannten Systems X ihr gegenüber die Pflichten eines inländischen Haftpflichtversicherers übernommen hat und von ihr nach §§ 6 AuslPflVG, § 115 VVG unmittelbar in Anspruch genommen werden konnte, also passiv legitimiert war (vgl. Münchener Kommentar zum BGB/Junker, 6. Auflage 2015, Rom II-VO Art. 18, Rn. 24). Im Rahmen des Systems X wird in jedem teilnehmenden Staat ein sogenanntes X-Büro (in Deutschland der Beklagte) eingerichtet. Dieses übernimmt zwei Funktionen: Als zahlendes Büro vergibt es internationale Versicherungsbescheinigungen (X) und garantiert die Rückerstattung der Aufwendungen des ausländischen X-Büros, das einen Schadensersatzanspruch reguliert hat. Als handelndes Büro hat es die Aufgabe, bei Unfällen in seinem Land die Schadensersatzansprüche, die ein Geschädigter wegen eines Unfalls im Inland gegen einen ausländischen Fahrzeugführer hat, zu bearbeiten. Es befriedigt so den dem Geschädigten zustehenden Ersatzanspruch (Münchener Kommentar zum BGB/Junker, 6. Auflage 2015, Rom II-VO Art. 18, Rn. 17). Dabei reguliert es jedoch grundsätzlich nicht selbst, sondern beauftragt eines seiner Mitgliedsunternehmen, hier das ...