Leitsatz (amtlich)
Zur Haltereigenschaft des Empfängers eines Kurzzeitkennzeichens i.S.d. § 16 Abs. 1 FZV.
Zum Versicherungsschutz für ein mit einem Kurzzeitkennzeichen in Betrieb gesetztes Kraftfahrzeug bei Weitergabe des Kurzzeitkennzeichens an einen Dritten und Nutzung des Fahrzeugs zu anderen als Prüfungs-, Probe- und Überführungsfahrten.
Normenkette
StVG § 7 Abs. 1, § 18; VVG § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; FZV § 16
Verfahrensgang
LG Essen (Urteil vom 17.04.2012; Aktenzeichen 19 O 219/11) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 17.4.2012 verkündete Schluss-Urteil des Einzelrichters der 19. Zivilkammer des LG Essen (19 O 219/11) unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen wie folgt abgeändert:
Die Beklagte zu 3) wird verurteilt, als Gesamtschuldnerin mit dem durch Teilversäumnisurteil des LG Essen vom 26.10.2011 (19 O 219/11) rechtskräftig verurteilten Beklagten zu 1) an den Kläger 16.790,15 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7.6.2011 zu zahlen und den Kläger von den gegen ihn erhobenen Ansprüchen der Rechtsanwälte Dr. I2, U und I2, C-Straße, P auf Zahlung von Rechtsanwaltskosten i.H.v. 961,28 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.9.2011 freizustellen.
Die weiter gehende Klage wird abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt der Beklagte zu 1) vorab die Kosten seiner Säumnis. Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen der Kläger 1/3 und die Beklagten zu 1) und 3) als Gesamtschuldner 2/3. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) trägt der Kläger. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Klägers der Kläger und die Beklagte zu 3) zu je ½. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) trägt der Kläger. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Der Kläger verlangt von den Beklagten Schadensersatz i.H.v. insgesamt 16.790,15 EUR wegen eines Verkehrsunfalls, der sich am 8.5.2011 auf dem Parkplatz am Silbersee in Haltern ereignete und an dem der Beklagte zu 1) mit einem Pkw, der mit einem Kurzzeitkennzeichen versehen war, beteiligt war. Das Kurzeitkennzeichen hatte die Beklagte zu 2) beantragt und erhalten und Verwandten des Beklagten zu 1) überlassen. Die Beklagte zu 3) hatte der Beklagten zu 1) für das Kurzeitkennzeichen Versicherungsschutz gewährt.
Das LG hat den Beklagten zu 1) mit Teilversäumnisurteil vom 26.10.2011 zur Zahlung von 16.790,15 EUR nebst Zinsen und Freistellung des Klägers von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten i.H.v. 961,28 EUR verurteilt. Mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen Tatbestand wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes bis zum Abschluss der ersten Instanz gem. § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das LG die Klage gegen die Beklagten zu 2) und 3) nach Anhörung des Klägers und des Beklagten zu 1) und Vernehmung der Zeugin T abgewiesen. Das LG hat es als erwiesen erachtet, dass es am 8.5.2011 zu einer Kollision zwischen dem klägerischen und dem vom Beklagten zu 1) geführten Fahrzeug gekommen sei und dieser Unfall auf einer Vorfahrtverletzung des Beklagten zu 1) beruhte. Die Haltereigenschaft der Beklagten zu 2) hat das LG mit der Begründung verneint, die Beklagte zu 2) habe weder Verfügungsgewalt über das vom Beklagten zu 1) geführte Fahrzeug gehabt noch habe sie die Kosten des Fahrzeugs getragen. Der Beklagten zu 2) sei es nach § 242 BGB auch nicht verwehrt, sich auf die fehlende Haltereigenschaft zu berufen. Insoweit sei zwischen der Beklagten zu 2) und dem Kläger unstreitig, dass die Beklagte zu 2) das von ihr beantragte Kurzzeitkennzeichen weitergegeben und dies der Beklagten zu 3) und der Zulassungsstelle angezeigt habe. Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte zu 3) bestehen nach Ansicht des LG nicht, da diese nicht Haftpflichtversicherer des vom Beklagten zu 1) geführten Fahrzeugs sei. Der von der Beklagten zu 3) gewährte Versicherungsschutz erstrecke sich nur auf ein von der Beklagten zu 2) gehaltenes Fahrzeug. Insoweit habe der Kläger im Verhältnis zur Beklagten zu 3) nicht bewiesen, dass diese einer Weitergabe des Kurzzeitkennzeichens zugestimmt habe.
Mit der hiergegen gerichteten Berufung verfolgt der Kläger seinen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten zu 2) und 3) in vollem Umfang weiter. Er beanstandet eine unzureichende Sachverhaltsaufklärung und Rechtsanwendung seitens des LG. Der Kläger ist der Ansicht, das LG hätte der Beklagte zu 2) aufgeben müssen, im Einzelnen darzulegen, wann die Weitergabe des Kurzzeitkennzeichens der Zulassungsstelle und der Beklagten zu 3) angezeigt worden sein soll. Im Übrigen sei das unfallbeteiligte Fahrzeug deshalb vom Versicherungsschutz erfasst, da die Beklagte zu 3) das "Geschäftsmodell" der Beklagten zu 2) - die gewerbliche Weitergabe von Kurzzeitkennzeichen - kenne und bewusst auf eine In...