Verfahrensgang
LG Arnsberg (Entscheidung vom 07.04.2006; Aktenzeichen 2 O 233/04) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Arnsberg vom 07.04.2006 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage ist dem Grunde nach hinsichtlich der Klageanträge zu 1) - 3) gegenüber dem Beklagten zu 2) und den Beklagten zu 3) und 4) gerechtfertigt. Hinsichtlich des Betragsverfahrens wird die Sache zurückverwiesen.
Es wird festgestellt, dass der Beklagte zu 2) zusammen mit den Beklagten zu 3) und 4) gesamtschuldnerisch verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche materiellen und zukünftige immaterielle Schäden aus dem Unfall vom 03.08.2003 zu ersetzen, soweit sie nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder noch übergehen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Die Berufung des Beklagten zu 2) wird zurückgewiesen.
Die Kostenentscheidung auch über die Kosten der Berufungsinstanz und der Nebenintervention bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
Tatbestand
Die Klägerin macht gegen die Beklagten Ansprüche auf Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld aufgrund eines Unfalls vom 03.08.2003 in N geltend.
An diesem Tag befuhr sie zusammen mit den Zeugen I und G mit dem Fahrrad den asphaltierten Verbindungsweg zwischen der Stadt N und dem Ortsteil C, der an einem Waldstück, das überwiegend mit hohen Buchen bewachsen ist (vgl. Kopie Anl. 1 Bl. 290 d.A.), vorbeiführt. Die drei Radfahrer hatten zunächst eine Spitzkehre zu durchfahren, bevor sie wahrnahmen, dass ihnen der Beklagte zu 3) mit dem Lkw Daimler, einem Milchtankwagen mit dem amtlichen Kennzeichen ### ##, haftpflichtversichert bei der Beklagten zu 4), entgegenkam. Die Klägerin fuhr rechtsseitig auf dem Bankett des einige Meter breiten Weges weiter, die Zeugen G und I blieben zurück. Alle drei Radfahrer ließen den Lkw passieren. Als die Klägerin und die Zeugen sodann weiterfuhren, brach ein in südliche Richtung gewachsener Stämmling einer ca. 90-jährigen Rotbuche ab. Dieser Stämmling hatte einen Durchmesser von ca. 60 cm und war insgesamt 12 - 14 m lang und ragte über den Weg bis in das jenseitige Feld. Die Buche selbst stand ca. 9 m vom Wegrand entfernt. Der Abbruch erfolgte, als die Klägerin sich gerade unter dem überragenden Ast befand. Der mehrere Tonnen schwere Ast fiel auf die Klägerin, die sich dabei schwere Verletzungen zuzog, und zwar einen Brust- und Lendenwirbelbruch und Rippenbrüche, wobei ein Knochensplitter in das Rückenmark eindrang, was zu besonders schweren Auswirkungen und zu einer Querschnittslähmung der Klägerin führte. Darüber hinaus bestanden und bestehen weitere Verletzungen und Beeinträchtigungen. Wegen ihrer Verletzungen wurde die Klägerin per Rettungshubschrauber ins K-Krankenhaus nach T geflogen, dort erfolgte die Erstbehandlung und die stationäre Betreuung im Intensiv- und Aufwachbereich bis zum 18.08.2003. Die Klägerin wurde sodann ins Klinikum N2, Berufsgenossenschaftliche Sonderstation für Schwerunfallverletzte, nach L verlegt, wo sie am 28.01.2004 entlassen wurde.
Das Versorgungsamt T2 erkannte durch Bescheid vom 04.11.2003 eine Schwerstbehinderung der Klägerin mit einem Grad von 100 % an. Nach eigenen Angaben ist sie inzwischen wieder in ihrem Beruf als Lehrerin tätig.
Die Klägerin nimmt auf Schadensersatz und Schmerzensgeld die Beklagten zu 1) - 2) bzw. mit der Berufung auch die Beklagten zu 5) und 6) unter dem Gesichtspunkt der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht, die Beklagten zu 3) und 4) unter dem Gesichtspunkt der Gefährdungshaftung für den Lkw in Anspruch.
Sie hat im Wesentlichen behauptet: Die Rotbuche sei extrem umsturzgefährdet gewesen. Die als verkehrssicherungspflichtig anzusehenden Beklagten zu 1) und 2) bzw. die für diese tätigen Baumkontrolleure hätten bei sorgfältiger Baumschau erkennen müssen, dass der Schadensbaum unter erheblichen Defektsymptomen gelitten habe. Der abgebrochene Stämmling sei mit dem Stamm durch einen sog. Druckzwiesel verbunden gewesen. Dieser und der Überhang zur Straßenseite sowie weitere Defektsymptome hätten die Baumkontrolleure veranlassen müssen, eine Sicherung vor einem Abbruch dieses schweren überhängenden Astes vorzunehmen. Zur Haftung der Beklagten zu 3) und 4) macht die Klägerin geltend, der zeitliche Zusammenhang zwischen dem Durchfahren des bei der Beklagten zu 4) versicherten Lkw und dem Astabbruch ergebe, dass es aufgrund der durch den Lkw hervorgerufenen Luftverwirbelungen, der dabei entstandenen Sogwirkung und der, auf diese Weise von dem Lkw verursachten Krafteinwirkung auf den problematischen Stämmling zu dessen Abbruch gekommen sei.
Die Klägerin hat beantragt
1.
die Beklagten zu 1) - 4) zu verurteilen, an sie als Gesamtschuldner 10.219,16 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 09.03.2004 zu zahlen.
2.
die Beklagten zu 1) - 4) zu verurteilen, an die Klägerin als Gesamtschuldner ein angemessenes Schmerzensgeld nebst 5 % Zinsen über dem Basiszi...