Leitsatz (amtlich)
Zu den Rechtsfolgen des Widerrufs von Darlehensvertrag und Restschuldversicherungsvertrag als verbundenes Geschäft.
Zur Beurteilung einer Restschuldversicherung mit den Darlehensnehmern als versicherten Personen und dem Darlehensgeber als Versicherungsnehmer.
Zur Frage der Berücksichtigung der Kosten der Restschuldversicherung bei der Beurteilung der Sittenwidrigkeit.
Normenkette
BGB §§ 346-347, 355, 357 Abs. 1, §§ 358, 495
Verfahrensgang
LG Dortmund (Urteil vom 23.05.2013; Aktenzeichen 12 O 483/12) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 23.5.2013 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des LG Dortmund (Az.: 12 O 483/12) abgeändert.
Die Beklagten bleiben als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 24.677,26 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1.12.2012 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weiter gehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin 54 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 46 %, von den Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz tragen die Klägerin 56 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 44 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beiden Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Gegenseite durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 120 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweilige Gegenseite zuvor ihrerseits i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin macht gegen die Beklagten als Gesamtschuldner Ansprüche aus einem Darlehensvertrag geltend.
Mit Darlehensvertrag vom 6.7.2007 nahmen die Beklagten bei der Klägerin ein Darlehen mit einem Nettodarlehensbetrag von 45.660 EUR auf. Die Laufzeit des Darlehens betrug 84 Monate, der Zinssatz 12,45 % p.a. und der effektive Jahreszins 14,3 %. Die Klägerin schloss vereinbarungsgemäß für die Beklagten als versicherte Personen bei der M Lebensversicherung eine Restschuldversicherung auf den Todesfall ab. Die Versicherungsprämie betrug einmalig 10.454,86 EUR und wurde von den Beklagten mit o.g. Darlehen mitfinanziert. Die Klägerin zahlte diesen Betrag direkt an die Versicherung aus.
Aufgrund eines weiteren Barbedarfs wandten sich die Beklagten im Jahr 2008 erneut an die Klägerin, die ihnen eine Aufstockung des bereits laufenden Darlehens anbot. Die Parteien schlossen am 7.10.2008 einen Kreditvertrag über ein Darlehen mit einem Nettodarlehensbetrag von 67.450 EUR und einer Laufzeit von 84 Monaten zu einem Zinssatz von 11,22 % p.a. und einem effektiven Jahreszins von 12,90 %. Ein Teilbetrag i.H.v. 43.862,90 EUR diente dabei der Ablösung des Darlehens vom 6.7.2007. Ein weiterer Betrag i.H.v. 3.242,60 EUR wurde den Beklagten ausgezahlt. Der Restbetrag i.H.v. 20.914,91 EUR wurde als Versicherungsbeitrag an die M2 Lebensversicherungs-Gesellschaft überwiesen, bei der die Klägerin für die Beklagten als versicherte Personen erneut vereinbarungsgemäß einen entsprechenden Restschuldversicherungsvertrag für den Todesfall abschloss.
Beide Kreditverträge enthielten eine Widerrufbelehrung, die nicht auf die Folgen des Widerrufs eines verbundenen Geschäfts hinwies. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Kreditverträge (Anlage K 1 - Bl. 4 d.A. und A 1 Bl. 25 d.A.) Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 30.6.2009 erklärten die Beklagten gegenüber der Klägerin die Anfechtung des Darlehensvertrags vom 7.10.2008 sowie des entsprechenden Restschuldversicherungsvertrags wegen arglistiger Täuschung und widerriefen die Verträge vorsorglich. Mit Schreiben vom 18.1.2012 (Anlage 4, Bl. 39 d.A.) erklärten die Beklagten gegenüber der Klägerin, dass bei der Berechnungen des klägerischen Anspruchs auch die Kosten der Restschuldversicherung aus dem Jahr 2007 einzubeziehen seien.
Die Klägerin macht mit der Klage einen Anspruch auf Rückzahlung des Nettodarlehensbetrags aus dem Darlehen vom 7.10.2008 nebst Zinsen abzgl. gezahlter Raten sowie einen anteiligen Versicherungsbeitrag geltend. Sie hat behauptet, der marktübliche effektive Zinssatz der Deutschen Bundesbank habe zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses 8,70 % betragen.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 53.302,63 EUR nebst Zinsen i.H.v. jeweils 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.7.2011 zu zahlen.
Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie sind der Ansicht, der Vertrag sei wegen Sittenwidrigkeit nichtig, da unter Berücksichtigung der Kosten für die Restschuldversicherung ein auffälliges Missverhältnis zwischen dem Vertragszins und dem marktüblichen Effektivzins bestehe. Dazu haben sie behauptet, die Klägerin habe im Jahr 2008 auf einer "Aufstockung" des alten Kreditvertrages bestanden und durch ihren zuständigen Mitarbeiter im Hinblick auf beide Darlehensverträge jeweils erklärt, der Abschluss der Restschuldversicherung sei für den Abschluss des Darlehensvertrages zwingend. Sie...