Verfahrensgang
LG Dortmund (Urteil vom 15.06.1989; Aktenzeichen 8 O 139/89) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund vom 15.06.1989 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 2.500,00 DM abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Hohe leistet.
Dem Kläger wird nachgelassen, die Sicherheitsleistung auch durch Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlichen Sparkasse zu erbringen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger, dem mehrere Verbraucherverbände als Mitglieder angehören, ist ein rechtsfähiger Verein, der gemäß seinen Aufgaben Verbraucherinteressen durch Aufklärung und Beratung wahrnimmt. Er verfolgt insbesondere das Ziel, gegen unzulässige Allgemeine Geschäftsbedingungen vorzugehen, die gegenüber Nichtkaufleuten verwendet und empfohlen werden; dies geschieht erforderlichenfalls durch Einleitung gerichtlicher Maßnahmen. Die Beklagte errichtet Fertighäuser.
Im Rahmen der von der Beklagten verwendeten „Verkaufs-, Lieferungs- und Zahlungsbedingungen” hatte die Beklagte unter Nr. 10 u.a. eine obligatorische Schiedsgutachtenregelung aufgenommen, die vom Kläger mit Schreiben vom 19.01.1989 abgemahnt wurde. Die Beklagte reagierte mit Schreiben vom 03.02.1989 und teilte mit, sie habe die beanstandete Klausel geändert und werde sie zukünftig nur noch in folgender Form verwenden:
„Treten während oder nach Fertigstellung des Hauses Mängel auf, über deren Beseitigung oder Minderung zwischen den Vertragsschließenden keine Einigung erzielt werden kann, entscheidet das Urteil eines vereidigten Sachverständigen als Schiedsgutachter. Können die Vertragsschließenden sich nicht innerhalb von zwei Wochen nach Aufforderung durch eine Partei auf einen bestimmten Sachverständigen einigen, wird diese auf Antrag einer Partei von der zuständigen Industrie- und Handelskammer für beide Teile verbindlich bestimmt. Der nach den Feststellungen des Gutachters unterliegende Teil trägt die entstehenden Kosten des Gutachters; bei teilweisem Unterliegen bestimmt sich die Verteilung der Kosten nach Umfang des Obsiegens und Unterliegens. Die Feststellungen des Sachverständigen sind vorbehaltlich der §§ 317 bis 319 BGB für die Vertragsschließenden hinsichtlich der Frage des Bestehens oder Nichtbestehens der Mängel und der Bewertung verbindlich. Im übrigen gelten die Bestimmungen der VOB/B.”
Der Kläger hat daraufhin Klage erhoben. Er hat die Ansicht vertreten, eine obligatorische Schiedsgutachtenabrede könne grundsätzlich nicht in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbart werden. Im übrigen verstoße die Klausel auch gegen § 9 I AGB-Gesetz, weil wegen der weitreichenden Bindung der Perteien an das Schiedsgutachten nur eine individualvertragliche Auswahl des Gutachters in Betracht komme. Der Rechtsweg werde in unangemessener Weise eingeschränkt, weil der Verbraucher bis zur Grenze der offenbaren Unrichtigkeit an das Gutachten gebunden sei und durch den Hinweis auf §§ 317–319 BGB nicht erkennen könne, daß die Bestimmung des Gutachtens nicht endgültig ist.
Der Kläger hat beantragt,
- die Beklagte zu verurteilen, bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 50.000,00 DM für jeden Fall der Zuwiderhandlung die Verwendung der oben mitgeteilten oder inhaltsgleicher Klauseln in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Zusammenhang mit Kaufverträgen über Fertighäuser, ausgenommen Verträge mit einem Kaufmann im Rahmen seiner Handelsgeschäfte, zu unterlassen;
- dem Kläger die Befugnis zuzusprechen, die Urteilsformel mit der Bezeichnung der Beklagten als verurteiltem Verwender auf deren Kosten im Bundesanzeiger bekannt zu machen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Klausel verteidigt und ausgeführt, durch die Regelung werde die Unparteilichkeit des Sachverständigen bereits deswegen sichergestellt, weil er von einer neutralen Stelle benannte werde. Außerdem werde das Recht, das Gutachten anzufechten, nicht eingeschränkt.
Das Landgericht hat durch Urteil vom 15.06.1989 der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, es könne offen bleiben, ob in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine obligatorische Schiedsgutachtenabrede getroffen werden könne. Die von der Klägerin verwendete Klausel verstoße gegen § 9 I AGB-Gesetz, weil weder die Unparteilichkeit des Schiedsgutachters gewährleistet noch der Anspruch auf rechtliches Gehör sichergestellt sei. Außerdem sei das Anfechtungsrecht eingeschränkt, weil allein der Hinweis auf §§ 317–319 BGB für den rechtsunkundigen Verbraucher nicht ausreichend sei und die von der Beklagten verwendete Formulierung den Eindruck erwecke, die Feststellungen des Schiedsgutachters seien endgültig.
Mit ihrer Berufung wendet sich die Beklagte gegen das Urteil. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Eine Veröffen...