Verfahrensgang

LG Arnsberg (Urteil vom 28.11.1991; Aktenzeichen 4 O 134/91)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung der Anschlußberufung der Klägerin das am 28. November 1991 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Arnsberg abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin ist in Höhe von 41.058,62 DM beschwert.

 

Gründe

(§ 543 Abs. 1 ZPO)

Die zulässige Berufung der Beklagten hat Erfolg, die Anschlußberufung der Klägerin ist unbegründet.

Die Beklagten sind nicht verpflichtet, an die Klägerin Schadensersatz oder einen Kostenvorschuß für die Arbeiten zur Erneuerung der Klinkerfassade an dem Haus … in … zu leisten. Selbst nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin sind die Beklagten berechtigt, die Erfüllung dieser Forderung zu verweigern.

Die Frage der Sachmängelhaftung zwischen den Beklagten und den Eheleuten … von denen sich die Klägerin sämtliche Gewährleistungsrechte hat abtreten lassen, richtet sich trotz der Ausgestaltung des notariellen Vertrages vom 12.09.1985 als Kaufvertrag nach Werkvertragsrecht. Gegenstand des notariellen Vertrages war nämlich der Erwerb eines Grundstücks mit einem von den Beklagten als Veräußerern neu errichteten Gebäude, mag auch das Bauwerk bei Vertragsschluß bereits fertiggestellt gewesen sein, wie die Beklagten behaupten (vgl. BGH, NJW 1979, 1406; NJW 1979, 2207; NJW 1982, 2243; WM 1988, 1028; BGHZ 101, 351). Die Bauarbeiten daran sind nämlich letztlich zu Ende geführt worden, um das Objekt in der vorgesehenen Form veräußern zu können, auch wenn die Beklagten ursprünglich andere Zwecke damit verfolgt haben sollten. Unter diesen Umständen erscheint es sachgerecht, die Mängelhaftung für das im Ergebnis zur Veräußerung neu hergestellte Gebäude nach Werkvertragsrecht zu beurteilen.

Hiermit ist aber noch nicht die Durchsetzbarkeit der von der Klägerin in der Berufungsinstanz geltend gemachten Gewährleistungsansprüche gegeben.

Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der in § 3 des notariellen Vertrages vom 12.09.1985 enthaltene Gewährleistungsausschluß bei einer gemäß § 242 BGB vorzunehmenden Inhaltskontrolle (vgl. BGH, NJW 1979, 1406/1407; BGHZ 101, 351/353) deswegen als unwirksam anzusehen ist, weil nach den Behauptungen der Klägerin, denen jedoch die Bekundungen der betroffenen Zeugen … entgegenstehen könnten, die einschneidenden Rechtsfolgen dieser Freizeichnung nicht vorher zwischen den damaligen Vertragsparteien erörtert und die Eheleute … bei Vertragsschluß nicht hinreichend darüber belehrt worden seien.

Den Gewährleistungsforderungen der Klägerin gemäß §§ 633 Abs. 2, 635, 398 BGB steht nämlich in jedem Fall die von den Beklagten erhobene Einrede der Verjährung entgegen (§ 222 BGB). Gemäß § 638 Abs. 1 S. 2 BGB beginnt die Verjährung mit der Abnahme des Werkes. Unter Abnahme ist, wie sich aus § 640 BGB ergibt, die körperliche Entgegennahme des Werkes durch den Besteller, verbunden mit dessen Erklärung, daß er das Werk als der Hauptsache nach vertragsgemäße Leistung anerkenne, zu verstehen (BGHZ 48, 257/262; Palandt, BGB, 51. Aufl., § 640, Rdn. 2; Werner/Pastor, Der Bauprozeß, 6. Aufl., Rdn. 1165).

Geht man von der Sachverhaltsdarstellung der Beklagten aus, so erfolgte die Abnahme bereits am 12.09.1985, indem sich die damaligen Vertragsparteien im Anschluß an die notarielle Beurkundung in dem vollständig hergestellten Haus trafen und der beklagte Ehemann den Erwerbern …, die bereits einige Wochen zuvor einen Schlüssel für Tapezierarbeiten erhalten und das Haus in dieser Zeit eingehend besichtigt hatten, die restlichen Schlüssel aushändigte mit der Bemerkung, jetzt gehöre das Haus ihnen, er habe damit nichts mehr zu tun.

Aber selbst wenn man das Vorbringen der Klägerin zugrunde legt, muß von einer Abnahme am 28.09.1985 und damit noch vor dem 01.10.1985, ausgegangen werden. Die Klägerin hat sowohl in ihren Schriftsätzen, als auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eingeräumt, daß am 12.09.1985 zumindest ein Schlüssel für Tapezierarbeiten und am 28.09.1985 wegen des bevorstehenden Einzugs die restlichen Schlüssel von den Beklagten übergeben und von den Eheleuten … angenommen worden seien. Die Übergabe der Schlüssel stellt beim Erwerb eines Gebäudes einen besonderen, förmlichen Akt der körperlichen Übertragung und Entgegennahme des Objektes dar. Anhaltspunkte für eine andere Wertung der vollständigen Aushändigung der restlichen Schlüssel am 28.09.1985 sind vorliegend nicht gegeben. Mit der Annahme der restlichen Schlüssel haben die Erwerber … aus objektiver Sicht gegenüber den Beklagten als Veräußerern auch zum Ausdruck gebracht, daß sie das übergebene Haus als Erfüllung der von den Beklagten geschuldeten Leistung akzeptierten. Dies aber stellt eine Abnahme des Hauses im Sinne von § 640 Abs. 1 BGB dar, die somit spätestens am 28.09.1985 durch den förmlichen Akt der Schlüsselübergabe vollzogen wurde.

Eine lediglich konkludente Abnahme durch Ingebrauchnahme des Bauwerk...

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