Verfahrensgang

LG Bochum (Aktenzeichen 4 O 224/19)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Bochum vom 25.03.2020 (Az. 4 O 224/19) wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist - ebenso wie das angefochtene Urteil - ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt vorbehalten, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110% des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweilige Vollstreckungsgläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten im Wesentlichen über Rückabwicklungs- und Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit dem Erwerb eines A B S Diesel.

Die Beklagte zu 1 ist autorisiert, Fahrzeuge der Marke A zu vertreiben, die Beklagte zu 2 ist die Fahrzeugherstellerin.

Am 28.05.2014 erwarb der Kläger von der Beklagten zu 1 das streitgegenständliche Fahrzeug, einen A B S, zum Preis von 88.970,00 EUR (Anl. K30). Das Fahrzeug wurde am 18.09.2014 an den Kläger ausgeliefert. In dem Fahrzeug ist ein 3,0 l V6 Dieselmotor verbaut, den die Beklagte zu 2 von D bezog. Das Fahrzeug verfügt über eine Typgenehmigung der Emissionsklasse Euro 6.

In dem Fahrzeug werden zwei Technologien zur Reduktion des Stickoxidausstoßes eingesetzt. Zum einen kommt ein sog. SCR-Katalysator zum Einsatz, der mittels einer Harnstofflösung betrieben wird (AdBlue-Einspritzung). Für die Umwandlung der Stickoxide benötigt der Katalysator eine ausreichende Betriebstemperatur. Zum anderen verfügt das Fahrzeug über eine sog. Abgasrückführung. Sie wird bei kühleren Temperaturen zurückgefahren (sog. "Ausrampen"). Bei dieser Maßnahme handelt es sich um das sog. Thermofenster.

Im Rahmen der vom Bundesverkehrsministerium in 2015 eingerichteten "Untersuchungskommission T" wurde auch das streitgegenständliche Fahrzeugmodell A B 3,0 l V6 EU 6 untersucht. Als Untersuchungsergebnis wurde u.a. festgehalten, dass durch das Ausrampen der AGR-Raten unterhalb von 17 °C die NOx-Emissionen steigen und der Wirkungsgrad des SCR-Katalysators im unteren Temperaturbereich systembedingt eingeschränkt sei.

Die Beklagte zu 2 als Fahrzeugherstellerin erklärte sich bereit, durch ein Softwareupdate für ein Ausdehnen höherer AGR-Raten in niedrigere Temperaturbereiche Sorge zu tragen. Nachfolgend wurde seitens der Beklagten zu 2 eine mit dem Kraftfahrtbundesamt (KBA) abgestimmte freiwillige Maßnahme in Form eines Software-Updates (interne Bezeichnung: WG22) angeboten. Das KBA erteilte hierfür mit Bescheid vom 12.09.2016 die Freigabe.

Am 16.05.2018 ordnete das KBA für Fahrzeuge des Typs B Diesel V 6 EU 6 eine nachträgliche Nebenbestimmung zur Typgenehmigung und damit einen bindenden Rückruf an. Das KBA führte in dem Bescheid aus, dass es sich jedenfalls bei der dort beschriebenen Aufheizstrategie (Strategie A) sicher um eine unzulässige Abschalteinrichtung handele. Ferner stelle die Strategie D (Dosierung AdBlue) eine unzulässige Abschalteinrichtung dar. Zwar habe die Beklagte zu 2 bereits Änderungen in der Produktion oder durch Feldmaßnahmen vorgenommen, gleichwohl müssten alle zurückliegenden und zumindest in einigen Feldfahrzeugen noch vorhandenen Verstöße gegen geltendes Recht in einem Bescheid formal festgestellt werden.

Dieser Bescheid wurde mit Bescheid vom 10.07.2018 zurückgenommen und festgestellt, dass unter Berücksichtigung weiterer Angaben der Beklagten zu 2 die Strategie D nicht mehr als unzulässige Abschalteinrichtung einzustufen sei (Anl. B13). Die Strategie A wurde dagegen weiterhin als unzulässige Abschalteinrichtung angesehen und insoweit der Rückruf angeordnet.

Das von der Beklagten zu 2 in der Folge entwickelte Software-Update wurde mit Bescheid vom 01.08.2018 vom KBA freigegeben (Anl. B2).

Dem Kläger wurde Ende des Jahres 2018 mitgeteilt, dass er das Software-Update kostenfrei durchführen lassen könne. Der Kläger kam dem jedoch nicht nach.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 17.05.2019 erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten zu 1 die Anfechtung des Kaufvertrags wegen arglistiger Täuschung sowie den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte unter Fristsetzung zur Rückzahlung des Kaufpreises auf (Anl. K 31). Mit weiterem anwaltlichem Schreiben vom gleichen Tag forderte der Kläger die Beklagte zu 2 auf, im Wege des Schadensersatzes den Kaufpreis zu erstatten (Anl. K 31). Hierauf teilte die A Deutschland GmbH mit Schreiben vom 22.05.2019 mit, die festgestellten Unregelmäßigkeiten in der Motorsteuerungssoftware im Hinblick auf die Funktionsweise des SCR-Katalysators würden durch ein Software-Update beseitigt, dieses sei vom KBA bereits freigegeben. Daher bestünden keine Ansprüche (Anl. K 32).

Die Staatsanwaltschaft Stuttgart verhängte am 07.05.2019 gegen die Beklagte zu 2 wegen fahrlässiger Verletzung der Aufsichtspflicht in einer Entwicklungsabteilung der A AG im Hinblick auf die Emissionen von Dieselfahrzeugen mit V6- und V8-Motoren von D im Zeitraum ab 2...

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