Leitsatz (amtlich)
1. Zur Rückwärtsversicherung, wenn im Antrag auf Abschluss einer Krankenversicherung ein festes Anfangsdatum angegeben wird, die Annahme sich aber darüber hinaus verzögert.
2. Zur Frage einer Nachmeldeobliegenheit, wenn nach diesem Datum ein Versicherungsfall eintritt, der zugleich einen gefahrerhöhenden Umstand begründet.
Normenkette
VVG § 2; MBKK § 2 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Dortmund (Aktenzeichen 2 O 165/01) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 8.11.2001 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Dortmund abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 19.423,56 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 18.153,76 Euro seit dem 7.6.2001 sowie nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus weiteren 1.269,80 Euro seit dem 8.11.2001 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass der Krankenversicherungsvertrag der Parteien nicht durch den Rücktritt der Beklagten vom 5.12.2000 beendet ist.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, sofern nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Den Parteien bleibt nachgelassen, die Sicherheitsleistung auch durch schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Kreditinstitutes zu erbringen.
Tatbestand
Der Kläger nimmt die Beklagte aus einer Krankenversicherung auf Zahlung von Behandlungskosten, Krankentagegeld sowie Feststellung des Bestehens von Versicherungsschutz in Anspruch.
Am 20.10.2000 beantragte der Kläger die Wieder-In-Kraftsetzung seiner Krankenvollversicherung einschl. Krankentagegeld sowie seiner Pflegeversicherung, ausweislich des vorgenannten Antrages „zum 1.11.2000”. Bereits zuvor war der Kläger bei der Beklagten krankenversichert gewesen; dieser Versicherungsschutz endete wegen Prämienrückständen im Dezember 1999.
Das Antragsformular vom 20.10.2000 wurde in Abwesenheit des Klägers vom Zeugen P., einem Versicherungsagenten der Beklagten, ausgefüllt und von der Ehefrau des abwesenden Klägers in dessen Einverständnis unterzeichnet (Bl. 51 f. GA). Auf der Rückseite des Antragsformulars heißt es unter dem Stichwort „Erläuterungen der …” u.a.: „Ein Vertrag kommt frühestens zustande, wenn der Vorstand die Annahme des Antrages erklärt oder der Versicherungsschein ausgehändigt oder angeboten wird.”
Ferner heißt es in dem Antragsformular wörtlich: „… Ich verpflichte mich, alle etwaigen Veränderungen der Antragsangaben und des Gesundheitszustandes der zu versichernden Personen, die in der Zeit zwischen dem Tag der Antragstellung und dem Abschluss des Vertrages eintreten, dem Versicherer umgehend schriftlich anzuzeigen …”.
Unter dem 14.11.2000 wurde der Kläger notfallmäßig in das … Krankenhaus …, E., eingewiesen; am 15.11.2000 wurde ein Hirntumor diagnostiziert. Am 16.11.2000 nahm die Beklagte den Versicherungsantrag „im Rahmen des Antrages, etwaiger ergänzender Erklärungen sowie der allgemeinen Versicherungsbedingungen”… an; auf das entspr. Schreiben vom 16.11.2000 wird Bezug genommen.
Nach Eingang des Kostenübernahmeantrages durch das oben genannte Krankenhaus – der Kläger hatte bei Aufnahme die Beklagte als seinen Versicherer benannt – erklärte die Beklagte wegen der ihr nicht bekannten Erkrankung des Klägers und seiner stationären Behandlung unter dem 5.12.2000 den Rücktritt vom Vertrag. Zur Übersendung des Versicherungsscheines und der MBKK/MBKT 94 kam es nachfolgend nicht mehr.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, für die durch die Tumorerkrankung verursachten Kosten bestehe Versicherungsschutz; ferner stehe ihm ab dem 12.12.2000 ein Anspruch auf Krankentagegeld zu. Er hat behauptet, am 14./15.11.2000 den Zeugen F. fernmündlich über seine Einweisung in das Krankenhaus informiert zu haben, als er sich nach dem Stand der Sache erkundigt habe.
Der Kläger hatte ferner mit Schriftsatz vom 29.5.2001 einen Feststellungsantrag, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 38 GA), anhängig gemacht; dieser Antrag war der Beklagten unter dem 13.6.2001 zugestellt worden. Diesen Feststellungsantrag hat der Kläger ausweislich des Sitzungsprotokolls, auf dessen Inhalt ebenfalls Bezug genommen wird, in der mündlichen Verhandlung vom 8.11.2001 indessen nicht gestellt.
Der Kläger hat insoweit beantragt,
1. 36.376,28 DM nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungs-Gesetzes seit Rechtshängigkeit,
2. weitere 2.591,62 DM zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat ihrerseits die Ansicht vertreten, der Rücktritt sei berechtigterweise erklärt worden, da der Kläger seiner Nachmeldeobliegenheit nicht nachgekommen sei. Im Übrigen bestehe schon deswegen kein Versicherungsschutz, weil der Vertrag gem. der §§ 2 Abs. 1 MBKK/MBKT 94 frühestens mit Annahme des Antrages zustande gekommen sei, der Versicherungsfall ab dem 14.11.2000 mithin vor B...