Verfahrensgang
LG Münster (Aktenzeichen 114 O 22/20) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 19.11.2021 verkündete Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Münster (114 O 22/20) teilweise abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 11.928,08 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 10.000,00 EUR seit dem 27.10.2020 und aus 1.928,08 EUR seit dem 22.09.2022 zu zahlen.
Der Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten i.H.v. 864,66 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 28.10.2020 zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen zu 77 % der Kläger und zu 23 % der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem jeweiligen Vollstreckungsschuldner bleibt vorbehalten, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
A. Der Beklagte ist Inhaber der Einzelfirma Y.-A.G.. Das Unternehmen des Beklagten beschäftigt sich, wie dem Senat bereits aus dem (beendeten) Parallelverfahren 34 U 240/20 bekannt ist, mit dem Trading von Kryptowährungen. Gegen den Beklagten hat die Staatsanwaltschaft Münster unter dem Aktenzeichen 44 Js 884/19 ein Ermittlungsverfahren betrieben, in dessen Zuge nach dem unbestrittenen Vortrag des Beklagten das Vermögen der "Y. A.G." und sämtliche Geschäftsunterlagen von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmt wurden. Zwischenzeitlich ist unter dem Aktenzeichen Landgericht Münster 7 KLs 44 Js 884/19-5/22 das Hauptverfahren gegen den hiesigen Beklagten eröffnet worden.
Die Parteien schlossen am 22.11.2019 (und nicht am 22.11.2020, wie im erstinstanzlichen Tatbestand angeführt) einen als solchen überschriebenen, von dem Beklagten vorformulierten Dienstleistungsvertrag mit dem Kläger als Auftraggeber und dem Beklagten als Auftragnehmer. Gegenstand des Vertrages war gemäß Ziffer I die Durchführung der Dienstleistung "Warm Investition "Bitcoin & Altcoins"". Gemäß Ziffer III des Vertrages wurde das Vertragsverhältnis auf unbestimmte Zeit geschlossen. Es war beiderseitig mit "keiner" Frist zum Monatsende kündbar, ohne dass es einer Angabe von Gründen bedurfte.
Ziffer VII ("Vergütung") lautet:
"Es werden einmalig 10 % der Investitionssumme als Berater und Einrichtungsgebühr nach Erfüllung der Erwirtschaftung einbehalten.... Außerdem, werden bei der Auszahlung weitere 10 % inkl. Mehrwertsteuer in gesetzlicher Höhe des Auszahlungsbetrages in jedem Fall erhoben."
Ziffer VIII ("Haftung") des Vertrages lautet:
"Für Schäden die nachweislich der Auftragnehmer zu vertreten hat, haftet der Auftragnehmer im Rahmen der von ihm abgeschlossenen Betriebshaftpflichtversicherung. Falls nicht von dieser Betriebshaftpflichtversicherung erfasst, haftet er für die Summe der eingezahlten Bitcoin Menge, nicht aber für den entsprechenden EUR Wert. Er stellt sicher, dass der Auftraggeber niemals weniger als die eingezahlte Bitcoin Menge zurück erhält."
Nach Ziffer IX (Sonstige Bestimmungen) war die Beratungsdokumentation ebenfalls Vertragsbestandteil. In dieser finden sich folgende Formulierungen:
1. Anlass der Beratung, Wünsche und Bedürfnisse des Kunden
1.1 Anlass der Beratung
Warm Investition "Bitcoin"
1.2 Kundenwünsche
Wert: 10.000,00 EUR (Wert in Bitcoin 1,533 BTC STAND: 21.11.2019)
Der Kunde wünscht eine Beratung und Warm Investition bezüglich der Anlage "Bitcoin".
1.3 Kundenbedarf
Es werden Konten, auch "Wallet's" genannt für die
Investition bereitgestellt (...)
(...)
4. Anlagen
4.1 Auszahlung: Eine Auszahlung istjederzeitmöglich
4.2 Kosten: Es werden einmalig 10 % der Investitionssumme als Berater und Einrichtungsgebühr nach Erfüllung der Erwirtschaftung einbehalten.
Betrag: (1.000,00 EUR).
Außerdem, werden bei jeder Auszahlung weitere
10 % des Auszahlungsbetrages erhoben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Dienstleistungsvertrag und die zugehörige Beratungsdokumentation (Anlagen K1 und K2, Bl. 6-I ff d.A.).
Der Kläger macht gegen den Beklagten wegen vermeintlicher Kündigung des Vertrags Ansprüche geltend.
Der Kläger hat gemeint, der Beklagte sei aufgrund des Dienstleistungsvertrags verpflichtet, die übergebenen Geldmittel für ihn in Bitcoin anzulegen. Er hat behauptet, er habe am 22.11.2019 einen Betrag von 10.000,00 EUR an den Beklagten gezahlt. Dieser Betrag sei ausweislich des sogenannten Dashboards mit einem Bitcoin Wert von 1,530 eingebucht worden. Noch am 05.10.2020 habe das Dashboard des Klägers einen Bitcoin Betrag von 1,775 ausgewiesen. Mit Einwurf-Einschreiben vom 02.09.2020 habe er den Vertrag gekündigt und den Beklagten aufgefordert, den Gesamtbetrag auszahlen. Das Kündigungsschreiben sei einer Frau Z. ausgehändigt worden, die -unstreitig- empfangsberechtigt für den Beklagten gewesen sei. Nachdem keine Zahlung erfolgt sei, h...