Leitsatz (amtlich)
1. Erwirbt ein Maklerkunde eine Immobilie zu einem Kaufpreis unter dem Marktwert, ist ihm in soweit kein vom Makler zu ersetzender Vermögensnachteil (Schaden) entstanden, auch wenn ihm der Makler zuvor - objektiv pflichtwidrig - ein unzutreffendes Baujahr der Immobilie mitgeteilt hatte.
2. Dem Maklerkunden steht in diesem Fall auch kein Schadensersatzanspruch auf Rückzahlung der Maklercourtage zu, wenn die Verpflichtung zur Zahlung der Courtage durch den mit dem Immobilienerwerb verbundenen Vorteil ausgeglichen wird, weil der Kaufpreis zzgl. der Courtage unter dem Marktwert der Immobilie liegen (Vorteilsausgleichung).
Normenkette
BGB §§ 249, 280, 652
Verfahrensgang
LG Münster (Urteil vom 23.11.2009; Aktenzeichen 15 O 209/09) |
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das am 23.11.2009 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des LG Münster wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Den Klägern bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages abzu-wenden, falls nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Das Urteil beschwert die Kläger mit mehr als 20.000 EUR; die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Die Kläger nehmen die Beklagte aufgrund von Pflichtverletzungen aus einem Maklervertrag in Anspruch.
Die Beklagte ist als gewerbsmäßige Maklerin tätig. Im Oktober 2007 wurden die Kläger auf ein im Internet von der Beklagten eingestelltes Angebot über eine Immobilie in F aufmerksam, in welchem es u.a. hieß: "Baujahr 1958". Die Kläger wandten sich daraufhin an die Beklagte und bekundeten ihr Interesse. Bei dem sodann mit dem für die Beklagte tätigen Zeugen H vereinbarten Besichtigungstermin unterzeichnete der Kläger zu 1) einen "Objektnachweis mit Courtagevereinbarung" (Bl. 67 d.A.) bezogen auf das Mehrfamilienhaus J-Weg in F. Gleichzeitig wurde den Klägern eine Objektbeschreibung überlassen, in welcher ebenfalls als Alter des Gebäudes das Jahr 1958 angegeben ist (Bl. 9 d.A.), sowie ein Immobilienangebot erstellt mit korrespondierenden Angaben (Bl. 8 d.A.).
Mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 13.12.2007 (Nr. 71/2007 des Notars C in F) erwarben die Kläger in der Folgezeit von den Eigentümern, den Zeugen Michael und M2, die vorbezeichnete Immobilie zu einem Kaufpreis von 160.000 EUR. An die Beklagte leisteten die Kläger die vereinbarte Maklercourtage i.H.v. 5.712 EUR.
Die Eheleute M1/M2 selbst hatten das Grundstück im Jahre 2001 von der Firma T3 AG zum Preis von 430.000 DM provisionsfrei erworben. Das Haus war zuvor in der Zeitung inseriert worden mit folgenden Angaben: "Baujahr 1935, 1980 komplett saniert". Seinerzeit lag eine schriftliche Objektbeschreibung vor, die die Zeugen M1/M2 entweder von der Firma T3 AG oder von dem Zeugen H erhalten hatten. Im Rahmen des Erwerbs hatte der Zeuge H für die Eheleute M1/M2 die Finanzierung vermittelt.
Eine Auskunft der Stadt F vom 9.1.2009 ergab, dass die Gebrauchsabnahme des von den Klägern erworbenen Hauses bereits am 19.10.1937 stattgefunden hatte und nicht erst im Jahre 1958.
Die Kläger verlangen von der Beklagten Schadensersatz i.H.v. 50.000 EUR sowie Rückzahlung der Maklercourtage. In der Klageschrift vom 26.1.2009 fochten die Kläger den notariellen Kaufvertrag vom 13.12.2007 wegen vorsätzlicher Täuschung durch die Beklagte an, erklärten jedoch mit Schriftsatz vom 4.3.2009 den "Widerruf" der Anfechtung. Die Kläger haben zunächst die J (ohne GmbH-Zusatz) vor dem LG Essen in Anspruch genommen. Mit Beschluss vom 22.4.2009 hat das LG Essen auf Antrag der Kläger den Rechtsstreit an das LG Münster verwiesen.
Die Kläger haben behauptet, der Zeuge H habe sowohl die Objektbeschreibung 2007 als auch das Immobilienangebot 2007 erstellt. Er habe vorsätzlich in beiden Unterlagen als Baujahr 1958 aufgeführt, obwohl ihm aufgrund der Objektbeschreibung aus seiner Vermittlungstätigkeit für die Zeugen M1/M2 aus dem Jahre 2001 bekannt gewesen sei, dass das Gebäude tatsächlich bereits 1935 errichtet worden sei. Selbst wenn der Zeuge H das tatsächliche Baujahr im Rahmen seiner Vermarktungstätigkeit nicht gekannt habe, so hätte er diesen Umstand nach ihrer Auffassung offen legen und sie darauf hinweisen müssen. Es möge sein, dass der Zeuge H die Informationen zum Baujahr von einem anderen Mitarbeiter der Beklagten, dem Zeugen B2, erhalten habe. Dann hätte der Zeuge H nach ihrer Auffassung darauf hinweisen müssen, dass das Baujahr nicht von ihm stamme, sondern von dem Zeugen B2. Auch habe der Zeuge H die persönlichen Interessen beider Parteien vertreten und sei daher als Doppelmakler tätig geworden, dies sei "erheblich". Die Immobilie habe als Kapitalanlage gedient. Sie hätten bei Kenntnis des wahren Baujahres von einem Kauf abgesehen. Der Schadensersatzanspruch i.H.v. 50.000 EUR resultiere aus der verringerten Restnutzungsdauer der Immobilie, welche um 1/3 verkürzt sei, bemessen an einer Nutzungsdauer von 80 Jahren...