Leitsatz (amtlich)
1. Der Kläger als Geschädigter muss darlegen und beweisen, dass der von ihm behauptete Unfall tatsächlich stattgefunden hat und hierdurch der behauptete Fahrzeugschaden verursacht worden ist
2. Zum Nachweis der Unfallmanipulation durch technisches Gutachten.
Normenkette
StVG § 7; ZPO § 286
Verfahrensgang
LG Essen (Aktenzeichen 19 O 96/18) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 16.04.2019 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 19. Zivilkammer des Landgerichts Essen wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Der Kläger macht gegen die Beklagte aus einem behaupteten Unfallereignis vom 20.02.2018 gegen 18:20 h in C Schadensersatzansprüche geltend. Nach Darstellung des Klägers soll der bei der Beklagten krafthaftpflichtversicherte Zeuge T seinen vollkaskoversicherten PKW XY H von der rechten auf die linke Geradeausspur gelenkt haben und in die rechte Seite des vom Kläger gesteuerten U gefahren sein. Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Kläger habe den ihm durch den Unfall entstandenen Schaden nicht substantiiert dargelegt. Denn unstreitig habe das Fahrzeug unmittelbar vor dem Erwerb durch den Autohandel des Klägers einen Totalschaden erlitten. In welcher Weise der Kläger diesen ausweislich des Schadensgutachtens dem Schadensgutachter gegenüber nicht erwähnten Vorschaden fachgerecht beseitigt habe, habe der Kläger nicht substantiiert dargelegt, so dass weder auf fiktiver Reparaturkostenbasis noch auf Totalschadensbasis abgerechnet werden könne. Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger - unter Berücksichtigung einer teilweisen Berufungsrücknahme in Bezug auf die Reparaturkosten und Anwaltskosten - seine erstinstanzlichen Klageanträge weiter. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat den Kläger gem. § 141 ZPO angehört und den Zeugen T uneidlich vernommen. Anschließend hat der Sachverständige Dipl.-Ing. V mündlich ein verkehrsanalytisches Gutachten erstattet. Insoweit wird auf den hierüber aufgenommenen Berichterstattervermerk und die Fotoanlage zum Gutachten Bezug genommen.
II. Die Berufung des Klägers ist unbegründet.
Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein auf die §§ 7 Abs. 1 StVG, § 823 Abs. 1 BGB iVm § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG gestützter Schadensersatzanspruch nicht zu. Denn nach dem Ergebnis der von dem Senat durchgeführten Beweisaufnahme steht zum einen fest, dass sich der Unfall nicht so ereignet haben kann, wie dieser von dem Kläger geschildert worden ist. Zum anderen hat die Beweisaufnahme ergeben, dass der Kläger in die Beschädigung seines Kraftfahrzeugs durch den Zeugen T eingewilligt hat.
1. Der Kläger hat - was seiner Darlegungs- und Beweislast entspricht - bereits nicht den objektiven Tatbestand einer Rechtsgutverletzung bewiesen. Grundsätzlich hat der Kläger, der seinen Unfallgegner und/oder (nur) dessen Haftpflichtversicherer aus einem behaupteten Verkehrsunfall in Anspruch nimmt, den objektiven Tatbestand einer Rechtsgutverletzung darzulegen und zu beweisen; denn der Streitgegenstand (der prozessuale Anspruch) wird nicht nur durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, bestimmt, sondern auch durch den Lebenssachverhalt (Klagegrund), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet. Nur der vom Kläger vorgetragene Lebenssachverhalt bildet daher den Streitgegenstand der Klage und wird in die Erkenntnis des Gerichts gestellt. Mithin hat der Kläger im Anwendungsbereich des § 7 StVG den von ihm behaupteten Hergang der Rechtsgutverletzung mit dem vollen Beweismaß des § 286 ZPO zu beweisen. Dieser Beweis ist erst dann erbracht, wenn das Gericht die volle Überzeugung gewonnen hat, dass sich der Unfall in der vom Kläger konkret nach Ort und Zeit beschriebenen Weise tatsächlich zugetragen hat. Folglich hat der Kläger als Geschädigter darzulegen und zu beweisen, dass erstens der von ihm behauptete Unfall tatsächlich stattgefunden hat und zweitens hierdurch der behauptete Fahrzeugschaden verursacht worden ist (Laws/Lohmeyer/Vinke in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 1. Aufl., § 7 StVG (Stand: 06.06.2019), Rn. 223ff).
Aufgrund des verkehrsanalytischen Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. V steht fest, dass der von dem Kläger geltend gemachte Fahrzeugschaden, der sich schwerpunktmäßig einerseits in dem Bereich des vorderen rechten Kotflügels und der Beifahrertür und andererseits in dem Bereich des hinteren rechten Seitenteils darstellt, nicht insgesamt durch den von dem Kläger geschilderten Unfallhergang verursacht werden konnte. Was den Schaden im vorderen seitlichen Bereich des U anbetrifft, hat der Sachverständige ausgeführt, dass diese Schäden nach einer Gegenüberstellung des U mit dem XY H sehr wohl kompatibel sind und auf einen Kollisionswinkel von etwa 5 Grad hindeuten, wie er bei einem normalen Fahrstreifenwechsel im fließenden ...