Verfahrensgang
LG Bochum (Aktenzeichen 2 O 144/19) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 13. Dezember 2019 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bochum wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird für die Berufungsinstanz für die Zeit bis zum 4. Mai 2021 auf 19.813,00 EUR und für die Zeit ab dem 5. Mai 2021 auf 17.560,89 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagte nach dem Kauf eines Dieselfahrzeugs auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch.
Der Kläger erwarb mit Rechnungsstellung vom 4. August 2016 bei der A GmbH ein Gebrauchtfahrzeug vom Typ B 2.0 TDI (110 kW), Euro 6, mit einer Erstzulassung vom 16. Juli 2015 und einer Laufleistung von seinerzeit 2.500 km zum Preis von 19.813,00 EUR.
Der seitdem vom Kläger für private Zwecke genutzte B ist mit einem von der Beklagten entwickelten Dieselmotor mit der internen Bezeichnung EA288 ausgestattet. Zur Reduktion der NOx-Rohemissionen kommt neben der Abgasrückführung (AGR) eine Abgasnachbehandlung mittels NOx-Speicherkatalysator (NSK) zum Einsatz.
Hinsichtlich der Vorgängergeneration dieses Dieselmotors mit der internen Bezeichnung EA189 war vom Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) im Oktober 2015 ein verpflichtender Rückruf angeordnet worden, weil das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung festgestellt worden war.
Der Kläger geht davon aus, dass der in seinem Fahrzeug verbaute Motor mit der älteren Generation im Wesentlichen baugleich sei und ebenfalls eine oder mehrere unzulässige Abschalteinrichtungen enthält.
Der Kläger ließ die Beklagte deshalb über seinen Prozessbevollmächtigten vorgerichtlich zur Rücknahme des Fahrzeugs und Erstattung des Kaufpreises auffordern. Nachdem die Beklagte sich darauf nicht eingelassen hatte, hat der Kläger den vorliegenden Rechtsstreit bei dem Landgericht Bochum anhängig gemacht. Die Klageschrift ist der Beklagten am 30. Juli 2019 zugestellt worden.
Der Kläger hat erstinstanzlich behauptet, der EA288-Dieselmotor seines Fahrzeugs sei - ebenso wie die Vorgängergeneration - mit einer Software ausgestattet, die in der Lage sei, zwischen normalem Straßenbetrieb und Testbetrieb zu unterscheiden. Nur bei Erkennung des Testbetriebs werde der Motor in einen Modus geschaltet, der zu einem geringeren Schadstoffausstoß führe. Eine solche Manipulationssoftware stelle eine unzulässige Abschalteinrichtung iSd Art. 5 Abs. 2 VO (EG) Nr. 715/2007 dar. Darüber hinaus setze die Beklagte eine Technologie ein, die zu einer Reduktion des Stickoxidausstoßes nur innerhalb eines bestimmten Temperaturbereichs ("Thermofenster") führe. Auch dies stelle eine unzulässige Abschalteinrichtung dar. Dem Fahrzeug hafte demnach ein Makel an, der keiner Nachbesserung zugänglich sei.
Vor diesem Hintergrund stünden ihm gegen die Beklagte als Fahrzeugherstellerin Ansprüche gem. §§ 826, 31 BGB und gem. § 823 Abs. 2 BGB iVm § 263 StGB zu, die in der Rechtsfolge dazu führten, dass die Beklagte ihm ohne Anrechnung einer Nutzungsentschädigung den gezahlten Kaufpreis nebst Zinsen zu erstatten habe.
Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 19.813,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von vier Prozent seit dem 4. August 2019 sowie fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs B 2.0 TDI, Fahrgestellnummer: XXX
2. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des in Ziffer 1 genannten Fahrzeugs in Verzug befindet.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat betont, dass das streitgegenständliche Fahrzeug keineswegs mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet sei. Gerade vor dem Hintergrund der beim EA189-Motor aufgetretenen Problematik habe das Bundesverkehrsministerium das KBA angewiesen, die Motoren vom Typ EA288 umfangreichen Nachprüfungen durch unabhängige Gutachter unterziehen zu lassen. Im Zuge dieser KBA-Felduntersuchungen sei das KBA ebenfalls zu der Einschätzung gelangt, dass keine unzulässigen Abschalteinrichtungen vorlägen. Das gelte im Übrigen auch für das vom Kläger angesprochene "Thermofenster", zumal bei sämtlichen EA288-Fahrzeugen eine Abgasrückführung in einem sehr weiten Temperaturbereich zwischen -24°C und +70°C stattfinde. Dementsprechend sei hinsichtlich des streitgegenständlichen Fahrzeugs auch zu keinem Zeitpunkt ein Rückruf angeordnet worden. Es habe jederzeit uneingeschränkt genutzt werden können.
Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 13. Dezember 2019 abgewiesen. Der geltend gemachte deliktische Schadensersatzanspruch scheitere bereits daran, dass es keine Täuschungshandlung der Beklagten gegeben habe. Selbst wenn man dem Inverkehrbringen von Fahrzeugen durch die Beklagte "frisch und munter (Goethe)" einen Erklärungswert beimessen wolle, sei zu bedenken, dass es keinen konkret...