Leitsatz (amtlich)
Zur verjährungsunterbrechenden Wirkung einer vorläufigen Einstellung des Verfahrens wegen Abwesenheit des Betroffenen gem. § 33 Abs. 1 Nr. 5 OWiG
Tenor
Das Verfahren wird eingestellt.
Die Kosten des Verfahrens und die dem Betroffenen entstandenen notwendigen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen.
Gründe
Mit Bußgeld vom 19. 08. 1996 setzte das Landratsamt gegen den Betroffenen wegen des Vorwurfs, als Fahrer eines Pkw in die innerorts zulässige Höchstgeschwindigkeit um 31 km/h überschritten zu haben, eine Geldbuße von 500 DM fest und verhängte ein Fahrverbot von einem Monat. Durch Urteil vom 15. 05. 1997 sprach das Amtsgericht den Betroffenen von diesem Vorwurf aus tatsächlichen Gründen frei. Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer durch Beschluss des Senats vom 02. 03. 2000 zugelassenen Rechtsbeschwerde, mit der sie die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht erstrebt.
Hinsichtlich der eingetretenen Verfolgungsverjährung ist von folgendem Sachverhalt auszugehen: Die dem Beschwerdeführer mit Bußgeldbescheid vom 19. 08. 1996 vorgeworfene Verkehrsordnungswidrigkeit wurde am 11. 04. 1996 begangen. Der Bußgeldbescheid wurde dem Beschwerdeführer, dessen Anhörung am 02. 07. 1996 angeordnet worden war, aber erst am 25. 11. 1996 zugestellt. Zu diesem Zeitpunkt war die nach §§ 24, 26 Abs. 3 StVG dreimonatige Verjährungsfrist gem. § 33 Abs. 1 Nr. 9 OWiG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten und anderer Gesetze vom 26. Januar 1998 (BGBl. I 156), wonach der Erlass eines Bußgeldbescheides nur dann verjährungsunterbrechende Wirkung hat, sofern dieser innerhalb von zwei Wochen zugestellt wird, bereits abgelaufen. Dem Eintritt der Verjährung steht nicht entgegen, dass nach der zur Zeit des Erlasses des Bußgeldbescheides vom 19. 08. 1996 geltenden Fassung des § 33 Abs. 1 Nr. 9 OWiG die Verjährung bereits durch den Erlass eines Bußgeldbescheides - unabhängig vom Datum der Zustellung - unterbrochen wurde. Denn die Unterbrechung der Verfolgungsverjährung ist auch dann nach neuem Recht zu beurteilen, wenn er vor Inkrafttreten des Gesetzes vom 26.
Januar 1998 erlassen worden war (BGH Beschluss vom 28. Oktober 1999 - 4 StR 453/99). Die Unterbrechung der Verjährung wurde vorliegend auch nicht nach § 33 Abs. 1 Nr. 5 OWiG durch die vorläufige Einstellung des Verfahrens wegen - angeblicher - Abwesenheit des Betroffenen und die Anordnung der Ermittlung seines Aufenthalts durch die Verwaltungsbehörde am 26. 08. 1996 herbeigeführt. Tatsächlich war, wie aus dem Vermerk des Polizeipostens vom 21. 06. 1996 folgt, der Wohnort des Betroffenen in Österreich der Verwaltungsbehörde bereits bekannt. Es ist zwar in der Rechtsprechung anerkannt, dass es zur Unterbrechung der Verjährung nach § 33 Abs. 1 Nr. 5 OWiG genügt, dass die vorläufige Einstellung des Verfahrens wegen nach der Aktenlage angenommener Abwesenheit des Betroffenen erfolgt ist und ein Irrtum über die tatsächliche Abwesenheit insoweit unschädlich ist (vgl. OLG Hamm VRS 51, 217 f. und JMBINW 1979, 273; BayObLG VRS 58, 389; OLG Köln VRS 54, 361 und VRS 57, 433; Weller in KK OWiG. § 33 Rdn. 52). Vorliegend hat jedoch, wie die Aktenlage ergibt, schon kein Irrtum über den Wohnsitz des Betroffenen bestanden. Ausweislich des Vermerks von 21. 06. 1996, der der Verwaltungsbehörde mit Anschreiben vom 24. 06. 1996 am 01. 07. 1996 zuging und zum Bestandteil der Akten gemacht wurde, wurde nicht nur die vollständige Adresse des Betroffenen in Vorarlberg nebst seiner Telefonnummer mitgeteilt, sondern auch vermerkt, dass der Betroffene unter dieser Nummer telefonisch erreicht worden war und sich zur Sache geäußert hatte. Damit war der tatsächliche Lebensmittelpunkt des Betroffenen zweifelsfrei. Wenn die Verwaltungsbehörde ihren Bescheid gleichwohl nicht unter der bekannten Adresse zugestellt hat, so verhielt sie sich in Wirklichkeit untätig und ohne subjektiv die Merkmale der Unterbrechungshandlung in ihrer Zielrichtung - der wirklichen Ermittlung der Aufenthalts i. S. v. § 33 Abs. 1 Nr. 5 OWiG - zu erstreben (vgl. Göhler OWiG 12. Aufl. § 33 Rdn. 3). Bei dieser Sachlage ist aber kein Raum mehr für die Annahme einer verjährungsunterbrechenden Wirkung der Einstellung bzw. Anordnung der Aufenthaltsermittlung, denn die Bestimmungen über die Unterbrechung sind als Ausnahmevorschrift eng auszulegen und loyal zu handhaben (vgl. nur BGHSt 28, 381 ff; Weller in KK OWiG § 33 Rdn. 6 m. w. H. ). Auf das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft war das Verfahren daher gem. §§ 46 Abs. 1 OWiG, 206 a StPO wegen eines Verfahrenshindernisses einzustellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 46 Abs. 1 OWiG, 473, 467 Abs. 1 StPO. Der Senat hält es nicht für angezeigt, von § 467 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StPO Gebrauch zu machen, da die Verjährung bereits eingetreten war, bevor das Verfahren gerichtlich anhängig wurde. Daher waren auch die notwendigen Auslagen des Betroffenen der Staatskasse aufzuerlegen.
Fund...