Verfahrensgang

LG Dortmund (Beschluss vom 13.06.2022; Aktenzeichen 7 O 292/20)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 13. Juni 2022 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten der Berufungsinstanz.

Das angefochtene und dieses Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1, 544 ZPO abgesehen.

Wegen des Wortlautes der gestellten Anträge wird Bezug genommen auf die zu Protokoll erklärten Anträge aus den Schriftsätzen des Berufungsklägers vom 04.10.2022 (Bl. 105 f. e.A. II) und 21.08.2023 (Bl. 759 f. e. A. II), mit dem er abändernd vorrangig die Zahlung von 14.822,26 EUR nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeuges sowie Feststellung des Annahmeverzuges und die Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren und hilfsweise die Zahlung des "Differenzschadens" begehrt sowie die Feststellung, dass die Beklagte zum Ersatz sämtlicher zukünftiger Schäden verpflichtet ist, und auf den Schriftsatz der Berufungsbeklagten vom 05.10.2022 (Bl. 141 e.A. II), mit dem sie die Zurückweisung der Berufung beantragt.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf die angefochtene Entscheidung und die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II. Die Berufung des Klägers ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

1. Der Kläger hat keinen Anspruch aus §§ 826, 31 BGB, weil kein sittenwidriges Handeln der Beklagten festgestellt werden kann.

a) Der BGH hat zwar im Hinblick auf die EA189-Motoren entschieden, dass die darin implementierte Prüfstandserkennung mit Umschaltlogik eine Haftung der Beklagten gem. § 826 BGB begründen kann, weil sie sich im Rahmen der von ihr bei der Motorenentwicklung getroffenen strategischen Entscheidung, die Typgenehmigungen durch arglistige Täuschung des KBA zu erschleichen und die derart bemakelten Fahrzeuge alsdann in Verkehr zu bringen, die Arglosigkeit und das Vertrauen der Fahrzeugkäufer gezielt zunutze gemacht hat (BGH, Urteil vom 25.05.2020 - VI ZR 252/19, juris Rn. 25).

Im Hinblick auf die bei den EA288-Motoren verwendeten Applikationen lässt sich keine entsprechende gegen die guten Sitten verstoßende und auf Schädigung der einzelnen Fahrzeugkäufer abzielende Vorgehensweise der Beklagten feststellen. Dies hat der BGH in der Vergangenheit sowohl hinsichtlich der Verwendung eines Thermofensters entschieden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 09.03.2021 - VI ZR 889/20, juris Rn. 25 ff.; vom 19.01.2021 - VI ZR 433/19, juris Rn. 17 ff.) als auch hinsichtlich der Implementierung einer Fahrkurvenerkennung (BGH, Beschluss vom 21.03.2022 - VIa ZR 334/21, juris Rn. 22). Selbst für den Fall, dass das OBD-System eine gebotene Grenzwertüberschreitung nicht anzeigen sollte, rechtfertigt dies in der gebotenen Gesamtbetrachtung nicht den Vorwurf einer gegen die guten Sitten verstoßenden Vorgehensweise (BGH, Urteile vom 23.11.2021 - VI ZR 839/20, juris Rn. 20; vom 28.10.2021 - III ZR 261/20, juris Rn. 27; Beschluss vom 15.09.2021 - VII ZR 2/21, juris Rn. 18).

b) Da selbst das KBA als zuständige Behörde die bei den EA288-Motoren verwendeten Applikationen für rechtlich unbedenklich hält, kann bei den für die Beklagten tätigen Personen auch kein Bewusstsein einer evidenten Unzulässigkeit ihres Vorgehens festgestellt werden (vgl. OLG Naumburg, Urteil vom 16.12.2021, 8 U 42/21, juris Rn. 55 ff.). Jedenfalls ist vor dem Hintergrund der behördlichen Billigung nicht dargetan, dass sich den für die Beklagte tätigen Personen die Gefahr einer Schädigung des Anspruchstellers hätte aufdrängen müssen (BGH, Urteile vom 16.09.2021 - VII ZR 190/20, juris Rn. 32 und VII ZR 286/20, juris Rn. 31; vgl. auch Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 22.12.2021 - 4 U 19/21, juris Rn. 52).

2. Der Kläger kann den geltend gemachten Schadensersatzanspruch auch nicht auf die Verletzung eines Schutzgesetzes stützen (§ 823 Abs. 2 BGB) und damit begründen, die Beklagte habe schuldhaft, eventuell auch bloß fahrlässig, eine unzulässige Abschalteinrichtung i.S.d. Art. 5 VO (EG) Nr. 715/2007 beim streitgegenständlichen Fahrzeug verwendet und deshalb dafür keine Übereinstimmungsbescheinigung ausstellen dürfen (§§ 6, 27 EG-FGV).

Der BGH hat zwar entschieden, dass ein entsprechender gegen den Fahrzeughersteller gerichteter Schadensersatzanspruch im Einzelfall gegeben sein kann, der sich dann in der Rechtsfolge allerdings von vornherein nicht auf die im vorliegenden Rechtsstreit noch - mit dem Hauptantrag - angestrebte Rückabwicklung des Kaufvertrages im Sinne eines großen Schadensersatzes erstreckt, sondern vielmehr auf den - hier hilfsweise geltend gemachten - sog. Differenzschaden in Höhe des Betrages beschränkt, um den der Käufer das mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehene Fahrzeug zu teuer erworben hat (BGH, Urteil vom 26.06.2023 - VIa ZR 335/21, juris Rn...

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