Leitsatz (amtlich)
1. Im Verfahren über die Entlassung des Amtsvormunds und die Auswahl eines neuen Vormunds kommt den Pflegeeltern keine Beschwerdeberechtigung gem. § 59 Abs. 1 FamFG zu.
2. Jedenfalls in Fällen, in denen den Eltern die elterliche Sorge gem. § 1666 BGB entzogen worden ist, bedarf es in jedem Einzelfall der Prüfung, ob Pflegeeltern als Vormund geeignet sind. Allein die Geeignetheit für die tatsächliche Betreuung begründet keine generelle Eignung als Vormund.
3. Pflegeeltern sind jedenfalls zum einen dann nicht geeignet, wenn die Bestellung der Pflegeeltern zu Vormündern den Kontakt des Kindes zur Herkunftsfamilie nicht unerheblich erschweren könnte. Zum anderen sind Pflegeeltern dann nicht als geeignet anzusehen, wenn ein besonderes Bedürfnis nach Begleitung und Überwachung des Pflegeverhältnisses (also über das allgemeine Wächteramt des Jugendamtes hinaus) besteht, was regelmäßig dann der Fall sein dürfte, wenn entweder bereits Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung bestehen oder aber die Pflegeeltern eine mangelnde Kooperationsbereitschaft gegenüber dem Jugendamt gezeigt haben.
Verfahrensgang
AG Lörrach (Beschluss vom 11.09.2012; Aktenzeichen 15 F 62/09) |
Tenor
1) Auf die Beschwerde des Amtsvormunds wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Lörrach vom 11.9.2012 (15 F 62/09) teilweise aufgehoben und abändernd insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Antrag der Pflegeeltern auf ihre Bestellung als gemeinschaftliche Vormünder für das Kind D. K., geb. am 12.5.2004, wird zurückgewiesen.
2) Die Anschlussbeschwerde der Pflegeeltern wird als unzulässig verworfen.
3) Gerichtskosten des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten in beiden Instanzen werden nicht erstattet.
4) Der Verfahrenswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
5) Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten um die Eignung der Pflegeeltern als Vormünder.
Das Kind D. K. wurde am 12.5.2004 geboren. Die Kindeseltern, die weiteren Beteiligten Ziff. 5 und 6, lebten zusammen, waren und sind aber nicht miteinander verheiratet. Die alleinige elterliche Sorge stand der Kindesmutter zu. D. hat vier ältere Geschwister.
Mit einstweiliger Anordnung des AG - Familiengericht - Lörrach vom 8.2.2007 (As. 21) wurde der Kindesmutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht und die Gesundheitssorge für D. und seinen älteren Bruder D. K., geb. am 1.7.2000, entzogen und insoweit als Ergänzungspfleger der weitere Beteiligte Ziff. 2 bestimmt. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Kindesmutter hat der Senat mit Beschluss vom 17.4.2007 (5 WF 42/07) zurückgewiesen.
Die drei anderen Geschwister lebten zu dieser Zeit bereits nicht mehr in der Familie. R., geb. am 12.12.2001, lebt seit Geburt in einer Pflegefamilie und S., geb. am 20.5.2003, seit September 2003. L., geb. am 9.10.2005, lebt im Haushalt seiner Großmutter, der Mutter der Kindesmutter.
Die Kinder D. und D. wurden am 16.2.2007 unter Zuhilfenahme eines Gerichtsvollziehers und von Polizeibeamten aus der elterlichen Wohnung herausgenommen. Das Kind D. lebt seitdem bei den weiteren Beteiligten Ziff. 3 und 4 als Pflegeeltern. Sein Bruder D. war zunächst ebenfalls dort untergebracht. Da sich dessen Verhalten als zu schwierig gestaltete, wechselte er am 6.2.2008 in das Therapiezentrum O. in B.
Mit Beschluss vom 30.10.2007 (As. 3) hat das AG - Familiengericht - Lörrach der Kindesmutter die elterliche Sorge entzogen und den weiteren Beteiligten Ziff. 2 als Amtsvormund eingesetzt.
Im Anschluss fanden noch mehrere Kontakte des Kindes mit seiner Großmutter, der Mutter der Kindesmutter statt. Im Februar 2009 sah in diesem Rahmen das Kind auch zum ersten Mal seit der Herausnahme seine Mutter wieder. Derzeit gibt es keine persönlichen Kontakte mit der Herkunftsfamilie. Nach dem aktuellen Hilfeplan ist ein dauerhafter Verbleib des Kindes in Pflege vorgesehen.
Der Amtsvormund empfahl mit Schreiben vom 12.2.2010 (As. 43), die Vormundschaft aufzuheben und der Mutter die elterliche Sorge zurück zu übertragen, da sich ihre persönliche Situation stabilisiert habe. Mit Bericht vom 5.4.2011 (As. 61) teilte der Amtsvormund mit, dass sich die Mutter doch überfordert fühle und deshalb die Vormundschaft fortgeführt werden solle.
Zwischen dem Amtsvormund und den Pflegeeltern entstand etwa ab dem Jahre 2011 Streit über die richtige Beschulung für das Kind und die richtige ärztliche Behandlung einer Kniearthritis.
Das Kind besuchte zunächst seit September 2010 die B.-Schule in G. Das dortige Lehrpersonal war nach einiger Zeit der Meinung, dass das Kind wegen Verhaltensauffälligkeiten auf einer Regelschule nicht beschulbar sei (As. 251) und sprach sich für den Wechsel auf eine Schule für Erziehungshilfe aus. Der Amtsvormund plante dann einen Schulwechsel auf die K.-Schule in H. Gegen bzw. ohne den Willen des Amtsvormunds brachten die Pflegeeltern im Jahre 2012 das Kind zunächst in der Schweizerischen M.-Schule und dann auf dem Privatgymnasium B. Zentrum für Bi...