Verfahrensgang

LG Bochum (Urteil vom 03.02.1999; Aktenzeichen 2 O 404/98)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 3. Februar 1999 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bochum wird zurückgewiesen.

Auf die Berufung der Klägerin wird dieses Urteil abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Fa. B GmbH & Co. KG, G-Straße, X, 24.553,50 DM nebst 1,2 % Zinsen pro Monat ab dem 24.07.1993 zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen und die weitergehende Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden zu 77 % der Beklagten und zu 23 % der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einer Teilkaskoversicherung auf Zahlung einer Diebstahlsentschädigung für das versicherte Leasingfahrzeug Peugeot 860 SRDT, Erstzulassung am 16.12.1996, in Anspruch.

Sie behauptet, ihr Geschäftsführer T2 habe den Wagen am 02.06.1998 gegen 20.30 Uhr in der H-Straße in E2 abgestellt, um die „Szenekneipe T3” aufzusuchen. Nach Beendigung des Gaststättenaufenthalts habe er wegen starker Alkoholisierung das Fahrzeug am Abstellort zurückgelassen und sei gemeinsam mit einem Bekannten in dessen Fahrzeug nach C zurückgekehrt.

Am Nachmittag des 05.06.1998 habe T2 den Peugeot am Abstellort nicht mehr vorgefunden.

Die Beklagte verweigert Versicherungsschutz. Sie bestreitet den Diebstahl mit näherer Begründung und beruft sich überdies auf Leistungsfreiheit wegen Aufklärungsobliegenheitsverletzung, weil die Klägerin – vertreten durch ihren Geschäftsführer T2 – Falschangaben zur Laufleistung des versicherten Fahrzeugs gemacht habe. Außerdem wird auch die geltend gemachte Entschädigungshöhe bestritten.

Durch das angefochtene Urteil hat das Landgericht die Beklagte zur Zahlung von 21.087,13 DM nebst 1,2 % Zinsen pro Monat ab 24.07.1998 an die Leasinggeberin verurteilt. Im übrigen ist die Klage abgewiesen worden.

Gegen dieses Urteil richten sich die Berufungen beider Parteien.

Die Beklagte wünscht aus den erstinstanzlich vorgetragenen Gründen nach wie vor die vollständige Klageabweisung.

Die Klägerin behauptet, der vom Landgericht angenommene Wiederbeschaffungswert von 21.087,13 DM sei zu niedrig; richtig seien 31.020,86 DM.

Das zulässige Rechtsmittel der Beklagten ist unbegründet. Auf die zulässige Berufung der Klägerin war das angefochtene Urteil insoweit abzuändern, als die Beklagte zur Entwendungsentschädigung in Höhe von 24.553,50 DM nebst ausgeurteilten Zinsen an die Leasinggeberin verpflichtet ist.

I. Berufung der Beklagten:

1. Die Beklagte ist nicht wegen Aufklärungsobliegenheitsverletzung (§ 7 I Nr. 2 S. 3 AKB) leistungsfrei geworden (§§ 7 V Nr. 4 AKB; 6 Abs. 3 VVG).

a) Zwar enthält das Fragebogenformular vom 06.07.1998 (Bl. 40 ff. d.A.) zur Frage 51 „Wieviel Kilometer wurden mit dem Fahrzeug seit Erwerb gefahren?”) einen Eintrag von „32-33.000 km”, der vom Geschäftsführer T2 der Klägerin stammt und objektiv unrichtig ist.

Aufgrund der vom Senat eingeholten Auskunft der Fa. H GmbH vom 25.10.1999 steht fest, daß das versicherte Fahrzeug dort zuletzt am 19.12.1997 vorgestellt worden ist und bereits zu diesem Zeitpunkt einen Tachometerstand von 34.867 km aufwies. Auch in der Folgezeit ist das Fahrzeug unstreitig weiter genutzt worden, allerdings bei weitem nicht so intensiv wie in der Zeit vor dem 19.12.1997. Die Zeugin N hat die Angaben T2 bestätigt, wonach der Wagen im Winter 1997/98 im wesentlichen nur für kurze Strecken benutzt worden ist und im Jahre 1998 in diesem Jahr gab es, anders als 1997, kein Open-air-Engagement der Klägerin so gut wie gar nicht mehr. Dazu paßt, daß es nach dem 19.12.1996 keinen Werkstattaufenthalt des Fahrzeugs bei der Firma H gegeben hat; im Zeitraum vom 01.12.1996 bis 19.12.1997 waren es demgegenüber 6 Werkstattaufenthalte gewesen. Der Senat geht deshalb zum Diebstahlszeitpunkt von einer Gesamtlaufleistung von ca. 37.500 km aus (34.867 km zzgl. die vom Geschäftsführer T2 angegebenen Fahrten: zwei N2-Fahrten, eine E-Fahrt, eine P-Fahrt und gelegentliche Kurzstrecken). Damit liegt eine außerhalb der üblichen Schätzungstoleranzen gegebene Abweichung zur angegebenen Laufleistung von „32-33.000 km” vor.

Ob die Klägerin sich vom Vorwurf des gesetzlich vermuteten Vorsatzes ihres Geschäftsführers entlasten kann, ist zweifelhaft. Seiner Behauptung, er habe den Kilometerstand vage geschätzt und sei bei der Befragung durch den Regulierungsbeauftragten T fortlaufend gedrängt worden, steht die unstreitige Tatsache entgegen, daß er bereits bei der polizeilichen Strafanzeige am 05.06.1998 einen Kilometerstand von ca. 32.000 angegeben hat. Letztlich bedarf dies einer abschließenden Entscheidung aber nicht.

Der Beklagten ist nämlich die Berufung auf Leistungsfreiheit bereits deshalb verwehrt, weil sie dem Geschäftsführer der Klägerin die für sie offenkundige Unrichtigkeit der Laufleistungsangaben nicht vorgehalten und nicht auf diese Weise auf eine sachgerechte Klärung der Formularfrage hingewirkt hat.

Wie bei der Vernehmung des Schadensreguli...

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