Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Bonn vom 14.02.2020 (10 O 248/19) unter Aufrechterhaltung im Übrigen und Abweisung der weitergehenden Klage teilweise dahin abgeändert, dass die im Tenor des Urteils benannten Token aus den beiden Wallets "Etherum classic" und "Bitcoin segwit"
an die als Treuhänder agierende Kanzlei Z. G. D. GmbH Steuerberatungsgesellschaft, Herrn Rechtsanwalt Dr. J. W., herauszugeben und auf deren Wallet Adressen:
* N01 (alle derzeit im Wallet "Etherum classic" verwahrten Währungen)
* N02 (alle derzeit im Wallet "BTC segwit" verwahrten Bitcoins)
zu transferieren sind
und der Feststellungsausspruch dahin zu ergänzen ist, dass die Haftung des Beklagten im Falle eines nur fahrlässigen Verhaltens auf 1,5 Mio. EUR begrenzt wird.
Die weiter gehende Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 20 % und der Beklagte zu 80 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin sowie der Beklagte können die Vollstreckung in Bezug auf die Kostenentscheidung sowie den Freistellungsanspruch durch die jeweils andere Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Im Übrigen ist das Urteil für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 4,7 Mio. EUR vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Klägerin bietet über eine App Dienstleistungen an, die Investitionen im gesamten Krypto- und Blockchain-Markt ermöglich sollen, wobei insbesondere junge Menschen angesprochen werden. Zunächst wurde von ihr eine sog. Euro-App entwickelt, bei der nach vorher vom Nutzer festgelegten Regeln Gelder von den Girokonten der Sparer auf das B.-Sparkonto transferiert werden. Alsdann schuf die Klägerin eine sog. Krypto-App, bei der Krypto-Währungen als Sparmittel eingesetzt werden. Diese App wird von der B. FL GmbH mit Sitz in U. herausgegeben. Die Bezahlung der bei der Nutzung anfallenden Transaktionsgebühren erfolgt mit sog. SVD-Token. Diese Token, deren rechtliche Einordnung als Utility- oder Currency-Token zwischen den Parteien streitig ist, konnten im Jahr 2018 von Interessierten im Rahmen der ICO (Initial Coin Offerings) oder auch ITS (Initial Coin Setting) erworben werden. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf Bl. 7 f. der Klageschrift (Bl. 8f d.A.) Bezug genommen
Während des Verkaufsprozesses war eine Zahlung in Fiat-Währungen (Euro, Dollar) oder mit Krypto-Währungen (bitcoin, Ether etc.) möglich. Das für erstere als Treuhänder fungierende O. E. & Co hat die an sie treuhänderisch eingezahlten Gelder inzwischen an die Klägerin ausgezahlt.
Für die in Krypto-Währungen eingehenden Zahlungen wurde am 12.01.2018 mit dem Beklagten ein Treuhandvertrag abgeschlossen. Dieser Vertrag sah vor, dass der Beklagte die eingezahlten Krypto-Währungen in zwei sog. Wallets (virtuelle Geldbörsen) verwahren sollte. Im Weiteren heißt es dort:
"Soweit B. die B.-Token an den Käufer gesendet haben, kann B. die in den Treuhandwallets verwahrten Coins anteilig anfordern. Dies ist auch schon zur Laufzeit der ICO möglich. Der jeweilige Käufer hat ab Anforderung eine Woche Zeit, einer Weiterleitung zu widersprechen, falls er die B.-Token nicht erhalten haben sollte. Der Treuhänder wird dann versuchen, den Sachverhalt zu klären und auf eine einvernehmliche Lösung hinzuarbeiten."
Die im Vertrag in Bezug genommenen Allgemeinen Mandatsbedingungen des Beklagten enthielten schließlich u.a. folgende Regelungen:
"5. Haftung
...
(2) Der Anspruch des Auftraggebers gegen den Steuerberater auf Ersatz eines nach Abs. 1 fahrlässig verursachten Schadens wird auf 1.500.000,00 EUR (...) begrenzt.
8. Beendigung des Vertrages
...
2. Der Vertrag kann - wenn und soweit er einen Dienstvertrag im Sinne des §§ 611, 675 BGB darstellt - von jedem Vertragspartner außerordentlich nach Maßgabe des § 627 BGB gekündigt werden, ...
...
4. Der Steuerberater ist verpflichtet, dem Auftraggeber alles, was er zur Ausführung des Auftrags erhält oder erhalten hat und was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt, herauszugeben. ...
Wegen der weiteren Einzelheiten dieser Vereinbarung wird auf den Treuhandvertrag vom 12.10.2018 sowie die einbezogenen Allgemeinen Mandatsbedingungen des Beklagten (Anlage K 3, Bl. 87 ff. d.A.) Bezug genommen.
In einem sog. Whitepaper, einer Informations- und Werbebroschüre für die potentiellen Käufer, wurden die Voraussetzungen für die Auszahlung der coins von dem Treuhänder an die Klägerin wie folgt definiert:
"Sämtliche Zahlungen in Krypto-Währungen, die im Zusammenhang mit dem B.-ICO vereinnahmt werden, werden treuhänderisch durch Herrn Rechtsanwalt N. Y. gehalten. Herr Y. wird die ICO-Gelder halten, bis die Mindestverkaufszahl erreicht ist und die entsprechenden B.-Token elektronisch geprägt wurden. Wird die Mindestverkaufszahl zum Ende des Hauptverkaufs nicht erreicht, wird er sicherstellen, dass sämtliche Geld...