Verfahrensgang
LG Arnsberg (Aktenzeichen 2 O 186/95) |
Gründe
Die Klägerin hat bei der Beklagten eine Lebensversicherung nebst Berufsunfähigkeitszusatzversicherung abgeschlossen, der die Besonderen Bedingungen für die Berufsunfähigkeitsversicherung 1987 zugrunde liegen. Neu erworbene berufliche Fähigkeiten sind zu berücksichtigen.
Die Klägerin hat bei dem Zahnarzt in acht Jahre als Zahnarzthelferin gearbeitet. Sie ist sehr vielseitig eingesetzt worden, überwiegend jedoch bei der Stuhlassistenz. Als die Klägerin zunehmend über Rückenprobleme klagte, die des öfteren zum Abbruch ihrer Tätigkeit als Stuhlassistentin geführt haben, setzte sie zunächst vermehrt auch an der Rezeption ein. In einem Gespräch gewannen beide die Überzeugung, daß die Klägerin ihren Beruf auf Dauer nicht werde ausüben können. Daraufhin kündigte die Klägerin zum 01.02.1994. Im März 1994 verlangte. sie Leistungen aus der abgeschlossenen Berufsunfähigkeitszusatzversicherung. Dies lehnte die Beklagte ab, weil nach einem von der BfA eingeholten Gutachten zwar ein WS-Syndrom vorliege, das aber vollschichtige Tätigkeit im Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen ebenso ermögliche wie Bürotätigkeit. Daraufhin wurde die Klägerin zur Industriekauffrau umgeschult. In diesem Beruf war sie zunächst tätig, derzeit ist sie arbeitslos.
Mit der Klage hat die Klägerin die Feststellung der Einstandspflicht der Beklagten aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung verlangt. Das Landgericht hat ein Gutachten eingeholt. Dieser kam zu dem Ergebnis, daß bei der Klägerin durch Bandscheibenverschleiß bedingte WS- und Knieprobleme vorlägen, die aber derzeit noch gut behandelbar seien. Bis auf die ständige Stuhlassistenz könne die Klägerin ihren Beruf ausüben. Das Landgericht hat daraufhin die Klage abgewiesen, weil Berufsunfähigkeit im bedingungsgemäßen Umfang (mindestens 50 %) nicht nachgewiesen sei.
Mit der Berufung hat die Klägerin zuletzt noch Zahlungsansprüche für den Zeitraum vom 01.03.1994 bis zum 31.01.1997 geltend gemacht. Sie hält das Gutachten nicht für überzeugend. Auch müsse die vom Sachverständigen angenommene Behandelbarkeit außer Betracht bleiben.
Die Beklagte verweist darauf, daß die Stuhltätigkeit auch Dinge umfasse, die die Klägerin noch habe tun können. Deshalb sei 50%ige Berufsunfähigkeit nicht gegeben. Auch die Klägerin als Arbeitnehmerin müsse sich auf Umorganisation, nämlich auf eine ihr vom Arbeitgeber zugewiesene leichtere Tätigkeit, verweisen lassen. Im Termin hat die Beklagte auch Verweisungsberufe genannt.
Die Berufung ist im zuletzt noch aufrechterhaltenen Umfang begründet. Die Beklagte hat für den Zeitraum vom 01.03.1994 bis zum 31.01.1997 aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung die bedingungsgemäßen Leistungen zu erbringen.
1.
Die Aufgabe der Klägerin umfaßte in erster Linie, wie sich aus der vom Senat eingeholten Stellungnahme des Zahnarztes ergibt, seine direkte Unterstützung bei der Arbeit am Patienten. Ihr Arbeitsfeld lag während der regelmäßigen morgendlichen zahnprothetischen Tätigkeit am und im Patientenmund. An zumindest zwei Nachmittagen der Woche mußte sie bei chirurgischen Tätigkeiten in ähnlicher Weise assistieren. Die sonstigen Aufgaben der Klägerin waren ihr nach den vorliegenden Gutachten noch möglich. Die Tätigkeit als Stuhlassistentin ist mit Zwangshaltungen verbunden, die zunächst zu Beschwerden und, wie der Sachverständige weiter ausgeführt hat, zu Blockierungen der Rückenpartie führen können. Dies war ungeachtet der Tatsache, daß die objektiven orthopädischen Befunde bei der Klägerin nicht erheblich waren, bei dieser der Fall. Anhaltspunkte dafür, daß die Klägerin diese Beschwerden simuliert hat, hat auch der Sachverständige nicht gefunden. Die Klägerin mußte ihre Tätigkeit als Stuhlassistentin wegen ihrer Beschwerden immer häufiger abbrechen. Sie war deshalb aus gesundheitlichen Gründen außer Stande, diesen Teil ihrer beruflichen Tätigkeit auszuüben.
a)
Entgegen der Auffassung des Landgerichts führt dies zur Berufsunfähigkeit im bedingungsgemäßen (mindestens 50%igen) Umfang. Zwar weist die Beklagte zu Recht darauf hin, daß der Teil der Tätigkeit der Klägerin, der nur in Zwangshaltung ausgeübt werden kann und der der Klägerin deshalb nicht mehr möglich ist, die 50%-Grenze nicht erreichen kann. Denn die Klägerin hatte außer ihrer Assistenz bei prothetischen und chirurgischen Arbeiten ihres Arbeitgebers auch sonstige Dinge zu erledigen, etwa die Vorbereitung dieser Tätigkeiten, die Beratung des Patienten und ähnliches, die zeitlich eher einen höheren Umfang einnahmen. Der Umfang der Berufsunfähigkeit richtet sich aber nicht immer oder ausschließlich nach der rein zeitlichen Abschätzung der noch und der nicht mehr erbringbaren Leistungen des Versicherungsnehmers. Dem Versicherungsnehmer muß nämlich ein 50%iges, seiner bisherigen Arbeit adäquates Arbeitsfeld verbleiben, soll Berufsunfähigkeit ausgeschlossen sein. Der Maßstab der Arbeitszeit (hierzu OLG Hamm r+s 91, 178) versagt deshalb, wenn die Unfähigkeit für einzelne Arb...