Entscheidungsstichwort (Thema)
Baumkontrollpflicht bei Defektsymptomen
Verfahrensgang
LG Bochum (Urteil vom 06.07.2009; Aktenzeichen I-3 O 435/08) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 6.7.2009 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des LG Bochum wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsrechtszuges.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Gründe
I. Die Klägerin befuhr mit dem Pkw ihres Vaters am 15.3.1986 die Anliegerstraße I-Straße in N2. Auf das Fahrzeug stürzte eine Birke, die seitlich der Straße in einem Wald stand, wobei die Klägerin schwerste Verletzungen erlitt. Das Waldgrundstück steht im Eigentum der Beklagten zu 1. Diese hatte die Verkehrssicherungspflicht für das Grundstück im Rahmen eines Vertrages über die Forstbewirtschaftung aus Mai 1994 auf die Beklagte zu 2. übertragen. Der Beklagte zu 3. ist bei der Beklagten zu 2. als Baumkontrolleur angestellt und hatte zuletzt am 1.3.2006 das Waldgebiet in Augenschein genommen. Ursache des Baumsturzes war, dass die Birke aufgrund von Wurzelfäule nahezu über kein Wurzelwerk mehr verfügte und ihr damit der erforderliche Halt im Waldboden fehlte.
Wegen des Weiteren Sachvortrags der Parteien in erster Instanz einschließlich ihrer Anträge wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils (Bl. 353 ff. GA) verwiesen.
Das LG hat Beweis erhoben durch Vernehmung der sachverständigen Zeugen C und N; wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 6.7.2009, Bl. 344 ff. GA, Bezug genommen. Es hat sodann die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
Die Klägerin habe nicht bewiesen, dass die für die Birke bestehende Verkehrssicherungspflicht verletzt worden sei. Beide Zeugen hätten übereinstimmend festgestellt, dass die Wurzelfäule und damit verbunden das Fehlen ausreichenden Wurzelwerkes für den Beklagten zu 3. nicht erkennbar gewesen seien. Der Beklagte zu 3. habe auch keinen Anlass gehabt, die Birke näher zu untersuchen. Soweit die Birke am 7.10.2006 eine relativ spärliche Belaubung der Krone aufgewiesen habe und Totholz vorhanden gewesen sei, wobei der Umfang des Totholzes nicht habe festgestellt werden können, beginne der Laubverlust der Birke zum einen bereits Ende August/Anfang September. Zum anderen habe die Birke im Verbund mit weiteren Bäumen, u.a. Birken, gestanden. Die Krone der Birke habe erst mehrere Meter oberhalb des Erdbodens begonnen und sei in das Laubwerk der umgebenden Bäume eingebunden gewesen. Unter Berücksichtigung des Weiteren Waldbestandes hätten für den Beklagten zu 3. keine Anhaltspunkte vorgelegen, die eine nähere Kontrolle des Baumes erforderlich machten. Dies gelte auch für die Kontrolle im unbelaubten Zustand des Baumes; auch dann hätte das Astwerk der Birke in einem einheitlichen Verbund mit den weiteren Bäumen gestanden. Eine zweite Kontrolle bis zum 7.10.2006 sei schließlich noch nicht zwingend erforderlich gewesen.
Gegen das Urteil richtet sich die Klägerin mit der Berufung. Sie trägt vor:
Das LG hätte dem Antrag auf Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens nachkommen müssen, da die von den Parteien beauftragten Sachverständigen unterschiedliche Angaben zu der Frage, ob der Sturz des Baumes vorhersehbar gewesen sei, gemacht hätten. Die Beklagte zu 2. sei zudem verpflichtet gewesen, eine Sichtprüfung zweimal jährlich vorzunehmen, und zwar einmal in unbelaubtem und einmal in belaubtem Zustand. Da eine Baumkontrolle letztmalig am 1.3.2006 in unbelaubtem Zustand stattgefunden habe, hätte die nächste Kontrolle in belaubtem Zustand spätestens bis Ende August erfolgen müssen. Wäre dies geschehen, wäre einem sorgfältigen Baumkontrolleur der marode Zustand der Birke nicht verborgen geblieben. Die Auffassung des LG, eine Kontrolle vor dem Schadensfall sei nicht durchzuführen gewesen, sei nicht haltbar. Aber auch schon am 1.3.2006 hätte angesichts des vorhandenen Totholzes im Baum die Birke näher untersucht werden müssen. Die Kontrolle vom 1.3.2006 sei insoweit nicht hinreichend gewesen.
Die Klägerin beantragt unter Abänderung des Urteils des LG vom 6.7.2009,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 2.8.2007 zu zahlen, das jedoch einen Betrag von 80.000 EUR nicht unterschreiten solle;
festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihr sämtliche zukünftigen materiellen und immateriellen Schäden aus dem Unfall vom 7.10.2006 auf der Straße I-Straße in N2 zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen;
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 5.675,92 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz von 5.22...